Sharon York

Die HexenLust Trilogie | Band 1 | Erotischer Roman


Скачать книгу

Hand und sah mir selbst in die Augen. Im weißen Schein drang das helle Grün, das mich anfunkelte, noch mehr durch. Wie bei einem exotischen Frosch oder den frühen Bildern von Monet stach es mir entgegen.

      Wortlos schrie ich mich selbst an, fixierte mich und brachte mich selbst wieder zur Raison.

      Reiß dich zusammen, Isabelle. Es gibt Wichtigeres, als diesen Typen.

      Mehrmals atmete ich dabei aggressiv, als müsste ich der jungen Frau im Spiegelbild Angst einjagen. Mein Gesicht ging wie von selbst nach vorn, sodass ich die Kühle des Glases ganz nahe spüren konnte.

      Scheiß auf ihn! Konzentriere dich auf deine Arbeit. Du bist jetzt Sicherheitsoffizier, hast die Verantwortung für den Zirkel und die jungen Hexen ...

      Meine eigene Ansprache wurde von Britney Spears »Circus« unterbrochen, das von meinem Handy im Wohnzimmer ertönte. Nur mit dem Handtuch auf dem Kopf tappte ich durch die Wohnung und nahm das Telefonat entgegen.

      Ohne Umschweife oder den Ansatz einer Begrüßung feuerte meine Chefin los. Eigentlich nicht ihre Art, aber es schien jetzt bereits im Zirkel hoch her zu gehen.

      »De la Crox am Apparat. Haben Sie noch ihre Kontakte, Miss Ashcroft?« Wenn sie ihre Anrede so wählte, war sie nicht allein.

      »Ja, Madame.«

      »Befragen Sie sie!«

      »Ja, Madame.«

      »Und Miss Ashcroft ... Passen Sie auf sich auf!«

      »Ja, Madame.«

      Keine Zeit für Geplänkel. Ihre Stimme war seltsam angespannt, als ob ihr die absolute Sicherheit fehlen würde, das Problem in dieser Nacht bewältigen zu können. Das Telefonat bestätigte meine Vermutungen und machte mir auf unmissverständliche Weise klar, dass dieser Nikolai doch kein Wald- und Wiesendämon war und dem Zirkel mehr Ärger bereiten konnte, als de la Crox zugeben wollte.

      Schnell warf ich mich in die Uniform und legte ein dezentes Make-up auf. Ich entschloss mich dazu, meine Haare erst zu föhnen, dann in einen lockeren Zopf zu binden. Bevor ich die Wohnung verließ, noch etwas Parfüm – ein wenig hinter die Ohren und auf den Venushügel. Schließlich war es sozusagen eine Dienstanweisung, Informationen zu besorgen.

      Die Nacht hatte den Tag beinahe abgelöst. Golden und wunderschön war ihr orangefarbener Kampf, den die Menschen Dämmerung nannten, entbrannt. Wobei der Sieger, wie an jedem Abend, der Gleiche war. Auch die Hitze war einer wohligen Wärme mit einem leichten Wind gewichen, der eine angenehme Brise in die Stadt hereintrug.

      ***

      Als mein Wagen aufheulte und ich mir den Weg in die City bahnte, ging ich im Kopf die weitere Vorgehensweise des Abends durch. Die Ankunft eines so mächtigen Dämons wie Nikolai dürfte hohe Wellen geschlagen haben. Die Frage war nur, wer war mutig oder dumm genug, mir irgendetwas zu erzählen, was der Zirkel mit seinen unzähligen Quellen und Spionen noch nicht wusste. In jeder größeren Stadt gab es eine gewisse Anzahl von harmlosen Dämonen, die von uns toleriert wurden. Dann gab es solche, die auffielen und Ärger machten, das waren die Gefährlichen, um die sich der Zirkel so schnell wie möglich kümmern musste, damit die Menschen mit ihrem kleinen Seifenblasenleben weitermachen konnten. Und dann gab es Dämonen, wie dieser Nikolai einer war. Solche, die nicht auffielen, aber richtig viel Ärger machten. Es waren nicht die Wasserdämonen, die nachts aus dem Hudson krochen und Hunde unter Wasser zogen. Es waren auch nicht die lächerlich überschätzen Vampire, die ab und zu mal einen Obdachlosen rissen. Richtig gefährlich waren Dämonen, die im Hintergrund arbeiteten und ganze Armeen auf die Beine stellten.

      Was hatte dieser Nikolai an sich, das meine Chefin, bei der sonst Eis durch die Adern floss, mich auf einmal mit zitternder Stimme warnen ließ? Nun, ich sollte dieses schleunigst herausfinden, doch meine erfolgversprechendste und auch angenehmste Adresse sollte ich mir für den späten Abend aufheben. Vielleicht war mein Kontakt dann etwas betrunkener und redseliger. Aber erst die Arbeit ...

