Günter Dönges

Butler Parker 186 – Kriminalroman


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wollte ich Sie gerade aufmerksam machen, mein lieber Junge«, behauptete die Detektivin. »Als alleinstehende Dame kann ich es mir nicht erlauben, finanzielle Risiken einzugehen.«

      Als Vermögensverwalter, der sich in den Besitztümern der wohlhabenden Witwe auskannte, hatte Rander ganz andere Vorstellungen davon, was Mylady sich erlauben konnte und was nicht. Dennoch versagte er sich einen Kommentar und warf lediglich seiner hübschen Begleiterin einen amüsierten Blick zu.

      Marty Rodgers, der sich wenig später an die wegen ihrer Sparsamkeit bekannte Millionärin wandte, verhielt sich weniger diplomatisch und kassierte prompt eine entschiedene Abfuhr.

      »Wer sagt mir denn, daß es die Häuser, die ich da kaufen soll, wirklich gibt, junger Mann?« hielt sie dem Immobilienhändler entgegen.

      »Aber Sie haben doch die Bilder gesehen, Mylady«, bemerkte ihr Gegenüber irritiert.

      »Solche Fotos besagen überhaupt nichts, Mister Lodgers«, setzte die ältere Dame ihn ins Bild. »Wahrscheinlich sind es nur geschickt gemachte. Wie nennt man das noch, Mister Parker?«

      »Mylady dürften Fotomontagen meinen, falls man nicht sehr irrt«, half der Butler aus.

      »Aber Mylady«, protestierte der Graumelierte. »Derart unseriöse Methoden liegen einem Unternehmen, wie ich es vertrete, fern. Sie können die Objekte an Ort und Stelle besichtigen, wenn Sie das wünschen.«

      »Ein guter Vorschlag, junger Mann«, nickte Lady Simpson. »Vorausgesetzt, Sie kommen für den Flug und alle sonstigen Unkosten auf.«

      Rodgers holte tief Luft und dachte einige Sekunden angestrengt nach. Die eigenwillige Dame hier und jetzt zur Unterschrift bewegen zu können erschien ihm offenbar aussichtslos;

      »Falls genügend Interessenten vorhanden sind, ließe sich darüber reden, Mylady«, teilte er schließlich zögernd mit. »Ihre Adresse liegt ja vor, so daß wir Sie zu gegebener Zeit benachrichtigen können.«

      »Tun Sie das, junger Mann«, ermunterte die majestätische Dame ihn und erhob sich unter verhaltenem Ächzen. »Ich habe hier schon genug Zeit verschwendet und werde jetzt nach Hause fahren.«

      »Und die Hotelsuite, die wir in Ihrem Auftrag gebucht haben, Mylady?« erkundigte sich der elegante Geschäftsmann.

      »Dort können Sie sonstjemand unterbringen, Mister Lodgers«, gestattete Mylady großzügig. »Ich brauche sie nicht.«

      »Wie stellen Sie sich das denn vor, Mylady?« reagierte Rodgers ungehalten. »Wir haben inzwischen späten Abend. Da finden sich doch keine neuen Gäste mehr.«

      »Das ist Ihr Problem, junger Mann«, stellte die resolute Dame unbeeindruckt klar, schenkte ihrem sichtlich irritierten Gegenüber ein huldvolles Kopfnicken und wandte sich zum Gehen.

      Steif, als habe er einen Ladestock verschluckt, schritt der schwarzgewandete Butler an ihrer Seite durch den Saal und wies den Weg zum Ausgang. Mike Rander und Kathy Porter folgten dichtauf.

      *

      Seit dem Ausflug nach Brighton waren einige Tage vergangen. Lady Agatha hatte gerade am reichhaltig gedeckten Frühstückstisch Platz genommen, als es läutete.

      Mißmutig blickte die Hausherrin von dem Hummercocktail auf, den Parker als Auftakt serviert hatte.

      »Erwarte ich etwa Besuch, Mister Parker?«

      »Von einer Verabredung ist meiner Wenigkeit nichts bekannt«, antwortete der Butler. »Sofern Mylady keine Einwände erheben, wird man sich zur Tür begeben und nachsehen, wer Einlaß begehrt.«

      »Falls es Mister McWarden ist, sagen Sie ihm, daß ich jetzt keine Zeit habe, Mister Parker«, rief die Detektivin ihm nach. »Meinetwegen soll er am Nachmittag vorsprechen.«

      »Wie Mylady wünschen«, erwiderte Parker sich umdrehend und steuerte gemessen und würdevoll den verglasten Vorflur an.

      Bei dem Mann handelte es sich allerdings nicht um einen der ranghöchsten Beamten von Scotland Yard.

