Mathias J. Kürschner

Siebenkampf


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      6. Die Frucht der Hingabe (Joh 12,20–26)

      7. Auferstehung

      Epilog

      Verzeichnis der Texte nach Bibelstellen

       Vorwort

      Eine Gesellschaft, die Gott vergisst, wird auch ihre Menschlichkeit verlieren, weil ihr das Gegenüber aus den Augen gerät, das ihr zum Spiegelbild der eigenen Seele gegeben ist. Es werden den Menschen dann andere Bilder prägen. Er wird sich zum Affen machen und auf den Hund kommen. Wer aber zu sich selbst kommen will, der muss sich prägen lassen von Gott, muss seinen Charakter durch ihn formen lassen, damit er echt wird, genuin er selbst! Das wird eine Bildungserfahrung vom allerfeinsten, die auf einen bestimmten Weg ausrichtet, und die persönliche Lebensvision schärft. Diese fokussiert ihn auf das Bild, das von Ewigkeit her sein Ureigenstes ist und den Weg Gottes als seinen eigenen beschreiten lässt. Andere Wege wird er dann - als billige Kopien entlarvt - bewusst auslassen. Das Kraftzentrum dieses Weges ist eine Lebensgemeinschaft mit dem erstaunlich menschlichen Schöpfer, die dann auch eine besonders Vernetzungskultur der Mitmenschlichkeit hervorbringt. Dieser wohnt naturgemäß das Potential bemerkenswerter Kreativität und Produktivität inne, weil sie auf Energien zurückgreifen kann, die im besten Sinne „regenerativ“ sind. Sie verbraucht sich nicht, weil sie nicht aus dem Eigenen wirtschaftet, sondern aus der Kraft spendenden Erfahrung der Liebe. Ein nicht geringer Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Typ von Menschen, der sich und andere als Verbraucher versteht - und folgerichtig verbraucht.

      Das bedeutet übrigens nicht, dass nun alles ganz easy auf eine Wellness-Performance hinausläuft. Leidenschaftliches Leben kommt nicht umhin, auch am Leben zu leiden, für das es sich hingibt. Fluchtpunkt des Lebens ist deshalb nicht die Tiefenentspannung, sondern das Kreuz. Von außen betrachtet sieht das mehr nach Verendung als nach Vollendung aus. Nur dem, der sich hingibt, erschließt sich das Geheimnis der Liebe von innen her. Und in der Tat: Unser Leben erlebt seine Erfüllung immer auch durch Kampf hindurch, nicht selten in Selbstüberwindung und Selbstüberschreitung. Dabei ist die Geschichte unserer inneren Siege immer auch eine Topografie der Narben. - „Siebenkampf“, das ist die Geschichte der Kämpfe unseres Lebens. Der Kampf um Vertrauen. Das Ringen um Echtheit. Die mühevolle Gestaltwerdung der eigenen Existenz in Konzentration und Ausrichtung auf das Wesentliche. Das herausfordernde Abenteuer der Beziehung zum Du. Der Kampf um Gestaltungsspielräume und Kreativmacht. Und nicht zuletzt: Die Zerreißprobe echter Leidenschaft, die jedem wirklich gelebten Leben innewohnt.

      Formal ähnelt dieser Weg dem bekannten psychologischen Schema der lebensgeschichtlichen Entwicklungsstadien von Erik H. Erikson. Dieses skizziert die spezifischen Herausforderungen des Lebens vom Säuglings- bis zum Erwachsenenalter und legt dabei ein besonderes Augenmerk auf die menschliche Identitätsbildung. Wer bin ich, dem das Leben so oder so begegnet? Wer bin ich, der ich gerade an dieser oder jener Front meine besonderen Baustellen habe? Dieses Buch will es aber gerade nicht bei einer psychologischen Betrachtung belassen, obwohl diese für sich durchaus anregend und bereichernd sein kann. Denn der Autor geht davon aus, dass in der Identitätsfrage nach dem „Wer“ (bin ich?) eine Außenperspektive mitgedacht sein will, die einerseits nach sinnhaften Strukturen unsere Welt, aber darüber hinaus auch nach der geistigen Urheber-DNA fragt, die unserem Dasein eine prägende Richtung gibt. Sie hat uns in diesen Kampf gestellt hat, und sie hat zugleich die Expertise, uns darin zu unterstützen. Damit bekommt das ganze eine spirituelle Dimension, die aber deshalb gerade nicht einen Sonderbereich der seelischen Erhebung kennzeichnet, der beim Yogakurs dienstagnachmittags oder dem Klosterwochenende abzuhandeln wäre. Sondern es geht um eine Dimension, die das Leben als Ganzes gleichsam als eine Tiefen-, oder besser: „Höhen-“dimension durchwirkt.

