Männer sein zu lassen. Wir beginnen auch, unseren Partnern mehr zu vertrauen. Wenn sie in der Lage sind, die Kontrolle zu übernehmen, und uns die Prügel erteilen, die wir wollen (verdienen?), sind wir eher geneigt zu glauben, dass sie auch die anderen Teile des Lebens bewältigen können, die wir normalerweise kontrollieren müssen, um sie richtig zu erledigen. (…) Und natürlich setzt die Anspannung, die wir beim Hinternversohlen loswerden, auch viel von der negativen, stressvollen Energie frei, die uns dazu bringt, zickig, herrisch und kontrollierend zu sein.«
Selbst wenn sie am Neubeleben der alten Geschlechterrollen wenig Interesse haben, ist für Menschen, die sich gern erotisch züchtigen lassen, das Vertrauen, das sie damit ihrem Partner erweisen, von großer Bedeutung. Je größer das Risiko ist, dass etwas schiefgehen könnte, desto mehr Vertrauen zeigen sie für die Kompetenz ihres Partners – was für solche Menschen einen starken Liebesbeweis darstellt.
Und manche Menschen schließlich akzeptieren einfach, dass die Lust ihres Partners sadistisch ausgerichtet ist und es ihn heißmacht, wenn er sie unter seinen Schlägen zappeln sieht. Da sie selbst unterwürfig sind, stellen sie sich dafür zur Verfügung.
Der Grund, weshalb dein Spielpartner bereit ist, sich von dir schlagen zu lassen, wird eure Aktionen beeinflussen. Mit jemandem, der rein unterwürfig ist, aber Schmerzen verabscheut, spielst du automatisch anders als mit einem echten Masochisten, der solche intensiven Reize genießen kann.
Wo verläuft die Grenze zwischen erotischem Spiel und echter Misshandlung?
Jetzt, wo du weißt, weshalb viele Menschen gern freiwillig Schläge einstecken, fragst du dich vielleicht trotzdem, wo die Grenze zu ernsthafter Gewalt in der Partnerschaft verläuft. Glücklicherweise ist diese Frage leicht zu beantworten:
SM-Spiele finden einvernehmlich statt. Beide Partner haben Respekt voreinander und einigen sich vorher darauf, was einer mit dem anderen anstellen darf.
Bei SM-Spielen ist man sehr bemüht, bleibende Verletzungen und anderweitige Schädigungen zu vermeiden. Dem Partner, der schlägt, ist klar, dass er hier eine große Verantwortung übernommen hat.
SM-Spiele sind sexuell erregend und befriedigend, machen Spaß und führen zu größerem Vertrauen zueinander.
Bei SM-Spielen reicht ein Wort aus, um sie abzubrechen. Bei häuslicher Gewalt sind oft tausend Worte nicht genug.
Diese zentralen Unterschiede machen von Anfang an klar, was der Sinn dieses Ratgebers ist. Du wirst auf den folgenden Seiten lernen, wie du erotische Züchtigungen so gestaltest, dass sie für euch beide lustvoll sind, ihr sie gut kontrollieren und das Risiko von ernsthaften Verletzungen senken könnt. Auch zwei grundlegende Regeln für dein eigenes Verhalten kannst du den eben aufgeführten Unterschieden entnehmen:
Stelle immer sicher, dass dein Partner versteht, was du mit ihm anstellen möchtest, und dass er sich dafür wirklich gern zur Verfügung stellt.
Schlage deinen Partner niemals im Zorn. Solche Spiele sind alles andere als ein Ventil dafür, deinen Ärger abzureagieren. Dafür musst du andere Wege finden.
Wie gehst du absolut sicher, deinen Partner bei solchen Spielen nicht zu verletzen?
Ich kann bestens verstehen, dass du nach einem Weg suchst, Züchtigungsspiele durchzuführen, bei denen die Gefahr ernsthafter Schädigungen bei absolut null liegt. Diese Hoffnung ist jedoch in den allermeisten Fällen eine Illusion – und auch darüber musst du dir klar werden.
Natürlich kann deinem Partner nichts passieren, wenn du ihm lediglich mit ein paar Fingern einen leichten Klaps auf die Schulter gibst. Hier ist die Energie, die du aufwendest, allerdings so gering, dass daraus auch keine große Stimulation entsteht. Sobald du so viel Kraft einsetzt, dass sich daraus ein genussvolles Spanking-Spiel entwickelt, besteht auch bei größtmöglicher Vorsicht immer das Restrisiko, dass etwas schiefgeht.
