G.F. Barner

G.F. Barner 170 – Western


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als sie wußte, daß der Tod kam und sie den Namen vielleicht hätte sagen müssen, schwieg sie.

      Dan Corp ist ein uneheliches Kind. Das aber, was Evans jetzt gesagt hat, ist seine Mutter nie gewesen. Es gibt keine Beleidigung, die tödlicher sein könnte. Das erkennt der Hitzkopf Evans in derselben Sekunde, als er das Wort ausgesprochen hat.

      Corps linker Daumen zuckt. Während das Rollen von Torbetts Wagen, der an Corps Gefährt vorbeigejagt ist, hinter der Straßenbiegung verklingt, kommt das scharfe Klicken des Revolverhammers über die Straße.

      Chris Evans wird jäh kreidebleich, in seinen Augen flackert die Furcht auf.

      »Nein!« sagt er schrill vor Angst, als er die Flamme des Zorns in Corps Augen erkennt. »Nein, nicht, nicht!«

      »Noch mal«, faucht Corp eisig, und nur noch der Daumen hält den Hammer fest. »Sag’ das noch mal, Chris Evans!«

      Evans würgt, sein stark hervorspringender Adamsapfel zuckt auf und nieder.

      »Du sollst es noch einmal sagen!« fordert ihn Corp mit plötzlichem, wildem Grimm auf. »Mach den Mund auf, du erbärmlicher Lump! Du kannst mich beleidigen, aber sage nie etwas gegen meine Mutter, Mann, sonst bringe ich dich um. Ich schieße dich über den Haufen wie einen tollen Hund! Du wagst es, du hergelaufener Revolverschwinger – meine Mutter eine...«

      Und dann springt er blitzschnell von der Rampe, ehe Evans ausweichen kann.

      Chris Evans stöhnt auf. Er wird nach hinten geschleudert und kracht in den Staub.

      In derselben Sekunde, als er auf die Beine springen will, holt Dan Corp aus und schlägt zu.

      Der linke Haken trifft Evans haargenau am Kinn. Evans schießt nach hinten, stürzt mit dem Rücken an den Haltebalken und fliegt über ihn hinweg.

      Dann bleibt er reglos im Staub liegen.

      »Das«, sagt Dan Corp schneidend, »sagst du nie wieder, Mann, sonst bringe ich dich um!«

      Im gleichen Moment aber, als er sich nach Evans’ Waffe bücken will, die er fallen ließ, kommt die Stimme hinter ihm hart und kalt durch die Stille.

      Der Mann muß aus dem Saloon von Hawkins gekommen sein, der links neben dem Store des alten Oldridge liegt.

      »Corp!« sagt Joel Marston grimmig. »Steh still, sonst blase ich dich mittendurch! Timothy, Nick! Holt ihn euch! Jetzt werde ich ihm zeigen, wie groß er ist, dieser Bursche, der nicht mal einen Vater hat. Steh still, oder ich schieße dich über den Haufen, Corp! Du stirbst in deinen Stiefeln!«

      Sie kennen ihn alle, und sie wissen es, als sie ihn sehen. Er wird seine Drohung wahr machen und sich den Teufel um Marshal Stevens oder das Gesetz kümmern.

      Corp stirbt, wenn er etwas versucht.

      *

      Sie sind wie zwei folgsame Hunde, die auf jeden Pfiff ihres Herrn springen, und kommen nun von hinten. Der eine hat die linke und der andere die rechte Position genommen. Ihre Schritte nähern sich nur langsam. Sie sind vorsichtig, seitdem Corp Evans mit nur einem Hieb in den Staub befördert hat. Vielleicht wollen sie nicht riskieren, daß er sie angreift.

      Einen Augenblick stocken ihre Schritte, als der Wagen hinter der Straßenbiegung auftaucht. Beauty Torbett sitzt mit verbissener Miene auf dem Bock. Er sieht mächtig verändert aus. Seine sonst prächtig saubere Jacke ist voll schwarzer Flecken. Sein Hemd ist genauso schwarz wie seine Jacke und die Hose. Er ist, als die Pferde vorhin anzogen und er nach hinten kippte, mitten in die Kiste mit der Holzkohle gefallen, die sie für die Ranchschmiede geholt haben. Er wirkt wie ein wilder, gradewegs aus der Hölle heraufgestiegener Teufel und treibt die Pferde an.

      »Nimm die Hände hoch!« knurrt Joel Marston, der noch auf dem Vorbau steht. »Streck sie in die Wolken, Corp! Und ihr seid vorsichtig, dem Burschen ist alles zuzutrauen!«

      »Du sagst es«, erwidert Corp gelassen. »Joel, ich habe keine Waffe.«

      »Nenn mich gefälligst nicht Joel, du Loofer«, faucht ihn Marston bissig an. »Für dich bin ich Mr. Marston, verstanden? Du nimmst die Arme hoch, ob du nun eine Waffe hast oder nicht, Corp.«

      Seine beiden Männer, die er nach dem Tod seines Vaters eingestellt hat – es sind rauhe Burschen – stehen nun keine drei Schritte mehr hinter Corp.

