Блейк Пирс

Getönte Fenster


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Danielle. Wie fühlst du dich?“

      „Erholt und weitestgehend ok, glaube ich. Du?“

      „Auch. Ich habe die letzten Tage aber nicht so gut geschlafen. Ich habe das Bedürfnis, wieder mit dem Leben weiterzumachen, weißt du?“

      „Tatsächlich verstehe ich dich“, sagte Danielle. „Das mit dem Schlafen… hast du Albträume?“

      „Nein. Bloß Angstzustände, glaube ich. Hör mal, D… auf der Arbeit ist gerade alles ein bisschen komisch und ich wollte dich vorwarnen. Ich wurde heute Morgen zu dem, was passiert ist, befragt. Dieses Mal war es aber nicht bloß mein Direktor. Er hat ein paar andere Leute von weiter oben eingeladen – die Art Leute, die nur involviert sind, wenn möglicherweise Probleme anstehen könnten.“

      „Wie ist es gelaufen?“, fragte Danielle. Sie wusste wie vorsichtig ihre Schwester sein konnte. Sie dachte nicht, dass ihre Schwester unter dem Druck nachgegeben haben könnte, aber sie konnte sich nicht absolut sicher sein. Wenn eine von ihnen zusammenbrach oder sich verplapperte und ihre Geschichten nicht mehr übereinstimmten, würden sie beide ziemlich tief in der Scheiße stecken.

      „Es war alles ok, aber ich mache mir Sorgen, dass sie dich auch einbestellen könnten.“

      „Müsste ich nicht erst verhaftet werden, um so verhört zu werden?“

      „Nein. An diesem Punkt wird es fast wie ein Gebot der Höflichkeit angesehen. Sie haben dich bereits befragt, also werden sie von dir erwarten, ihnen erneut den Gefallen zu tun.“

      „Zum Teufel damit. Wieso würde ich das noch einmal durchmachen wollen?“

      „Wenn sie dich kontaktieren, darfst du ihnen gegenüber keine solche Einstellung zeigen.“

      Danielle rollte mit den Augen. „Also soll ich mich für die verrenken und es einfach über mich ergehen lassen, so oft, wie sie wollen?“

      „Für eine Weile, ja. Aber bitte… Danielle, bitte halte dich an die Geschichte. Lass dich nicht von deinen Emotionen oder deinem Ärger leiten.“

      „Ist das wirklich, wieso du angerufen hast?“, fragte Danielle.

      „Ist es. Naja, das und auch weil ich weiß, wie du dazu tendierst in deinen Emotionen zu versacken, wenn das Leben schwer wird. Wie hältst du dich?“

      „Ich stinke. Und mir sind die Serien auf Netflix ausgegangen. Ich überlege mir, morgen wieder zur Arbeit zu gehen.“

      „Das klingt gut“, sagte Chloe. „Bitte rede nicht mit den Leuten, mit denen du arbeitest, darüber, was wir getan haben, okay?“

      „Mein Gott, Chloe. Ich bin kein Idiot.“

      „Ich weiß, es ist nur, ich – “

      „Chloe, lassen wir das. Wie wär’s damit: du machst mit deinem Leben weiter und ich tue dasselbe. Lassen wir uns ein paar Wochen Zeit und schauen dann, wo wir stehen. Ich weiß, wie sowas geht. Wir haben etwas ziemlich Abgefucktes durchgemacht. Und egal, wie du es dir in deinem Kopf ausmalen magst, du und ich standen uns nie besonders nahe. Wir haben nicht eine dieser engen Schwesterbeziehungen, weißt du? Also brauchen wir einander vielleicht auch nicht, um das alles zu bewältigen.“

      In der Mitte ihres Monologs hatte sie gespürt, dass sie zu viel gesagt hatte, aber es war bereits zu spät gewesen.

      „Ja, vielleicht hast du recht“, sagte Chloe. Ihre Stimme klang schwach und ernüchtert. Danielle hatte eindeutig ihre Gefühle verletzt – ein Umstand, für den sie weder als Kind noch als erwachsene Frau jemals wirklich ein Gespür gehabt hatte.

      „Chloe…“

      „Ich finde, du solltest wieder zu deiner Arbeit zurückkehren“, unterbrach Chloe sie. „Nehm einfach dein Leben wieder auf, so wie es vor alle dem war. Und wenn das FBI oder die Cops was von dir wollen, ist das Einzige, worum ich dich bitte, ruhig zu bleiben. Nimm es nicht persönlich. Schließlich tun sie wirklich nur ihren Job.“

      „Ja, ich weiß.“

      „Hab dich lieb, Schwesterchen. Mach’s gut solange.“

      Bevor Danielle antworten konnte, hatte Chloe aufgelegt. Danielle legte langsam ihr Handy weg, nicht ganz sicher, was sie so an der Art dieses Gesprächs gestört hatte. Sie war immer diejenige Schwester gewesen, die feindselige Diskussionen kalt gelassen hatten. Doch jetzt, wo sie fühlte, dass Chloe so genervt von ihr war, hatte sie das Gefühl, sie ließ ihre Schwester hängen.