      ***

      Dass die schlechten Bezirke früher am Hafen waren, lag an den billigen Arbeitskräften, die dort hausten und die meiste Zeit auf See verbrachten. Ironischerweise hatte die Entwicklung in der Neuzeit einen genau umgekehrten Verlauf genommen. Die Upper West Side war nun die Topadresse mit Bars, schicken Büros und teuren Wohnungen, die sich an den Verlauf des Hudsons schmiegten.

      Als ich meinen Wagen am Rande des Flusses abstellte, rauschte das Wasser gurgelnd vorüber und schickte mir seinen typisch maritimen Duft über die Brüstung. Auf einmal erfasste mich wieder ein Gefühl, eine Ahnung, etwas Unbehagliches, als ob mein Körper mir ein Signal senden würde, das ich nicht zuordnen konnte. Mehrmals ließ ich meinen Blick über die jugendlichen Partygänger oder die älteren Bummler schweifen. Nichts Ungewöhnliches, nur Leute, die den Abend begannen oder beendeten. Doch vor allem waren es nur Menschen. Ich schüttelte den Kopf über mich selbst und ging auf das Gebäude zu.

      Die Außenfassade des Altbaus strotzte mir entgegen, während ich an den typischen roten Backsteinen hochsah. Nur wenige konnten es sich leisten, hier eine Wohnung mit traumhaftem Blick über das Wasser und den naheliegenden Stadtgärten zu kaufen – einer davon war nicht menschlich und genau dieser war mein Ziel.

      Ich machte mir gar nicht erst die Mühe zu klingeln, sondern öffnete die eisenbeschlagene Tür mit einem Entriegelungszauber. Während der Aufzug mich in die oberen Etagen brachte, betrachtete ich mein Spiegelbild und musste den Gedanken des Unbehagens ein weiteres Mal verdrängen. Wie bereits heute im Bad fühlte ich mich einfach nicht wohl in meiner Haut, als würde mein Herz gleichzeitig langsamer und schneller schlagen wollen. Ich legte meine Haare sanft über die weiße Bluse.

      Auch an der Wohnungstür missachtete ich die Gebote der Höflichkeit und ging einfach in den Wohnraum. Der Eingangsbereich war erfüllt von leichten, raschelnden Geräuschen und leisem Fluchen. Still schlich ich über den teuren Teppich und betrachtete die stilvolle Einrichtung des Besitzers, bis ich beim Türrahmen des Schlafzimmers angekommen war. Gespannt hielt ich inne und ließ die Laute auf meine Sinne wirken.

      »Verdammter Mist ... Das brauche ich ... Oder doch nicht. Vielleicht das ... Scheiße! ... Passt das?«

      Amüsiert zogen sich meine Mundwinkel nach oben und ich ging einen Schritt nach vorn. Sofort fiel mir die Unordnung im Zimmer auf. Überall lagen Kleidungsstücke, halb gefüllte Koffer und Käfige verstreut. Die Kadaver von Kaninchen bildeten einen unnatürlichen Kontrast zu dem nussbraunen Parkettboden. Von einigen war nur noch der Kopf übrig, bei anderen wiederum schien es, als hätte jemand ein Stück aus ihnen herausgerissen und sie dann qualvoll verbluten lassen. Dazwischen keuchte ein dicklicher, kleiner Mann mit Halbglatze und hochrotem Gesicht, während er extravagante Anzüge in einen viel zu kleinen Koffer zu stopfen versuchte. Es stank bestialisch und ich musste mir selbst befehlen, nicht einige Schritte zurückzufallen.

      »Verdammter Mist ... Warum passt der Scheiß denn ...«

      Mein Blick streifte jedes einzelne tote Tier und heftete sich, so durchdringend wie Feuer, auf den Mann.

      »Störe ich, Creepy?«

      Der spitze, beinahe weibische Schrei durchzog den gesamten Raum und der kleine Mann stürzte in die hinterste Ecke der Wohnung. Aus seinem eben noch vor Anstrengung brennenden Gesicht war die Farbe gewichen, als er sich an die Brust fasste und nach Luft japste.

      »Der Zirkel, oh Gott, ich dachte, oh Gott ...«

      Mit gekreuzten Armen ging ich auf ihn zu. Sein fettes Gesicht glänzte und aus jeder Pore schien er zu schwitzen.

      »Wen hast du denn erwartet?«

      Augenblicklich lachte er mir mit einem breiten Grinsen entgegen, als er sich mehrmals die Handflächen am gelben Countryhemd abrieb.

      »Ich? Niemanden! Wieso?«

      Mein Blick fuhr über die Kleidungsstücke am Boden.

      »Du willst verreisen?«

      »Urlaub«, sagte er langgezogen und mit zittriger Stimme. »Hin und wieder muss man sich das mal gönnen, findest du nicht, Isabelle?«

      Ich