Günter Dönges

Der exzellente Butler Parker 20 – Kriminalroman


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Linkers drückte sich in die rechte Wagenecke und preßte die Lippen fest aufeinander.

      »Ihre beiden Mitarbeiter Ben und Joel hatten den Auftrag, Miß Jill Handley einer Tortur zu unterziehen, die man nur als grausam bezeichnen kann.«

      »Wovon reden Sie eigentlich, Parker?« Er sprach plötzlich doch. »Ich kenne weder einen Ben noch einen Joel.«

      »Das wird sich zeigen, junger Mann«, schaltete die Detektivin sich gefährlich freundlich ein. »Mister Parker sammelte einige Baseballschläger. Man kann damit nicht nur Sport betreiben.«

      »Sie müssen mich verwechseln, Lady. Oder irgend jemand will mich in die Pfanne hauen.«

      »Sprüche, nichts als dumme Sprüche, junger Mann«, wehrte Agatha Simpson ab. »Sie sind es gewesen, der die Ballerinen verschickt hat.«

      »Was für Ballerinen?« wunderte sich Matt Linkers. »Was soll denn das sein, Lady?«

      »Das werde ich Ihnen gleich mit dem Baseballschläger erklären«, drohte Lady Agatha genußvoll. »Sie werden schnell begreifen.«

      »Hören Sie, haben Sie überhaupt eine Ahnung, wer ich bin? Und wer die beiden Männer sind, die Sie unter den Tisch geschickt haben?«

      »Sie, Mister Linkers, sind in der kriminellen Szene von London keineswegs unbekannt«, beantwortete Parker die Frage. »Nach dem Wissensstand meiner Wenigkeit leiten Sie eine Organisation, die sich mit illegalen Wetten und Krediten zu Wucherzinsen befaßt.«

      »Das sind doch alles Verleumdungen«, behauptete der Fahrgast. »Das soll mir erst mal einer beweisen.«

      »Und die beiden Gesprächspartner in der Nische dürften Geschäftsfreunde sein«, redete Parker weiter und zeigte kurz zwei Brieftaschen.

      »Was soll das? Woher haben Sie die?« fragte Linkers überrascht.

      »Sie stammen vom Fußboden des Restaurants«, sagte Parker. »Sie lagen neben den beiden Herren, die sich unter dem Tisch ausruhten und nach denen ich besorgt Ausschau hielt.«

      »Sie haben die Brieftaschen geklaut?«

      »Ihre Manieren und Ihre Ausdrucksweise sind in der Tat ungemein .beklagenswert«, stellte der Butler würdevoll fest. »Die Wahl Ihrer Worte läßt eindeutig Wünsche offen.«

      *

      »Wo steckt Linkers jetzt?« erkundigte sich Mike Rander. Der Anwalt, groß und schlank, eine sportlich-lässige Erscheinung, war zusammen mit Kathy Porter im altehrwürdigen Haus der Lady Simpson in Shepherd’s Market zum Dinner erschienen.

      Kathy Porter war die Gesellschafterin und Sekretärin der Lady Agatha und wurde von ihr wie eine erwachsene Tochter behandelt. Die ältere Dame wartete nur darauf, sie und Mike Rander miteinander zu verheiraten.

      Sie tat alles, um dieses Ziel zu erreichen und verzichtete deshalb gern auf Kathy Porters Anwesenheit in ihrem Haus. Sie hatte darauf bestanden, daß Kathy Porter als Sekretärin für Mike Rander arbeitete, der in der nahen Curzon Street seine Wohnung und auch seine Kanzlei hatte.

      »Linkers und seine Schläger sind ... Wo sind sie eigentlich, Mister Parker?« fragte die Detektivin.

      »Bei einem gewissen Sam Stouder, Sir«, berichtete Parker in Richtung Mike Rander. »Mister Stouder sorgte für eine passende Unterkunft auf einem ausgedienten Lastkahn an der Themse.«

      »Und wer ist dieser Stouder, Parker?« Mike Rander, der äußerlich an einen bekannten James-Bond-Darsteller erinnerte, kannte Parker schon seit vielen Jahren und hatte seinerzeit in den USA zusammen mit ihm einige haarsträubende Abenteuer erlebt.

      »Mister Stouder, Sir, betreibt einen ausgesprochen schwunghaften Handel mit Schmuggelgut aller Art, das von einlaufenden Schiffen stammt. Er gilt bei den Seeleuten als ehrlicher Makler.«

      »Leute kennen Sie, Parker!« Rander lächelte.