      Agatha Simpsons Befürchtung, das Frühstück mit McWarden teilen zu müssen, erwies sich als unbegründet.

      »Ein gewisser Mister Raven, der sich als Mitarbeiter der Immobilienfirma ›Plus‹ ausgewiesen hat, wünscht Mylady für einige Minuten zu sprechen«, meldete Parker, nachdem er kurz mit dem Besucher an der Haustür gesprochen hatte.

      »Plus?« wiederholte die ältere Dame. »Wo habe ich diesen merkwürdigen Namen schon mal gehört, Mister Parker?«

      »Mylady geruhten kürzlich, eine Einladung der erwähnten Firma anzunehmen«, half der Butler ihrem etwas widerborstigen Gedächtnis nach. »Die Veranstaltung in Brighton diente dem Zweck, Anteilscheine an Immobilien auf den Kanarischen Inseln zu verkaufen, falls der Hinweis genehm ist.«

      »Richtig, das fiel mir auch gerade wieder ein, Mister Parker«, versicherte die Detektivin. »Lassen Sie den Mann ruhig herein. Wahrscheinlich will er nur die Tickets für den Flug nach Kanada überbringen.«

      »Eine Möglichkeit, die man keinesfalls von vornherein ausschließen sollte, Mylady«, gab Parker zur Antwort und entfernte sich wieder.

      Ben Raven, der wenig später die weitläufige Wohnhalle betrat, war ein Mann von knapp vierzig Jahren. Er war schlank, blond und mittelgroß. Die blaugrauen Augen im blassen Gesicht zeigten einen Ausdruck konzentrierter Aufmerksamkeit.

      Bekleidet war der Firmenvertreter mit grauem Straßenanzug und Trenchcoat. Eine Aktenmappe aus weinrotem Leder hatte er unter den Arm geklemmt.

      »Nett, daß Sie persönlich hereinkommen, um die Tickets zu bringen, junger Mann«, empfing ihn die Hausherrin. »Sie hätten sie aber auch gleich Mister Parker geben können. Ich bin im Moment nämlich sehr beschäftigt.«

      »Was für Tickets, Mylady?« reagierte Raven verdutzt. »Davon weiß ich nichts.«

      »Für den Flug auf die Kanadischen Inseln, junger Mann«, wurde Lady Simpson konkret. »Ehe ich meine bescheidenen finanziellen Mittel mobilisiere, will ich die angebotenen Immobilien natürlich vor Ort in Augenschein nehmen.«

      »Ein sehr vernünftiger Standpunkt«, pflichtete Raven ihr mit leicht säuerlichem Lächeln bei. »Soweit ich informiert bin, laufen die Vorbereitungen für einen Charterflug auch bereits.«

      »Freut mich zu hören, junger Mann«, bemerkte Agatha Simpson, während Parker ihr ein Kräuteromelett mit Schinken als zweiten Gang vorlegte. »Dann kommen Sie am besten wieder, wenn es soweit ist.«

      »Sie könnten aber hier schon unterschreiben, Mylady«, entgegnete der Besucher und fischte geschickt ein Formular aus seiner Aktenmappe. »Dann habe ich den Weg nicht ganz umsonst gemacht.«

      »Unterschreiben?« konterte Mylady entrüstet. »Ich unterschreibe nie etwas, junger Mann.«

      »Aber das verpflichtet Sie zu nichts«, behauptete Raven und schob das Formular über den Tisch. »Mit der Bezahlung können Sie warten, bis Sie die Objekte besichtigt und sich endgültig entschieden haben.«

      »Kommt nicht in Frage«, beendete die Hausherrin das Gespräch. »Mister Parker wird Sie zum Ausgang geleiten, Mister Raven.«

      »Moment mal. So einfach geht das nicht«, ließ ihr Gegenüber unvermittelt die lächelnde Vertretermaske fallen. »Und was ist mit den Kosten, die die Firma ›Plus‹ für Sie vorgeschossen hat?«

      »Ich habe Ihre Firma nicht gebeten, irgendwelche Kosten für mich in Anrechnung zu bringen, junger Mann«, gab Lady Agatha ungehalten zurück. »Und jetzt stören Sie mich bitte nicht länger, sonst werde ich ärgerlich.«

      »Die Prominenten-Suite, die wir für Sie und Ihre Begleitung gebucht haben, kostet immerhin zwölfhundert Pfund«, beharrte Raven. »Hinzu kommen zweihundertundachtzig Pfund für Speisen und Getränke.«

      »Und Sie schämen sich nicht, einer alleinstehenden Dame derartige Preise zu berechnen, junger Mann?« grollte die leidenschaftliche Detektivin. »Bin ich vielleicht ein Ölscheich?«