Günter Dönges

Der exzellente Butler Parker 31 – Kriminalroman


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Der exzellente Butler Parker – 31 –

      Butler Parker konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß man ihn berauben wollte.

      Er hörte hinter sich das Stakkato harter Absätze auf dem Asphalt des Parkplatzes und richtete sich innerlich auf einen Überfall ein. Er war gerade aus einem Bürohaus gekommen, in dessen Erdgeschoß sich eine Druckerei befand. Hier hatte er neue Visitenkarten für Lady Simpson und sich in Auftrag gegeben. Er war auf dem Weg zu seinem sogenannten hochbeinigen Monstrum.

      Die Gelegenheit für einen Überfall war günstig. Am späten Nachmittag herrschte auf dem Parkplatz nur wenig Betrieb. Parker hatte längst herausgehört, daß er es mit zwei Personen zu tun hatte, die immer schneller aufschlossen.

      Der Butler beschleunigte seine Schritte und täuschte Angst vor. Dann aber bremste er jäh, wandte sich um und benutzte seinen altväterlich gebundenen Regenschirm als Kendo-Stock.

      Er sah sich zwei etwa dreißigjährigen, mittelgroßen und schlanken Männern gegenüber, die er durch sein Bremsmanöver überrascht hatte. Einer von ihnen beging den Kardinalfehler, ein Klappmesser aufspringen zu lassen. Der andere Mann wich einen halben Schritt zurück und wollte etwas sagen, doch Parker stellte erst mal klar, daß er kein wehrloses Opfer war.

      Er hatte seinen Universal-Regenschirm an beiden Enden gefaßt und setzte die Männer innerhalb weniger Sekunden außer Gefecht. Sie wurden von gezielten Schlägen getroffen, waren außerstande, die Arme anzuheben und sackten in sich zusammen, nachdem der Butler den bleigefüllten Bambusgriff seines Regendachs krönend eingesetzt hatte. Das Klappmesser lag längst auf dem Asphalt und war unerreichbar für den Besitzer.

      »Meine Wenigkeit bittet Sie keineswegs um Entschuldigung«, sagte Josuah Parker, der einen völlig unberührten Eindruck machte. »Würden Sie mir dennoch freundlicherweise erklären, was Sie sich von Ihrem geplanten Überfall versprachen?«

      Die beiden Männer starrten ihn an. Sie fühlten sich mit Sicherheit nicht besonders wohl.

      »Ein ... ein Mißverständnis«, sagte Schließlich der ehemalige Besitzer des Klappmessers mit schwacher Stimme.

      »Stimmt haargenau«, fügte sein Begleiter hinzu.

      »Wir ... wir sind hinter ’nem Kerl her, der uns reingelegt hat«, behauptete der erste Mann und richtete sich auf.

      »Der sah von hinten aus wie Sie«, behauptete der zweite Mann, »so mit Melone und Schirm.«

      »Dann seien Sie meines Mitgefühls versichert.« Parker lüftete die schwarze Melone und gab den Burschen die Chance, ihn noch mal anzugreifen. Er trat hinter die beiden Männer und half dem Messerfreund hoch, was nicht ganz einfach war. Der hatte nämlich einige Hiebe einstecken müssen, die noch intensiv nachwirkten. Der Mann ließ sich willig aufrichten und merkte nicht, daß der Butler ihn mit geschickten Fingern blitzschnell um seine Brieftasche brachte.

      Schließlich stand er wieder auf den Beinen und schüttelte verwundert den Kopf. Er maß den Butler mit intensivem Blick.

      »Ich glaub’s einfach nicht«, sagte er schließlich. »Wer, zum Teufel, sind Sie eigentlich?«

      »Gibt es möglicherweise einen Grund für diese Frage?«

      »Wie ... wie haben Sie uns fertiggemacht?« wunderte sich der Mann.

      »Nehmen Sie an, daß es sich um eine automatische Abwehr handelte«, meinte Josuah Parker. »Wenn Sie erlauben, wird meine Wenigkeit sich jetzt empfehlen. Entstandene Prellungen sollten Sie übrigens mit Alkoholumschlägen kühlen.«

      Er lüftete noch mal die schwarze Melone und ging zu seinem Wagen. Es handelte sich dabei um ein sehr betagt aussehendes Gefährt, das in grauer Vorzeit als Original-Taxi in den Londoner Straßen seinen Dienst getan hatte.

      Dieser hochbeinige Wagen barg eine Fülle von technischen Raffinessen, die man ihm jedoch nicht ansah. Eingeweihte hielten diesen Wagen nicht grundlos für eine Trickkiste auf Rädern.

      Die Kerle starrten seinem Wagen nach, als er sie wenig später bewußt langsam passierte. Parker wollte ihnen Zeit und Gelegenheit geben, sich das Kennzeichen einzuprägen.