      Von links aber kommt der Wagen rasend schnell heran, dessen Zügel Beauty Torbett irgendwie erwischt haben muß. Beauty fährt einen sauberen Bogen, um Corp keine Chance zu geben, vielleicht loszuspringen. Dann bindet er hastig die Zügel fest und steigt ab.

      »Da haben wir diesen Burschen ja, den ein Esel im Galopp verloren hat«, stellt er höhnisch und grimmig fest. »Joel, ich bin mitten in die verdammte Kiste gefallen. Der Lump hat die Pferde mit der Peitsche geschlagen, ist das nicht verdammt gemein?«

      »Du nennst es beim richtigen Namen«, antwortet Marston grimmig. »Er ist ein gemeiner Bursche. Vielleicht sollte man ihm seine Gemeinheit mal austreiben, wie?«

      »Genau das dachte ich jetzt zu tun«, gibt Torbett giftig zurück. »So, Mister, jetzt bist du dran. Ich werde dir zeigen, nach meinen Pferden zu schlagen!«

      Er springt vom Wagen. Er geht nun zwischen Timothy und Nick, die schräg rechts und links hinter Corp stehen, auf Dan zu.

      Corp hat die Arme hochgenommen. Die Sonne, die im Süden steht, wirft die Schatten der drei Männer auf den Boden. Corp kann ziemlich genau abschätzen, wie sie stehen und wie nahe sie ihm bereits sind.

      »Vorsicht, Joel«, murmelt er düster, »laß ihn nicht los. Er ist dein Freund, aber glaube nicht, daß ich darauf Rücksicht nehme, wenn er sich eine Gemeinheit einfallen läßt. Die erste hat er bereits hinter sich, er hat Evans auf die Pferde meines Wagens einschlagen lassen.«

      Corp, der genau weiß, daß Torbett ein hinterhältiger und verschlagener Bursche ist, rechnet jede Sekunde mit dem Herabsausen des Armes. Beauty Mike Torbett macht einen halben Schritt nach rechts. Sein Schatten verschmilzt nun mit dem von Corp. Aber Corp kann noch erkennen, daß Torbett die rechte Hand herabschlägt.

      Blitzschnell kreuzt Dan Corp seine Arme, aber er hat nicht mit Torbetts Hinterlist gerechnet.

      Der schlägt nur zum Schein zu, hebt aber gleichzeitig seinen linken Fuß und tritt Corp in die Kniekehlen.

      Der Tritt würde auch einen darauf vorbereiteten Mann einknicken lassen. Corp aber, der fast damit rechnet den Revolver auf den Kopf zu bekommen, knickt ein, versucht instinktiv mit den Armen das Gleichgewicht zu halten, und dann passiert es.

      Beauty Mike Torbett hat nur auf diese Sekunde gewartet. Als Corp die Hände unten hat, schlägt er zu.

      Corp fällt schwer in den Staub.

      »Das war es!« sagt Torbett grimmig. »Diesem hergelaufenen Strolch werde ich zeigen, wie er mich zu behandeln hat.

      He, Evans – steh schon auf, da liegt der Held, der nie einer sein wird.«

      Evans hat sich aufgestemmt. Er blickt auf Corp und schüttelt heftig den Kopf, um den letzten Rest Benommenheit zu vertreiben.

      Er wankt zu seinem Pferd, kommt mit dem Lasso zurück und kniet im nächsten Augenblick neben Corp.

      »Evans, laß das!« fährt Marston ihn an. »Was hast du vor, Mann?«

      »Nichts, was von dir befohlen worden ist«, erwidert Chris Evans wütend. »Gib mir jetzt keine Befehle, sonst hast du einen weniger in der Mannschaft, Boß! Was immer ich mit diesem Hundesohn mache, es ist meine Sache!«

      Er zerrt das Lasso unter Corps Armen durch, zieht die Schlinge zusammen und läuft dann los. Anscheinend befürchtet er, daß Corp erwachen könnte. Er steigt auf sein Pferd, bindet das Lasso am Sattelring fest und reitet auch schon an.

      Im nächsten Moment strafft sich das Seil. Corp wird ein Stück über die Straße gezogen, bis er in ihrer Mitte liegt. Hier erst beginnt Corp die Beine zu bewegen. Im selben Augenblick, als er halbwegs wieder bei Verstand ist, stößt Evans einen schrillen Schrei aus