Elena von Wöhren

Fürstenkrone 174 – Adelsroman


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      »Bei allem Verständnis, aber das laß ich mir nicht bieten!« Empört stürmte Peter Helfrich in das Verwaltungsbüro des Gestüts Falkenhorst. »Kommen Sie schnell, Herr Baron!«

      Verwundert blickte Philipp von Hanbaum auf. So aufgebracht hatte er den Pferdetrainer, der sonst im Umgang mit Mensch und Tier eine bewundernswerte Geduld an den Tag legte, noch nie gesehen.

      »Was ist passiert, Peter?«

      »Der feine Herr Graf hat mir aufgetragen, Hurrican für ihn zu satteln«, schnaufte Peter Helfrich mit vor Wut geröteten Wangen.

      »Hurrican? Er ist doch verletzt. Die Entzündung, die er sich beim Sturz am Vorderbein neulich zugezogen hat, ist längst nicht verheilt. Haben Sie das Graf Rötten nicht mitgeteilt?«

      »Natürlich habe ich den Gnädigen Herrn darauf aufmerksam gemacht!« brauste Peter Helfrich erneut auf. »Aber diese Verletzung interessiert ihn nicht. Er will dem Hengst endlich Manieren beibringen, hat er gesagt.«

      »Dann schnell!« Mit langen Schritten eilten die beiden Männer zu den Stallungen hinüber, doch Hurrican stand nicht mehr in seiner Box.

      »Hans!« Verärgert rief Peter Helfrich nach dem verantwortlichen Pferdeknecht. »Habe ich dir nicht ausdrücklich untersagt, Hurrican aus der Box zu führen und zu satteln?«

      »Das…, das habe ich auch nicht, Herr Helfrich«, stammelte Hans eingeschüchtert. »Aber als ich mich weigerte, hat Herr von Rötten Hurrican allein gesattelt. Und…«

      »Hoffentlich hat der feine Herr den Sattel richtig herum aufgelegt. Ich kann mich nämlich nicht daran erinnern, daß er jemals eigenhändig ein Pferd gesattelt hätte«, schimpfte Peter leise vor sich hin.

      »Was wolltest du noch sagen, Hans?« Alarmiert musterte Philipp von Hanbaum den jungen Mann mit dem Bürstenhaarschnitt.

      »Also…, ich…«

      »Nun mach’s nicht so spannend, Junge«, knurrte Peter Helfrich ungeduldig, »wir müssen zum Springplatz hinüber und Hurrican vor neuem Unheil mit dem Gnädigen Herrn bewahren.«

      Zaghaft blickte der Pferdeknecht zu Boden. »Graf Rötten meinte, ich sei zum Monatsende entlassen.«

      »Machen Sie sich darüber keine Sorgen«, knurrte Philipp von Hanbaum. »In Personalfragen vertraut die Fürstin alleine unserem Urteil.«

      »Damit können wir uns später beschäftigen«, drängelte Peter Helfrich und zog den Baron weiter. »Wenn wir uns nicht beeilen, ist der Hengst nur noch seinen Schlachtpreis wert.«

      Die beiden Männer rannten zum Springplatz. Schon von weitem sahen sie dort den ungleichen Kampf zwischen dem Schimmelhengst Hurrican und seinem Reiter.

      Abwehrend schüttelte das Pferd unablässig den Kopf, schlug verzweifelt mit dem Schweif, doch sein Reiter überging diese Signale. Immer drängender und rauher versuchte er, es zum Galopp anzutreiben. Bei der groben Zügelführung hatte Hurrican keine andere Chance, um sich zu wehren. Vor Schmerz gepeinigt fing er an zu buckeln.

      »Wirst du endlich gehorchen, du elende Mähre«, brüllte der Reiter und schlug mit der Gerte auf das Pferd ein. »Sonst…«

      »Halt! Hören Sie sofort auf, das Tier zu quälen! Sie elender Schinder!«

      Mit einem empörten Aufschrei spurtete Peter Helfrich über den Platz, doch er kam zu spät. Bevor er Michael von Rötten vom Pferderücken ziehen konnte, buckelte der Hengst von neuem, und der elegant gekleidete Graf fiel im hohen Bogen von dessen Rücken in den Parcourssand.

      Befreit jagte Hurrican über den Springplatz, dann stoppte er, um nach einem lauten Schnauben mit vollem Anlauf auf den am Boden liegenden Reiter zuzurasen. Wäre es Peter Helfrich nicht im letzten Moment gelungen, das Tier am Zügel zu packen, hätte es in seiner hilfslosen Wut auf den am Boden liegenden Mann eingetreten.

      Nun eilte auch Philipp von Hanbaum herbei. Mit besorgter Miene half er Michael von Rötten auf die Beine.