      Hatten sie ihn wirklich mit einer anderen Person verwechselt? Oder war es hier um die Begleichung einer alten Rechnung gegangen? Parker war durchaus bereit, sich überraschen zu lassen.

      *

      »Sie wissen hoffentlich, Mister Parker, daß Sie wieder mal einen großen Fehler begangen haben«, mokierte sich Lady Agatha. »Selbstverständlich hätten Sie die beiden Lümmel mitbringen müssen.«

      »Könnten Mylady sich möglicherweise entschließen, meiner Wenigkeit noch mal zu verzeihen?« erkundigte sich Josuah Parker. Als Verkörperung eines hochherrschaftlichen Butlers war er nicht aus der Ruhe zu bringen. Sein glattes Gesicht zeigte keine Regung. Seine Stimme war höflich-beherrscht.

      »Natürlich will man sich letztendlich mit mir anlegen«, redete sie weiter und ging auf seine Frage nicht ein. »Sie wissen, wie sehr die Unterwelt mich fürchtet.«

      »Mylady sind der Garant für Panik, wo Mylady auch immer auftauchen mögen«, erklärte Parker doppelsinnig.

      »Ich weiß, ich weiß.« Sie lächelte wohlwollend und nickte. »Ich bin eben einfach zu erfolgreich, Mister Parker. Sie wissen also nicht, wer die beiden Subjekte waren?«

      »Einer von ihnen heißt Dan Meggan, Mylady, wie aus seinen privaten Papieren hervorgeht. Mister Meggans Brieftasche enthielt Hinweise darauf, daß er sich als Zeitschriftenwerber betätigt.«

      »Natürlich nur ein vorgeschobener Beruf«, erwiderte die ältere Dame. Sie war groß, stattlich und hatte ihren sechzigsten Geburtstag hinter sich.

      Lady Agatha, immens vermögend, unkonventionell und dynamisch wie ein Räumpanzer, legte sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit der Unterwelt an und war gefürchtet wegen ihrer irrationalen Methoden. Sie pflegte jedes Vorurteil und merkte nicht, daß Butler Parker stets eine schützende Hand über sie hielt.

      »Die Adresse des Mister Meggan ist bekannt, sie geht aus den Papieren hervor«, meinte Parker.

      »Ich werde mich umgehend mit diesem Lümmel beschäftigen«, kündigte sie umgehend an. »Aber da war doch noch etwas, über das ich mich wundere, Mister Parker.«

      »Mylady weisen sicher auf die angebliche Verwechslung hin«, gab der Butler zurück. »Falls dem so war, muß jene Person mit der man meine Wenigkeit verwechselte, in der Nähe des Parkplatzes wohnen.«

      »Genau das ist es.« Sie nickte. »Aber es war natürlich keine Verwechslung, Mister Parker. Es ging und geht einzig und allein um mich.«

      »Wie Mylady zu meinen belieben.« Parker deutete eine zustimmende Verbeugung an.

      »Wo finde ich dieses Subjekt also?« wollte sie wissen.

      »In Stepney, Mylady. In der Brieftasche fanden sich zwei Kontoauszüge einer Bank, die die genaue Adresse aufweisen.«

      »Worauf warte ich dann eigentlich noch?« Sie schob ihre majestätische Fülle aus dem tiefen Ledersessel und schritt hinüber zur geschwungenen Freitreppe, die ins Obergeschoß des altehrwürdigen Fachwerkhauses führte, das sie hier im Herzen von London, genauer gesagt in Shepherd’s Market bewohnte.

      Josuah Parker begab sich ins Souterrain des Hauses, wo seine privaten Räume lagen. Er hielt sich nur kurz im sogenannten Labor auf und versorgte sich mit einigen Spezialitäten, die er entwickelt hatte. Sie dienten dazu, auf unblutige Art etwaige Angreifer in die Schranken zu verweisen.

      Als er wieder in der Wohnhalle erschien, war Lady Agatha bereits auf der Treppe. Sie prüfte ihren perlenbestickten Pompadour und dann den Sitz ihres geradezu abenteuerlich anmutenden Hutes. Er schien eine leicht mißglückte Kreuzung aus einem Napfkuchen und einem Südwester zu sein. Einige neckisch arrangierte Kunstblumen garnierten diese Schöpfung der Hutmacherei.

      »Haben Sie schon daran gedacht, daß man mich bereits vom an der Durchgangsstraße abfangen könnte?« erkundigte sich Agatha Simpson. »Man wird sich doch hoffentlich das Kennzeichen Ihres Wagens gemerkt haben, oder?«

      »Dies, Mylady, kann man als sicher unterstellen.«

      »Dann