G.F. Barner

G.F. Barner 170 – Western


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ion> G.F. Barner – 170 –

      Er hört draußen jemanden sagen: »Bring sie weg, verdammt, hier laden wir! Was hat der Bursche sein Gespann hier vor die Tür zu stellen, he? Genau vor die Laderampe. Bring sie weg, Chris!«

      Der Alte hinter dem Tresen, die Liste noch in der Hand, blickt Dan Corp an. In seinen Augen flackert Furcht auf. Die Hände, die das Blatt halten, wonach der alte Wells genau 21 Posten Ware aufgeführt hat, beginnen zu zittern.

      »Torbett«, murmelt er dann. »Junge, das ist Mike Torbett. Er hat Chris Evans dabei. Wo immer er hinkommt, fegt er alles beiseite, was ihm im Weg steht. Dan, was willst du...«

      Dann schweigt er, denn Dan Corp geht los, als er das schrille Wiehern seiner Pferde, das Knallen der Peitsche und das Rumpeln der Wagenräder hört.

      Er ist schnell, dieser Dan Corp, der jedes Pferd zureiten und jeden wilden Bullen zähmen kann. Ein Rindermann ist Corp, einer von der Sorte, die nie viel reden, aber sich durch ihre Leistung von anderen anheben.

      Man sagt, er sei der beste Rindermann in dieser Gegend. Vielleicht hat ihn der alte Wells deshalb zum Vormann gemacht.

      Er sieht den Wagen draußen vorbeidonnern – seinen Wagen, seine Pferde oder die des alten Wells. Es kommt

      auf dasselbe heraus, das wissen alle Leute.

      Der alte Wells hat Dan Corp wie seinen eigenen Sohn aufgezogen.

      »Verdammt«, sagt Corp, mehr nicht.

      Die Pferde rasen mit dem Wagen los, ehe Corp aus dem Laden treten kann. Corp blickt nach rechts zur Rampe, an der der Wagen gestanden hat. Jetzt steht dort ein anderer, neben dem Chris Evans wartet, eine Peitsche in der Hand.

      Evans ist hager, hat eine gelbliche Gesichtsfarbe, tiefliegende Augen und eine Narbe am Kinn.

      Es ist nicht schwer zu erraten, wer Evans den Befehl und die Peitsche gegeben hat. Der Mann sitzt auf dem Bock des Wagens und grinst.

      Mike Torbett ist vielleicht zu schön für einen richtigen Mann. Er hat ein glattes Gesicht, trägt nur graue Anzüge und schneeweiße Hemden. Das soll auf manche Girls wirken.

      Als Corp in der Tür auftaucht und Mike ihn angrinst, bleiben auf der Straße ein paar Leute stehen. Man sieht auf Corp, der mitten in der Tür steht und auf Torbett blickt. Dann macht er einen halben Schritt zurück und streckt die rechte Hand aus.

      Im Store, direkt neben der Tür, ist ein Ständer, in dem etwa dreißig Peitschen stehen.

      Der alte Oldridge, der immer noch hinter seinem Tresen steht, preßt die Lippen zusammen, als Corp ganz ruhig eine der Peitschen nimmt. Er ergreift eine und kommt dann aus der Tür.

      Chris Evans, der ihn kommen sieht, reißt die Augen weit auf. Und alle, die Corp sehen und wissen, was zwischen ihm und den Leuten von der MarstonRanch gespielt hat und immer noch nicht beendet ist – halten den Atem an.

      Corp geht so ruhig, als mache er einen Sonntagnachmittagspaziergang. Er blickt nicht zu Evans hin, obwohl er ganz dicht an ihm vorbeigehen muß. Evans wendet nur den Kopf.

      Vielleicht denkt er zu langsam, um sich vorstellen zu können, daß Corp trotz seiner Anwesenheit etwas tun könnte. Immerhin hat Evans einen Ruf als Revolverheld. Und niemand will mit ihm Streit haben.

      Corp ist schon an Evans vorbei

      und tritt nun neben den Wagen, den Mike Torbett gefahren hat. Dann wendet er sich um, die Peitsche in der linken Hand, blickt zu Torbett hoch, der immer noch grinst, und sagt freundlich:

      »Hallo, Beauty!«

      Torbetts Spitzname ist »Beauty«. Man nennt ihn »den Schönen«, seitdem er einmal selbst gesagt hat, er sei der Schönste. Es soll jedoch Leute geben, die Torbett damit ärgern können.

      Als Corp »Beauty« sagt, verliert Torbett sein Grinsen.

      Und gleich darauf verliert er auch den Halt, denn er hat einen Fehler gemacht. Er hat die Leinen losgelassen und die Hände auf die Knie gestemmt.

      Der Fehler rächt sich in der nächsten Sekunde. Corps linke Hand bewegt sich einmal. Dann zischt die Peitschenschnur.