      »Bist du verletzt?«

      Es war nur eine rhetorische Frage, denn der körperliche Zustand des Grafen interessierte Philipp wenig. Viel wichtiger war für ihn der Zustand des kostbaren Pferdes.

      Wütend riß sich Michael von Rötten von ihm los.

      »Diesem elenden Gaul zeige ich noch, wer hier das Sagen hat«, zischte er mit verzerrter Miene und wutroten Wangen.

      »Nichts dergleichen werden Sie tun!« Peter Helfrich, der immer noch damit beschäftigt war, den erregten Hengst zu beruhigen, baute sich schützend vor dem Tier auf.

      »Gehen Sie zur Seite, Helfrich!« befahl Graf Rötten in barschem Ton.

      »Sie haben mir nichts zu befehlen. Für Hurrican bin ich zuständig. Sollten Sie sich noch einmal an ihm vergreifen, werde ich Sie eigenhändig von seinem Rücken herunterstoßen«, drohte er mit finsterer Miene.

      »Sie vergessen wohl, wer vor Ihnen steht, Helfrich? Wenn Sie nicht sofort…«

      »Mit Verlaub, Michael«, mischte sich nun Philipp von Hanbaum ein. »Hurrican ist verletzt und nicht belastbar.«

      »Ach! Gib doch endlich zu, daß dieser lahme Gaul eine Fehlinvestition war. Es ist mir ein Rätsel, wie du meine Tante zu diesem Kauf überreden konntest, Philipp«, wütete Michael von Rötten. Er zeigte unfein mit dem Finger auf Peter Helfrich. »Würde diese Niete von Bereiter etwas mehr von seinem Job verstehen, hätte ich es gewiß nicht nötig, mich dieser Mähre wegen ärgern zu müssen.«

      Peter Helfrichs Augen funkelten gefährlich auf. »Es steht außer Frage, wer hier etwas von Pferden versteht und wer nicht«, entrüstette er sich. »Hurrican ist ein Spitzenpferd, vorausgesetzt, man behandelt ihn richtig. Doch das scheint Ihnen offensichtlich nicht zu gelingen, Herr von Rötten.«

      »So etwas muß ich mir von Ihnen nicht sagen lassen.«

      Michael von Rötten war blaß geworden. »Sie sind ein Versager, Helfrich. Betrachten Sie sich als entlassen!«

      »Keine Sorge, ich kündige freiwillig, Sie…, Sie…« Dem Bereiter fehlten vor Empörung die Worte.

      »Aber bitte, meine Herren! Das läßt sich doch in aller Vernunft regeln«, versuchte Philipp von Hanbaum mit erzwungener Ruhe die Situation zu entschärfen. »Peter, bringen Sie Hurrican in die Box und kümmern Sie sich um sein Bein!«

      »Ich werde diesem Gaul zeigen, wer sein Herr und Meister ist!« Mit zornigen Gesten klopfte sich der Graf den Schmutz von seinen wildledernen Reithosen ab.

      »Nichts dergleichen wirst du tun, Michael«, fuhr ihn Philipp an. »Du kannst von Glück sprechen, daß dir durch dein verantwortungsloses Handeln nichts passiert ist. Sollten allerdings bei Hurrican dauerhafte Schäden zurückbleiben, hast du die Fürstin einiges Unangenehme zu erklären.«

      Baron Hanbaums Worte stießen jedoch auf taube Ohren.

      »Du willst wohl damit vertuschen, daß du beim Kauf dieses Gauls fast eine Viertelmillion Euro sinnlos in den Sand gesetzt hast?« rief ihm Michael von Rötten höhnisch lachend hinterher.

      Mit gerunzelter Stirn kehrte Philipp von Hanbaum zu den Stallungen zurück. Er zeigte es ungern, doch die Häme hatte ihn tief getroffen. Fürstin Magdalena von Mannengen, Herrin auf Schloß und Gestüt Falkenhorst, hatte sich beim Kauf des Hengstes Hurrican auf seinen Rat verlassen. Ihr Vertrauen würde er niemals mißbrauchen.

      Lange hatten sie sich vor dem Kauf Bilder und ein Verkaufsvideo mit Bear Touches Hurrican und seiner jungen attraktiven Trainerin angesehen.

      Eine tolle Frau, hatte sich Philipp beim Betrachten des Videos nicht ohne Herzklopfen heimlich eingestanden.

      »Ein prächtiges Tier«, hatte hingegen die Fürstin mit leuchtenden Augen bekannt. »Sind Sie davon überzeugt, daß dieser Hengst ein Gewinn für unser Gestüt sein wird? Eine Frage, die ich bei diesem hohen Kaufpreis stellen muß.«

      »Ja«, hatte er – nicht ganz objektiv – geantwortet. »Ich glaube an den Hengst. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase wird er bald erfolgreich an den bedeutendsten Turnieren teilnehmen können. Zudem dürfte er allein