      Das ist, weil sie deinen Arsch vor einem dummen Fehler bewahrt hat, dachte sie.

      Ja, sie hatte sich in den letzten paar Tagen mehrere Male gedacht, dass Chloe wahrscheinlich ihr Leben gerettet hatte. Und das würde die Richtung ihrer Beziehung von hier an verändern. Sie hatte sich noch nie wohlgefühlt bei dem Gedanken, dass sie irgendjemanden irgendetwas schuldete und nun war sie sich einfach nicht sicher, wie sie damit umgehen sollte.

      Abwesend begann sie erneut durch die Netflix Webseite zu scrollen. Sie schaute wieder auf ihr Handy und überlegte sich bei der Arbeit anzurufen. Vielleicht könnte sie sogar heute Abend noch eine Schicht übernehmen.

      Chloe hatte schließlich recht. Früher oder später musste sie einfach weitermachen. Sie hatte nicht mehr den Schatten ihres Vaters über sich stehen, auf den sie alles schieben konnte. Nein, nun war der größere Fehler einer, zu dem sie stehen musste – das Wissen, dass sie eine große Rolle im Tod ihres Vaters gespielt hatte.

      Ja, es würde ihr gesamtes Leben von nun an verändern, aber es war kein Grund das Handtuch zu schmeißen und alles aufzugeben. Doch was ihr am meisten Angst bereitete, war die sich aufdrängende Einsicht – jetzt wo ihr Vater nicht mehr da war – dass er womöglich doch nicht das einzige Problem in ihrem Leben gewesen war.

      KAPITEL VIER

      Chloe stürzte sich auf die Informationen in den Unterlagen zum Fall, sobald sie diese erhalten hatte. In dem Moment konnte sie es noch nicht sehen, aber sie wandte sich dem Fall auf dieselbe Art und Weise zu, wie ein Alkoholiker zur Flasche griff. Sie versuchte die Realität dessen, was sie und Danielle getan hatten, zu verdrängen. Sie hatte das Gefühl, dass wenn sie es unter ihrer Leidenschaft für die Arbeit begraben könnte, sie fähig wäre es nach einer gewissen Zeit ganz auszulöschen.

      Die Reise, die ihnen bevorstand, führte in die ziemlich kleine Stadt Pine Point in Virginia. Sie lag um die fünfzehn Kilometer von Winchester entfernt und hatte eine Bevölkerung von weniger als zehn Tausend Menschen, die hauptsächlich aus reichen Familien bestand, was den Fall allen anderen Fällen ähneln ließ, an denen Chloe und Rhodes bisher gearbeitet hatten. Der Unterschied hier war allerdings, dass beide Opfer männlich waren. Soweit Chloe es den Polizeiberichten entnehmen konnte, gab es nichts Außergewöhnliches oder Einzigartiges an den Morden. Es schien, dass die Männer in beiden Fällen ziemlich brutal zu Tode geprügelt worden waren und dass sie auf den ersten Blick nichts miteinander verband.

      „Na, schon müde von diesen Nobelnachbarschaften?“, fragte Rhodes von hinterm Steuer. Chloe, die die Berichte auf ihrem Tablet durchlas, schaute von deren Inhalten auf und hinaus aus dem Fenster. Seltsamerweise waren sie bereits angekommen. Pine Point war von DC nur ungefähr eineinhalb Fahrtstunden entfernt und diese waren schnell vergangen.

      „So langsam“, gab Chloe zu. „Du musst aber zugeben… diese Vertrautheit ist schon ziemlich nett, oder?“

      „Ja, ich nehme an, du hast recht. Aber die Berichte für diesen Fall…lassen mich denken, dass dieser hier am Ende darauf hinauslaufen wird, dass irgendein muskelprotzendes Arschloch seine Aggressionen an denen rauslässt, die seiner Meinung nach entweder unter ihm stehen oder eine Bedrohung für ihn darstellen.“

      Daran hatte Chloe auch kurz gedacht, aber sie war sich nicht zu sicher. Jemand, der aus diesen Gründen mordete, hätte wahrscheinlich kein Problem damit eine Kugel durch den Schädel seiner Opfer zu jagen oder ihnen die Kehle aufzuschlitzen. Zwei verschiedene Male einen anderen Menschen brutal zu Tode zu prügeln schien auf etwas ein wenig Düstereres hinzudeuten.

      Es mussten noch andere Sachen geklärt werden, aber ihr Gehirn war wie in einer Art Nebel. Es gab einige