ist wie jeder.
Nichts Besonderes.
Nur ein anfälliger Mensch.
Auf Schmerz reagiert sie mit Wut.
Auf Hunger mit Gewalt.
Eine unbehandelte Wunde im Gesicht
Überlässt ihre Haut den Ekzemen.
Ihr Gesicht ist nicht mehr ihr Gesicht.
Der Krieg nie ihr Krieg gewesen.
Der Wahnsinn gehört ihr nicht.
Nichts gehört ihr.
Niemand hat sie eingewiesen
In die Regeln der Flucht.
Sie ist Autodidaktin.
Eine umständliche Heldin.
Umstände lehren sie dass Atmung grundlos ist.
Schreien Verschwendung
Und Gnade kein menschlicher Zug.
6. Abschiedsmotiv II (Ricarda)
Ein Fagott überträgt in weiten Kreisen das Ekzem auf die andere Seite. Ricardas Hand tastet über ihr Gesicht nach einem unsichtbaren Ausschlag. Der sich ausbreitende Ekel ist leise und kühl.
Der Name: Ricarda.
Ihr Körper ist rund. Ihre Augen dunkelgrün.
Eine warme Erscheinung eine dunkle Stimme.
Die Atmung kommt durch den Mund.
Hart und flach.
Sie joggt ohne sich zu bewegen
Schwitzt an der Oberfläche.
Lautlos. Gleich einer nächtlichen Eisschicht
Ist die Kälte in ihr gewachsen.
Hat ihre Kanäle überzogen
Ihr Blut verlangsamt.
Ihre Kammern eingefroren.
Sie kann nicht sagen wann.
Sie hat einfach nicht aufgepasst.
Jetzt ist ihr kalt mit sich selbst
Im immer warmen Körper.
7. Abschiedsmotiv III (Ralf)
Ein zweites Fagott transformiert die Kälte des ersten in hellere Paniktöne.
Ralf lehnt im Türrahmen des geliehenen Zuhauses und wählt eine Nummer.
Ralf
Ich wär s gewesen.
Sein Blick fällt in die Stille hinter der Nummer.
Sein Name: Ralf.
Seine Mundwinkel neigen nach oben.
Ein freundlicher Typ. Von Natur aus.
Seit kurzem ist er befallen.
Ein blindes Insekt stört seine Zufriedenheit
Hämmert den schwarzen Körper pausenlos
Gegen das Glas seiner Augen.
Verteilt seine wilde Gefangenschaft.
Flattert im Brustkorb.
Vergießt Angst in den Gängen.
Legt Samen ab in den Zellen.
Es ist da. Wird mehr. Will raus.
Man müsste das Tier orten.
Die Haut aufschneiden.
Innen nach außen stülpen
Die Freundlichkeit verbluten lassen
Damit das Tier sich endlich lösen kann.
Aus der Wüste der Gedärme.
Aber die Haut bleibt zu.
Die offenen Augen leer.
8. Konstruktion (Steigerung der Nacht)
Ricarda
Wen hast du angerufen.
Ralf
Niemand.
Ricarda
Ich schlaf ab jetzt draußen.
Ralf trinkt den Rest seines Whiskys. Vor ihm geht Ricarda in die Knie vor der Technik eines Liegestuhls.
Ralf
Witzigerweise musst du erst
Die Vorderbeine nach hinten klappen.
Ralf kniet sich neben sie. Ihre Finger umklammern das Stuhlbein. Er versucht sie zu lösen. Mit Gewalt.
Ricarda
Brich mir die Hand.
Ralf
Sehr gern.
Ricarda
Leider stehst du dann in meiner Schuld.
Ralf
Das tu ich eh.
Du hast unsern Sohn großgezogen.
Ricarda
Unser Sohn ist ein Arschloch.
Sie lässt los, überlässt ihm die Konstruktion.
Ralf
Sollen wir Carl was schreiben.
Ricarda
Wenn du wüsstest wo er ist.
Ralf
Bei deiner Mutter.
Das Holz bricht im entscheidenden Gelenk.
Ricarda
Er steckt seit Monaten in einer Idee
Sie heißt „human rubbish“
Einzelne Dörfer werden ausgelöscht.
Für die Vision einer leereren Welt.
Die Waffe ist der eigene Körper.
Die Basis der Hass auf sich selbst.
Sie legt sich mit dem Rücken auf die Fliesen, in die zerbrochene Konstruktion, kippt sich die summende Beleuchtung ins offene Gesicht.
Ralf
Wusst ich nicht.
Wie nah ihr euch steht.
Ricarda
Er hat die Regeln ins Netz gestellt.
Ralf
Mein Sohn entwickelt ein Kriegsspiel.
Ricarda
Es funktioniert nicht schlecht.
9. Ewigkeit I (Pick-up-Stimmen)
- Zweihundertachtzehn Kilometer.
- Die Fahrt geht einfach los. Ohne zu warten ohne zu zählen.
- Wer da ist ist da.
- Reifenadern. Pumpen ins Land. Schwächer. Unlesbar. Verschwinden.
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