      Dass der Autor dabei auf den christlichen Glauben rekurriert, ist dabei kein Akt der Beliebigkeit. Dieser beschäftigt sich nämlich zentral mit dem Mysterium der Menschwerdung - und zwar der Menschwerdung Gottes. Jesus Christus ist dabei verstanden als der wahre Mensch, als die Schöpfung 2.0, als das Benchmark und Fenster in die Welt Gottes. Und wer einmal diese Aussicht genossen hat, der wird einen bleibenden Eindruck davon behalten. Eindrücke haben die Eigenschaft, zu formen. Und dieser Eindruck bringt wahrhaft Menschen in Form, so dass sich Menschwerdung auch beim Betrachter noch einmal in einem ganz anderen Sinne ereignen kann. Der christliche Glaube ist hierzu äußerlich nüchtern betrachtet erst einmal eine Ressource zum Leben, gleichsam eine Sehhilfe, die den Code unseres Lebens orientierend zu entschlüsseln hilft. Dem Insider ist er natürlich ungleich mehr. Es ist eine Liebeserklärung des großen Geheimnisses dieser Welt - wir nennen es Gott - an sein Geschöpf. Es ist eine vitalisierende Beziehung zum Leben selbst, ein Tsunami der Sinnhaftigkeit und Horizonterweiterung, durch die sich der Mensch, alle naturalistischen Kurzschlüsse hinter sich lassend, in einer hingebungsvollen Beziehung zur Welt aufgehoben weiß, die im innersten Kern nicht „Survival of the Fittest“ bzw. Selbstverwirklichung, sondern Opferbereitschaft als die DNA der Liebe zusammenhält. Das Grunddatum der Menschwerdung Gottes dient also zum Update des Menschen, um die kleinen und großen Kämpfe des Lebens besser ver- und bestehen zu können.

      Seine verschiedenen Facetten sind in diesem Buch anhand von Kerntexten der Bibel in einer Form dargeboten, dass sie hintereinanderweg gelesen gleichsam als großes Service Pack „installiert“ bzw. „inhaliert“ werden können. Der Siebener-Zyklus mit seinen 7x7 Abschnitten fügt sich aber auch durchaus als tägliche Atempause in einen 7-Wochen Turnus ein, wie ihn etwa die Passionszeit der Kirche begeht. Zur Vorbereitung auf den Kampf gehört ein entsprechendes Warm up, das inhaltlich in das jeweilige Kapitel einführt. Der Gruppen-Workout regt mit unterstützenden Fragen als Stimulantium zur persönlichen Auseinandersetzung mit dem Thema an und kann auch gut in der Gruppenlektüre verwendet werden. Der Hauptabschnitt Isotonisches zur Wegzehrung bietet schließlich verschiedene Aspekte zur Vertiefung des jeweiligen Themas auf der Ausdauerstrecke Alltag, wo sich das Leben bewährt. Dabei gelten die Worte Heraklits: „Der Kampf ist der Vater aller Dinge. Die einen macht er zu Sklaven, die anderen zu Freien.“

       Mathias J. Kürschner

       1. Belastbar! - Zuversichtlich durchs Leben

      Wir leben in Zeiten einer umfassenden Vertrauenskrise. Das betrifft nicht allein das Bankenwesen. Es umfasst den gesamten Unternehmenssektor, Institutionen und natürlich auch den Einzelnen in unserer Single-Gesellschaft. Vielleicht ist es geradezu ein Kennzeichen sich ausdifferenzierender Individualisierungsprozesse, dass der „Vertrauenskit“ zwischen den Menschen brüchig wird und dann folgerichtig die Devise „Everyone for himself“ bis zur letzten Konsequenz ausgelebt wird. In Ermangelung vitaler moralischer Instanzen laufen die Lösungsmuster gesellschaftlicher Verantwortungseliten meist lediglich hilflos auf eine Verschärfung der Gesetzgebung hinaus, die den erlittenen Vertrauensmissbrauch einschränken soll. Unglücklicherweise verschärft diese aber nur die Vertrauenskrise. Denn jeder ahnt, dass der Gesetzgeber so eine Art Bestatter ist, der dann die Arbeit aufnimmt, wenn jede andere Hilfe bereits zu spät gekommen ist.

      Ist es zu spät für Vertrauen? Man kann noch Hoffnung haben. Denn Vertrauen ist auch ein wichtiger Schmierstoff für die Wirtschaft, dessen Vorhandensein maßgeblichen Anteil für den Erfolg eines Unternehmens zeichnet. Management-Guru Fredmund Malik schreibt: „Im letzten kommt es darauf an, dass zwischen Unternehmen und Mitarbeitern gegenseitiges Vertrauen herrscht. Wo wechselseitiges Vertrauen herrscht, findet sich meist auch Motivation unter der Mitarbeiterschaft, und zwar ohne, dass man diesbezüglich besondere Maßnahmen ergriffen hätte. Misstrauen dagegen verhindert Motivation. Vertrauen schafft eine robuste, eine belastbare Führungssituation, die über viele Fehler im Management hinweghilft.“ - Geht doch! Auch wenn man auf das durchschnittliche Gewissen nicht mehr allzu viel wetten möchte - auf das Management und die Wirtschaft ist Verlass. Denn was Profite verspricht, wird noch immer möglich gemacht. „Ich glaube an die Deutsche Bank. Denn sie zahlt aus in bar…“

      Wer’s glaubt…! Es fragt sich nämlich, inwiefern es sich beim Vertrauen um eine operationalisierbare Größe handelt: Kann man Vertrauen „machen“, herstellen? Oder ist es nicht ein Phänomen, das aus dem Sein von Personen erwächst, sozusagen die Aura ausmacht, die den Personkern eines eben vertrauenswürdigen Gegenübers umweht. Handlungen verweisen dabei auf eine Haltung, die ihrerseits