Günter Dönges

Der exzellente Butler Parker 31 – Kriminalroman


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      »Man wird möglichen Anfängen wehren, Mylady.«

      »Sehr schön«, redete Agatha Simpson weiter. »Ich habe den Eindruck, Mister Parker, daß dieser Abend noch recht abwechslungsreich werden wird. In den Fernsehprogrammen ist ohnehin nichts, was mich interessieren könnte. Wissen Sie, das Leben schreibt immer noch die besten Krimis.«

      Gegen diese profunde Erkenntnis hatte Parker keine Einwände vorzubringen.

      *

      »Ich werde nicht verfolgt?« grollte sie eine Viertelstunde später. Sie saß im Fond des hochbeinigen Monstrums und war leicht verärgert. Sie hatte scharfe Schüsse vermißt und wartete nun auf Verfolger, die der Butler bisher allerdings noch nicht wahrgenommen hatte.

      »Mister Meggan wird seine Brieftasche längst vermißt haben, Mylady«, gab Parker zurück. »Vielleicht setzt er darauf, daß Mylady ihn aufzusuchen gedenken.«

      »Daran habe auch ich bereits gedacht.« Sie nickte. »Er wird mir in seiner Wohnung eine Falle stellen, nicht wahr?«

      »Die sollte man nicht ausschließen, Mylady.«

      »Dieses Subjekt wird sich wundern«, kündigte die ältere Dame an. »Es wird sich in seiner eigenen Falle fangen.«

      »Mylady werden den Spieß umkehren.«

      »Hoffentlich steuern Sie eine hübsche Idee dazu bei, Mister Parker«, verlangte sie im vorhinein. »Ich kann schließlich nicht alles allein machen.«

      Nun, sie erlebte eine herbe Enttäuschung.

      Von einer Falle konnte überhaupt keine Rede sein. Dan Meggans kleine Wohnung erwies sich als leer. Parker hatte das Schloß der Tür dazu überredet, sich freundlicherweise zu öffnen und hatte dazu sein kleines Spezialbesteck benutzt. Mylady rechnete allerdings noch immer mit Überraschungen.

      »Irgendwo ist sicher eine Sprengladung angebracht«, hoffte sie. »Seien Sie vorsichtig, Mister Parker, wenn Sie die Wohnung durchsuchen.«

      Nun, viel war da nicht zu durchsuchen. Die Einrichtung zeichnete sich nicht gerade durch Üppigkeit aus. Es gab eine abgewetzte Sitzgruppe, ein kleines, verschrammtes Sideboard, einen Fernsehapparat und einen Arbeitsplatz in Fensternähe, der mit Zeitschriften aller Art bepackt war.

      In einem kleineren Nebenraum befanden sich ein Doppelbett, ein Kleiderschrank und ein Akten-Rollschrank, in dem Dan Meggans Wäsche untergebracht war. Auch das winzige Badezimmer bot keine Geheimnisse.

      »Sehr verdächtig«, urteilte Lady Agatha, als Parker meldete, nichts gefunden zu haben. »Hier sind absichtlich alle Spuren beseitigt worden.«

      Josuah Parker sichtete einige Papiere auf dem Arbeitstisch. Er hatte ein Auftragsbuch entdeckt, aus dem eindeutig hervorging, daß Dan Meggan tatsächlich als Zeitschriftenwerber arbeitete. Parker hatte sogar den Eindruck, daß Meggan durchaus fleißig war. Der Mann hatte in den vergangenen Wochen vielen Mitbürgern Abonnements verkauft. Während Mylady bereits leichte Ungeduld zeigte, schaute Parker sich die Adressen der neuen Zeitschriftenkunden an.

      Und er wurde fündig!

      In dem Auftragsblock fand er genau die Straße mit der Druckerei, die er erst vor einigen Stunden aufgesucht hatte. Der betreffende Kunde Lester Greene war vor fünf Wochen geworben worden. Er hatte sich für eine geographische Zeitschrift und einen Sprachkurs in Portugiesisch entschieden.

      »Was machen Sie denn da, Mister Parker?« räsonierte Agatha Simpson gereizt. »Das alles ist doch reine Zeitverschwendung.«

      »Möglicherweise, Mylady.« Parker hatte aus einer der Taschen seines schwarzen Covercoats einen Fotoapparat hervorgeholt, der kaum größer war als ein Feuerzeug. Er schaltete die Tischlampe ein und fotografierte weitere Namen und Adressen.

      »Sie haben etwas entdeckt?« Die ältere Dame war neugierig geworden.

