Frank Rehfeld

8 Krimis: Killer kennen kein Gebot: Krimi Sammelband 8009


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      „Kommen Sie bitte mit, Mister Vargas ist gerade eingetroffen und empfängt Sie.“

      „Welche Ehre“, sagte Milo.

      Wir folgten ihm die Treppe hinunter. Dann ging es durch einen Nebenausgang. Wir passierten einen Korridor und wurden schließlich in einen recht großen Clubraum mit Billardtischen geführt.

      Clive und Orry waren bereits dort.

      Vargas war nicht zu übersehen. Er trug einen seiner schneeweißen Anzüge.

      „Wollen Sie einen Drink?“, fragte er.

      „Nein danke“, antwortete Clive für uns alle.

      Vargas grinste. „Verstehe, Sie sind ja alle im Dienst. Ich hoffe, Sie versuchen nicht wieder, mir Drogengeschäfte anzuhängen, so wie es die Vice-Abteilung des hiesigen Polizeireviers seit Jahren vergeblich versucht.“ Er lachte rau. „Ich habe gehört, Sie ermitteln in meinem Club. Da interessiert mich natürlich, worum es geht!“

      „Es geht um eine Schießerei vor fünf Jahren, hier im ‚Abraxas’“, sagte ich. „Ich nehme an, Sie erinnern sich.“

      „Allerdings. Das war ein schwarzer Tag für dieses Lokal. Die gesamte Inneneinrichtung war erst wenige Wochen zuvor erneuert worden, wir hatten eine völlig neue Lichtanlage, die damals natürlich richtig hip war – alles im Eimer!“

      „Ich denke, das war nicht der schlimmste Schaden.“

      „Nein, Sie haben natürlich Recht. Es gab Tote und Verletzte.“ Benny Vargas zuckte mit den Schultern. „Damals hat die Polizei nicht viel herausgefunden! Haben Sie jetzt etwa neue Erkenntnisse?“

      „Mit einer Waffe, die damals benutzt wurde, ist jetzt ein Polizist namens O’Rourke erschossen worden“, ergriff jetzt Clive Caravaggio das Wort. „Und nun erzählen Sie mir nicht, dass das für Sie noch eine Neuigkeit ist!“

      Vargas verzog das Gesicht. „Waffen wechseln den Besitzer, das ist nun mal so. Daran werden weder Sie noch ich etwas ändern.“

      „Kennen Sie einen Mann namens Kenneth Jakobs? Er soll sich ab und zu hier aufhalten und einem eine Waffe besorgen, wenn man sie braucht!“ sagte Clive.

      „Ich kenne meine Gäste nicht persönlich“, antwortete Vargas. „Warum fragen Sie?“

      „Eigentlich ist es unsere Aufgabe, die Fragen zu stellen“, erwiderte Clive.

      Benny Vargas grinste, schnipste mit den Fingern und hielt Clive seinen Zeigefinger entgegen. „Klare Regeln – Sie sind gut, Mann!“ Er griff in die Innentasche seines Jacketts und holte eine Zigarre hervor. Bevor er sie in den Mund steckte, sagte er: „Ich möchte feststellen, dass dies kein öffentlicher Ort und ich deswegen nicht gegen die strengen Anti-Raucher-Gesetze verstoße, wenn ich mir hier eine Zigarre anstecke!“

      „O’Rourke soll kleine Dealer erpresst haben“, sage ich. „Er hat sich dabei nicht nur in Dollars, sondern auch mit Informationen bezahlen lassen.“

      „Davon habe ich nichts gehört.“

      „Aber Sie hatten nichts dagegen, dass O’Rourke sich hier mit seinen Kollegen gut amüsiert!“

      Vargas’ Gesicht wurde eisig. „Man kann sich seine Gäste nicht immer aussuchen.“

      „Und wozu haben Sie dann Ihre Türsteher engagiert?“

      „Ich bin ein friedlicher Mensch, Mister…“

      „Agent Trevellian.“

      „Aber wenn Sie mir was anhängen wollen, werden Sie Ihres Lebens nicht mehr froh! Ich habe Beziehungen, die weit nach oben reichen.“

      „Ihre Drohungen beeindrucken mich nicht.“

      „Das werden wir sehen.“

      25

      Ich hielt mich im weiteren Verlauf der Befragung etwas zurück. Anscheinend hatte ich bei Vargas einen wunden Punkt erwischt. Anders war es nicht erklärlich, dass er so ungehalten reagierte. Milo versuchte aus ihm herauszukitzeln, wie viel er über O’Rourke und seine Machenschaften wusste. Aber Benny Vargas wich geschickt aus. Und wir hatten nichts, womit wir ihn festnageln konnten. Auf die Aussage des Go-Go-Girls konnten wir nicht bauen.