      Corp macht alle Dinge schnell und sehr geschickt.

      Die Peitschenschnur trifft beide Pferde von Torbetts Gespann genau am Hals. Es ist ein Hieb, der jedem Pferd weh tun muß.

      Im nächsten Augenblick springen Torbetts Pferde mit einem Ruck und unter schrillem Gewieher vorwärts. Torbett – eben noch grinsend – kippt hintenüber, als die Pferde den Wagen jäh nach vorn reißen. Er stößt einen Schrei aus. Seine Beine zeigen einen Augenblick in die Luft, dann ist er nach hinten unter der Wagenplane verschwunden.

      Der Wagen wird von den Pferden so hart vorwärtsgerissen, daß Torbett innerhalb einer Sekunde im Wagen liegt und heisere, wütende Schreie ausstößt.

      Die Zügel, nur locker um den rechten Wagenholm gewunden, fallen in den Staub und schleifen am Boden.

      Selbst Chris Evans ist überrascht worden. Evans, der den Hieb sieht, zuckt zusammen, als Torbetts heisere Schreie aus dem davonrollenden Wagen ertönen. Dann stößt er einen Fluch aus. Er hat die Peitsche in der Hand und macht nun auch einen Fehler. Statt gleich nach seinem Revolver zu greifen, nimmt Chris Evans den Arm hoch und holt aus.

      In derselben Sekunde, als er nach Corp schlägt, dreht sich Corp, duckt sich und springt einen halben Schritt zur Seite. Die Peitschenschnur pfeift an Corp vorbei, klatscht auf den Boden und bleibt dort festgeklemmt liegen. Corps linker Fuß steht darauf. Danach macht Evans noch einen unsinnigen Versuch, die Peitsche an sich zu reißen, doch es gelingt ihm nicht mehr.

      »Hallo, Evans!« sagt Corp kühl. »Ich würde nie fremde Pferde schlagen, wenn ich...«

      Und weiter kommt er nicht. Evans schleudert die Peitsche mit einem Fluch weg, greift aber dafür zum Revolver.

      Dies ist sein nächster Fehler.

      Die Leute, die drüben stehen, sind vor Schreck erstarrt. Sie sehen genau, daß Evans seinen Revolver aus dem Halfter reißt. Aber sie wissen alle, wie schnell Corp auch mit einer Peitsche sein kann.

      Kaum zuckt Evans Hand nach unten, als Corp mit der Linken die Peitschenschnur fliegen läßt. Evans’ Revolver ist gerade aus dem Halfter, als sich Corps Peitschenschnur um den Lauf der Waffe ringelt. Dann reißt Corp den linken Arm mit einem blitzschnellen Ruck zurück.

      Chris Evans stößt einen heiseren Schrei aus. Er wird nach vorn gerissen und verliert die Waffe aus der Hand. Mehr noch, Evans kommt zu Fall, als er über die Kante der Laderampe torkelt und einen guten Schritt tief auf die Fahrbahn stürzt.

      Er hat jetzt keine Waffe mehr. Sein Revolver hängt an der Peitschenschnur, die Corp mit einer geschickten Bewegung zu sich heranzieht. In derselben Sekunde, als Evans’ Revolver vor seinen Füßen liegt, bückt sich Corp. Und dann hat er den Colt in der Faust.

      »Mein Gott«, sagt der alte Ol­dridge, der auf seinen krummen Beinen bis an die Tür seines Stores gelaufen ist. »Einmal mußte es so kommen.«

      Corp bewegt sich so schnell, als müßte er einem durchgehenden Pferd in den Weg springen. Er macht drei, vier Sätze. Dabei hat er Evans’ Revolver in der Linken, die Peitsche weggeworfen, und steht gleich darauf am Rand der Rampe.

      Als Evans sich fluchend und von Kopf bis Fuß schmutzig aus dem Staub erhebt, hält Corp Evans’ Revolver nach unten. Der Lauf zeigt genau auf Evans’ Kopf.

      »Ist was?« fragt Corp knapp. »Wolltest du etwas, Chris? Ich hoffe doch, du wolltest nicht etwa schießen?«

      Evans’ verzerrtes Gesicht erstarrt zu einer Maske. Er blickt mitten in die Mündung seines eigenen Colts und stellt sein Gefluche sofort ein. Dann aber bricht der Haß durch, den alle Marston-Reiter, die Joel Marston nach dem Tod des Alten eingestellt hat, auf die Wells-Ranch haben. Er stößt wild hervor:

      »Das sollst du Sohn einer – noch büßen!«

      Das Wort wird von etwa einem Dutzend Männern und Frauen gehört. Und es ist, als habe Chris Evans sein eigenes Todesurteil gesprochen. Jeder Mensch hier