      »Möglicherweise, Mylady«, antwortete der Butler, der sich weiter informiert hatte. »Mister Meggan arbeitet für einen Verlag, der sich ›Freizeit und Hobby‹ nennt.«

      »Was will das schon besagen?« Sie winkte desinteressiert ab. »Das bringt mich überhaupt nicht weiter.«

      Parker war zwar anderer Meinung, äußerte sich aber nicht. Er stellte auf dem Schreibtisch die alte Ordnung wieder her und war dann bereit, die kleine Wohnung zu verlassen.

      »Man hat sich mit dem Überfall auf mich Zeit gelassen«, sagte Agatha Simpson, als man sich im Korridor befand. »Sie werden sehen, Mister Parker, daß gleich die Schläger auftauchen.«

      Sie hatte den Satz kaum beendet, als vorn im Treppenhaus zwei handfeste Männer erschienen. Sie kamen .mit schnellen Schritten auf Lady Agatha und Butler Parker zu.

      »Jetzt werden ich Ihnen mal zeigen, wie man mit solchem Gelichter umgeht«, kündigte sie an und brachte ihren Pompadour in erste Schwingung.

      *

      Im Handbeutel der älteren Dame befand sich der sogenannte Glücksbringer, ein veritables Hufeisen, das von einem stämmigen Brauereipferd stammte. Der Pompadour wiederum hing an einigen Lederschnüren am Handgelenk seiner Besitzerin.

      Es war unbestritten, daß Lady Agatha mit dem Requisit einer Dame gut umzugehen verstand. Darüber hinaus war sie eine sportlich geübte Frau, die mit Hingabe, aber ohne Erfolg Golf spielte und den Sportbogen schoß. Ihre Muskulatur war also keineswegs unterentwickelt.

      Agatha Simpson, die sich zwei Gegnern gegenübersah, ergriff die Initiative. Nach dem Motto, wonach der Angriff die beste Verteidigung sei, setzte sie ihren Glücksbringer mit einem gekonnten Bogenschlag auf den Kopf des Mannes, der links vor ihr erschienen war.

      Das Hufeisen tat seine Wirkung!

      Der Getroffene verdrehte die Augen, stieß einen ächzenden Laut aus und ging beeindruckt in die Knie. Er fiel seitlich gegen die Wand des Korridors und schob die wegrutschenden Beine in den Weg seines Begleiters.

      Der stolperte und warf sich vor, was Mylady völlig mißdeutete. Sie trat geschmeidig zur Seite, ließ ihn passieren und langte dann mit ihrem Pompadour noch mal zu.

      Der Glücksbringer krachte ins Kreuz des Stürzenden, der daraufhin eine Streckbewegung nach vorn machte und dann mit der Bauchseite auf dem abgetretenen Teppichläufer landete.

      Parker lüftete die schwarze Melone in Richtung Mylady und beglückwünschte sie mit wohlgesetzten Worten zu ihrem Erfolg.

      »Nehmen Sie sich daran ein Beispiel, Mister Parker«, gab sie wohlwollend zurück. »Jetzt können Sie von mir aus Fragen stellen.«

      Parker kümmerte sich um die beiden Männer, die wie paralysiert waren. Er durchsuchte sie, fand aber keine Papiere. Doch entdeckte er je ein Klappmesser und zwei Stahlruten, deren teleskopartige Glieder in einer Metallhülse zusammengeschoben waren.

      »Nun, Mister Parker?« wollte die ältere Dame wissen.

      »Einiges deutete darauf hin, Mylady, daß man es nicht mit Normalbürgern zu tun hat«, erwiderte er. »Man sollte die beiden Herren vielleicht einem kurzen Verhör unterziehen. Dazu bietet sich Mister Meggans Wohnung an.«

      »Tun Sie, was ich für erforderlich halte«, lautete ihre Antwort, »aber lassen Sie sich nicht hereinlegen. Sie neigen zum Leichtsinn.«

      Parker verzichtete auf eine Antwort, stellte die beiden Männer auf die Beine und dirigierte die Benommenen zurück in die kleine Wohnung des Mr. Dan Meggan. Dort drückte er sie auf die Sitzcouch und trat diskret zurück, damit Lady Simpson mit ihrem Verhör beginnen konnte.

      Die beiden Kerle kamen wieder zu sich und blickten Mylady und Parker in einer Mischung aus Verstörtsein und Respekt an.

      »Ich habe da einige Fragen, die Mister Parker an Sie richten wird«, schickte sie voraus. »Ich verlange wahrheitsgemäße Antworten.«

      »Sie hatten die Absicht, Mister Meggan einen Besuch abzustatten?« erkundigte Parker sich.

      Die beiden Männer nickten erstaunlicherweise.