Ein zentraler Leitspruch der SM-Szene lautet »safe, sane and consensual«: sicher, geistig gesund und einvernehmlich. Dieser Leitspruch jedoch wurde schon vor einiger Zeit mit dem Einwand kritisiert, dass man sich etwas vormacht, wenn man bei solchen Aktionen an absolute Sicherheit glaubt. Deshalb richten sich viele SMer nach einer neuen Leitlinie: »risk aware consensual kink« (oder kurz: RACK), zu Deutsch: risikobewusste einvernehmliche Sexspiele. Ähnlich wie bei anderen Dingen, vom Bergsteigen bis zum Motorradfahren, sollten erwachsene Menschen sich auch bei SM-Spielen die Freiheit nehmen dürfen, Dinge zu tun, bei denen Verletzungen nicht realistisch ausgeschlossen werden können. Man sollte vernünftigerweise aber viel tun, um dieses Risiko möglichst gering zu halten.
Wie können deine ersten Schritte aussehen, wenn diese Praktik neu für dich ist?
Wenn du diesen Ratgeber liest, hast du womöglich noch niemals einen anderen Menschen im erotisch-liebevollen Spiel geschlagen. Mach dir keine Sorgen: Auf den folgenden Seiten erfährst du, wie du dich solchen Aktionen ganz sanft und Schritt für Schritt annähern kannst, ohne dass du dich oder deinen Partner überforderst. Du musst dich lediglich darauf einstellen, dass du nicht von Anfang an als Super-Master oder Super-Domina auftreten kannst, sondern dein Partner dein allmähliches Lernen mitbekommt. Dabei vergibst du dir nichts, wenn du mit einem Menschen lernst und deine erworbenen Künste bei einem anderen Menschen anwendest (der dann vermutlich fragt, wieso du das so gut kannst). Jedenfalls erfordern zum Beispiel gezielte Peitschenhiebe, die du vielleicht aus SM-Pornos kennst und die dort aussehen, als würden sie ganz lässig aus der Hüfte erfolgen, in Wahrheit lange Stunden an Übung. Auch du wirst nicht darum herumkommen.
Dir erotische SM-Videos aufmerksam anzusehen, kann aber einen ersten Schritt darstellen. Achte darauf, wie die Akteure stehen, wie sie zuschlagen und wo das Schlaginstrument schließlich landet. Du kannst dir hier schon einiges abschauen.
Noch besser wäre es natürlich, wenn du einen Profi finden kannst, der dir zeigt, worauf du etwa bei der Verwendung einer Peitsche zu achten hast. Vermutlich gehört ein solcher Profi nicht zu deinem Bekanntenkreis. Dann hinge es von dir ab, wie forsch und selbstbewusst du jemand Fremden um Hilfe bitten möchtest. Vielleicht gibt es ja einen SM-Stammtisch oder ein anderes Szenetreffen in deiner Stadt: Kannst du dir vorstellen, jemanden dort um Hilfe zu bitten? Oder jemanden, den du auf einer Online-Kontaktbörse für SMer, wie die »Sklavenzentrale«, ansprichst? Oder sogar eine Domina, die du dafür vermutlich entlohnen müsstest? In diesem Fall kann es sogar eine gute Idee sein, dass du dir selbst ein paar Schläge erteilen lässt. Auch wenn verschiedene Menschen ein unterschiedliches Schmerzempfinden haben, weißt du dann wenigstens ungefähr, was du deinem Partner eigentlich zufügst und wie heftig du zu Werke gehen kannst. Hältst du selbst es aus, ein Dutzend Schläge einzustecken? Wie geht es dir danach?
Aber das wäre nur der Idealfall. Ich gehe für alles Weitere davon aus, dass du niemanden findest, der dich unter seine Fittiche nimmt, sondern dir alles Notwendige mithilfe dieses Ratgebers selbst beibringen musst. Genau dafür ist dieses Buch schließlich gedacht.
Wenn du den Einsatz von Schlaginstrumenten auf eigene Faust lernen möchtest, ist es zunächst einmal sinnvoll, wenn du nicht mit deinem Partner oder deiner Katze beginnst, sondern mit einem unbelebten Objekt. Manche nehmen dafür ein Stofftier, andere die Couch, aber am geeignetsten ist ein weiches Kissen oder eine flauschige Decke – weich genug, damit dort die Spur zurückbleibt, die dein Schlaginstrument erzeugt hat. So weißt du genau, wo du getroffen hast. Je nachdem, mit welchem Instrument du zuschlägst, ist das anfangs vermutlich noch nicht genau die Stelle, auf die du gezielt hattest. Aber nach und nach findest du heraus, worauf du zu achten hast.
Erst wenn du ausreichend Finesse entwickelt hast, dass jeder Schlag auch wirklich sitzt, solltest du dein Lernen an einem lebenden Menschen fortsetzen. Aber natürlich bittest du auch ihn nicht: »Darf ich mal eben deinen Rücken blutig peitschen, um zu trainieren, damit ich nicht versehentlich die falsche Stelle treffe?« Stattdessen gibt es eine ganze Reihe sinnvollerer Möglichkeiten, die Sache langsam angehen zu lassen:
Dein Partner darf seine Kleidung oder zumindest Teile davon anbehalten, bevor du ihn dir vornimmst. Auf diese Weise hat er einen gewissen