      »Mister Stouder ist meiner Wenigkeit verpflichtet und sorgte für die erwähnte Unterkunft, ohne selbst in Erscheinung zu treten. Die drei Kriminellen werden sich also in keinem Fall an ihm rächen können.«

      »Und warum auf einem Lastkahn?« fragte Kathy Porter.

      »Die Herren Linkers, Ben und Joel sollen sich aus eigener Kraft befreien, Miß Porter«, erklärte der Butler. »Mister Horace Pickett wurde von meiner Wenigkeit bereits verständigt und wird die notwendigen Observationen veranlassen.«

      »Der gute Pickett«, warf die Dame des Hauses wohlwollend lächelnd ein.

      »Sie sollten ihn bei Gelegenheit doch mal zum Tee einladen«, erwiderten Kathy Porter und Mike Rander fast synchron. Die beiden kannten Myladys Standardsatz, der bei dieser Gelegenheit immer fällig war.

      »Das ist richtig«, pflichtete die ältere Dame ihnen arglos bei. »Man kann sich wirklich auf ihn verlassen. Ist es nicht so, Mister Parker?«

      »Auf Mister Pickett ist absolut Verlaß«, lautete Parkers Antwort. Er sprach von einem ehemaligen Taschendieb, der seit geraumer Zeit aber auf der richtigen Seite des Gesetzes stand. Pickett war zu einem unentbehrlichen Helfer geworden, der Lady Agatha verehrte und Parker nie vergaß, daß er ihm mal das Leben gerettet hatte.

      »Matt Linkers kommt demnach kaum als die Ballerina in Betracht, wie?« wollte der Anwalt wissen.

      »Solch eine Möglichkeit sollte man zu diesem Zeitpunkt keineswegs ausschließen«, meinte Josuah Parker. »Man weiß noch zu wenig von seinen Aktivitäten. Es könnte durchaus sein, daß er seinen Geschäftsbereich ausgeweitet hat.«

      »Diese Ballerina bricht also nicht grundlos Knochen?«

      »Davon sollte man ausgehen, Sir. Früher oder später wird man die Bedrohten auffordern, gewisse Summen zu zahlen.«

      »Hier handelt es sich um reine Erpressung, mein Junge«, schaltete die ältere Dame sich energisch ein. »Ich wußte es vom ersten Augenblick an.«

      »Es könnte sich allerdings auch durchaus um milieubedingte Straftaten handeln«, äußerte Parker.

      »Das auch«, schnappte Lady Agatha sofort zu. »Und was meine ich damit?«

      »Mylady klärten in der Vergangenheit bereits einen Fall, der im Künstlermilieu spielte und in dem nackte Eifersucht auf bestimmte Rollen im Spiel war.«

      »Richtig, und genau daran denke ich auch jetzt«, meinte sie wie selbstverständlich. »Ich lasse mir ja bekannterweise nie den Blick verstellen. Ich rechne eben mit allen Möglichkeiten.«

      »Was haben die beiden bewußten Brieftaschen denn ergeben?« fragte Mike Rander ablenkend.

      »Sie gehören den Herren Brett Brookers und Wade Coleman, Sir«, gab der Butler Auskunft. »Sie reisten vor wenigen Tagen aus den USA an. Im Gegensatz zu seiner ersten Ankündigung verzichtete Mister Linkers darauf, sich zu diesen beiden Personen zu äußern. Man kann aber sicher davon ausgehen, daß die Herren Brookers und Coleman sich recht bald vorstellen werden.«

      »Noch in dieser Nacht«, prophezeite die ältere Dame. »Wahrscheinlich lauert man mir bereits auf.«

      *

      »Ich habe eine interessante Nachricht für Sie, Parker«, sagte Mike Rander. Er telefonierte mit dem Butler von seiner Kanzlei aus. Nach dem gemeinsamen Dinner war etwa eine Stunde verstrichen.

      »Kann meine Wenigkeit davon ausgehen, Sir, daß diese Nachricht die bewußte Ballerina betrifft?«

      »Sie sagen es, Parker. Freunde riefen mich an. Zwei Vorstellungen in der City sind ausgefallen, in einem Fall handelt es sich um ein Musical, dann um eine Varieté-Vorstellung.«

      »In beiden Fällen dürften die Hauptakteure bedauerlicherweise ausgefallen sein, Sir?«

      »Richtig, Parker. Der weibliche Musical-Star liegt mit schweren Prellungen in einem Hospital, der Star-Gast im Varieté hat sich die linke Hand total verstaucht.«

      »Beide Personen haben sicher erklärt, daß es sich um dumme Zufälle