      Wir blieben noch eine ganze Weile im ‚Abraxas’, aber es kam nicht viel dabei heraus. Immerhin überwogen jetzt die Aussagen, die der Meinung waren, dass Kenneth Jakobs sich schon eine ganze Weile nicht mehr im ‚Abraxas’ hatte blicken lassen.

      Es war bereits nach Mitternacht, als wir uns auf den Weg nach Hause machen.

      „Mich wundert, dass Vargas nicht die Chance ergriffen hat, ein paar Polizisten, die ihm in der Vergangenheit mit Sicherheit das Leben schwer gemacht haben, mal richtig anzuschwärzen!“, meinte ich.

      Milo stimmte und ergänzte: „Zumal einer davon sich gar nicht mehr wehren könnte.“

      Eine Weile sagte keiner von uns ein Wort. Schließlich brach ich die Stille. „Hast du noch Appetit auf einen Fish Burger, Milo?“

      „Ist das jetzt dein Ernst oder machst du Witze?“

      „Das ist mein voller Ernst, Milo. Ich möchte noch mal nach Queens fahren – zu Fredo’s Fish Bar.“

      „Es ist schon ziemlich spät. Morgen im Büro weckt mich nicht einmal mehr Mandys Kaffee richtig auf!“ Milo seufzte. „Mal ehrlich, was immer dich um diese Zeit in Fredo’s Fish Bar treiben mag, ich denke, das hat auch bis morgen Zeit.“

      „Eben nicht, Milo. Ich möchte mich dort gerne mal um diese Zeit umsehen. Wer treibt sich da jetzt herum und könnte vielleicht auch in der Tatnacht etwas bemerkt haben?“

      „Du meinst, der Aufwand lohnt sich?“

      „Keine Ahnung. Aber wenn du nicht willst, bringe ich dich erst an die bekannte Ecke. Um diese Zeit ist ja auf den Straßen New Yorks nicht mehr ganz so viel los.“

      Milo machte eine wegwerfende Handbewegung. „Nicht nötig“, meinte er. „Ich komme mit.“

      26

      Es war halb drei, als wir 45th Street in Queens erreichten. Wir stellten den Sportwagen vor Fredo’s Fish Bar ab und stiegen aus. Das Gekreische der Möwen war wohl rund um die Uhr zu hören.

      In der Fish Bar trafen wir ein halbes Dutzend Gäste an. Wir befragten sie der Reihe nach. Eine Krankenschwester war darunter, zwei Männer, die bei der Fire Brigade waren und ein Nachtwächter, eines nahe gelegenen Wohnblocks.

      Menschen, die arbeiteten, wenn andere längst schliefen.

      Manche von ihnen gaben an, regelmäßig in Fredo’s Fish Bar zu sein. Der Mann vom Fire Service und eine der Krankenschwestern waren auch in jener Nacht hier gewesen als O’Rourke ermordet wurde.

      Aber sie waren ihm nicht begegnet.

      „Wenigstens haben wir jetzt den Zeitpunkt des Mordes noch etwas mehr eingrenzen können“, meinte Milo, als wir ins Freie traten. Die kühle Luft hier draußen sorgte dafür, dass ich wieder etwas wacher wurde.

      „Überlegen wir mal, was geschehen ist, Milo“

      „Muss das sein, Jesse?“

      „O’Rourke wurde angerufen. Nehmen wir mal an von Gonzales, der ihm vielleicht gesagt hat: Ich warte auf dich hier draußen!“

      „Er wollte nicht in die Fish Bar, um später nicht identifiziert werden zu können.“

      „Genau, Milo. Gonzales war wahrscheinlich schon auf der Pier und hat dort auf O’Rourke gewartet.“

      Wir gingen in Richtung der Pier, wo noch immer die Blutlache zu sehen war und kamen dabei an dem Lagerhaus auf der linken Seite vorbei.

      Als