Wolfram Schön

Handbuch der erfolgreichen Kommunikation


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führen müssen. Auch das maximale Jahresgehalt ist in der Regel ein Muss-Kriterium. Dementsprechend kann es sein, dass die beste Bewerberin aufgrund der Gehaltsvorstellungen „zu teuer“ ist und dadurch an dem Muss-Kriterium „maximales Jahresgehalt“ scheitert. Das Ergebnis der einzelnen Muss-Kriterien ist immer ein klares „Ja“ oder „Nein“. Innerhalb der beiden Gruppen Muss/Kann gilt es im nächsten Schritt eine Priorisierung durchzuführen. Bei fünf Kann-Kriterien erfolgt eine Abstufung von 5 nach 1. Das wichtigste Kriterium erhält die Priorität „5“, das niedrigste die „1“. So entsteht eine Liste mit priorisierten Kriterien.

       Stufe 5: Alternativen

      Jetzt geht es darum, Alternativen bzw. Alternativprodukte zu sammeln, die nach erster Begutachtung in den Auswahlprozess einfließen könnten. Im Fall des Druckers sind die Angebote verschiedener Anbieter zusammenzutragen, dann ist eine Vorauswahl zu treffen. Als Anhaltspunkte für die Vorauswahl sind die Muss-Kriterien zu verwenden. Im Personalauswahlprozess gilt es letztendlich zu entscheiden: Wen laden wir ein?

       Stufe 6: Bewertung der Alternativen

      Nun gilt es den Entscheidungsprozess mit der Bewertung der Alternativen abzuschließen. Jede Alternative wird bewertet. Bei den Muss-Kriterien geht es nur um das „Ja/Nein“. Ist der Preis pro Blatt ein Muss-Kriterium (z.B. weniger als 3 Cent pro Seite), fallen sicher schon viele Drucker raus. Alle übrig gebliebenen Alternativprodukte werden jetzt mittels der Kann-Kriterien bewertet. Sind noch vier Produkte „im Topf“, dann werden die Produkte mit Werten von 1 bis 4 beurteilt. Das Gerät, das am besten das jeweilige Kriterium erfüllt, erhält 4 Punkte, die anderen 3 und 2 Punkte. Die schlechteste Alternative der vier Produkte erhält nur einen Punkt. Nach der Multiplikation mit dem Wert der Priorität und dem Zusammenzählen der Punktzahlen ergibt sich für jede Alternative eine bestimmte Punktzahl. Die Alternative mit der höchsten Punktzahl geht als beste aus der Entscheidungsanalyse hervor. In unserem Beispiel wäre dies Drucker #2.

       Stufe 7: Entschluss absichern

      Jetzt gilt es die beste Alternative nochmals auf mögliche Risiken hin zu überprüfen. Doch was heißt hier Risiken? Dazu betrachte ich ein neues Beispiel.

       Robert und Melanie wollen heiraten. Melanie hat in ihrer Firma die Entscheidungsanalyse kennen und schätzen gelernt. Deshalb hat sie diese auch für die Auswahl der Location für die Hochzeitsfeier angewendet. Als beste Alternative ist das Gartenlokal „Wedding am See“ hervorgegangen, eine auf Hochzeiten spezialisierte Location direkt an einem See, mit großzügiger Gartenanlage und einer kleinen, überdachten Terrasse. Die Feier soll am 14. April stattfinden. Das Risiko heißt hier „Wetter“. Sollte es regnen, dann wird es auf der kleinen Terrasse eng und sicher etwas chaotisch.

      Die Risikoanalyse fragt jetzt nach der Eintrittswahrscheinlichkeit und den Auswirkungen des Risikos. Regenwahrscheinlichkeit im April: 30%. Auswirkungen: Wenn es regnet, fällt die Hochzeit im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: 1. Die Verlegung in den Hochsommer, so wird die Eintrittswahrscheinlichkeit „Regen“ reduziert, und 2. Die Verlegung in ein nahes Hotel, das einen tollen Saal bereitstellen könnte und eine kleine Terrasse mit kleinem Garten hat. Damit würde das Ausmaß der Auswirkungen verringert, denn bei Regen könnte im Saal ungestört weitergefeiert werden. Nun, Robert und Melanie haben sich entschieden. Die Eheleute wollen unbedingt bei „Wedding am See“ feiern und verschieben die Feier deshalb in den Hochsommer. Um das Ausmaß eines potenziellen Regengusses dennoch zu reduzieren, haben sie ein großes Zelt in den Auftrag an „Wedding am See“ aufgenommen. Und das Bauchgefühl bestätigt: Ja, das ist genau das, was wir wollen!

       Anmerkung

      Die Entscheidungsanalyse ist ein tolles Instrument. Der Vollständigkeit halber möchte ich erwähnen, dass diese eigentlich aus drei Teilen besteht, sofern es um Entscheidungen in Problemsituationen geht und eine beste Lösung, eine beste Vorgehensweise gesucht wird:

      1. PA = Problemanalyse (genaue Beschreibung des Problems)

      2. EA = Entscheidungsanalyse (wie dargestellt)

      3. APP = Analyse potenzieller Probleme (wie in Schritt 7 kurz skizziert)

      Ich möchte jedem empfehlen, diesen Beitrag als einen Impuls zu verstehen, sich mit dem Thema Entscheidungsanalyse zu beschäftigen. Sie werden nicht nur Spaß daran haben, sondern in der Realität eindeutig bessere und sicherere Entscheidungen treffen.

      03 Intuition – eine wichtige Entscheidungshilfe

      Die Intuition und das Bauchgefühl werden häufig als Gegenspieler einer sachlichen Entscheidungsanalyse gesehen. Mitnichten! Beides ergänzt sich fantastisch, und mehr noch: Gerade in der Wirtschaft werden viele Entscheidungen mit Bauchgefühl getroffen – zumindest aber damit abgesichert. Die Erfahrung hat gelehrt, dass es sich lohnt, bei einer Entscheidung das Bauchgefühl ebenfalls zu beachten.

       Im Monat 6 der Probezeit eines Produktmanagers der Marketingabteilung sitzen der Personalleiter und die Marketingchefin zusammen und sprechen über das bevorstehende Meeting. Dann fällt der Satz: „Hätte ich damals doch auf mein Bauchgefühl gehört, dann müssten wir jetzt hier nicht sitzen, gleich eine Kündigung aussprechen und dem neuen Kollegen das CV versauen.“ Vor knapp sechs Monaten sah doch alles so gut aus. Tätigkeitsprofil erstellt, Assessment Center veranstaltet und sogar eine Entscheidungsanalyse durchgeführt. Aber es hat dann doch nicht gepasst.

      Fast jeder kennt solche Situationen. Man hatte nach einer strukturiert erarbeiteten Entscheidung ein Grummeln im Bauch, aber das Gefühl verdrängt. Intuition ist gefühltes Wissen, das man natürlich nicht begründen kann. Daher ist es wenig sinnvoll, jemanden nach Gründen für eine intuitive Entscheidung zu fragen. Was steckt dahinter und was sagt die Wissenschaft dazu? Gigerenzer [1] schreibt: „Große Teile unseres Gehirns arbeiten unbewusst, einschließlich der Großhirnrinde. Was dort gespeichert wird, ist die Grundlage von Intuition. Sich diese unbewusste Intelligenz zunutze zu machen, ist ein wesentlicher Schlüssel für gute Entscheidungen in einer unsicheren, komplexen Welt.“

      Intuition und Bauchgefühl melden sich ständig und bestimmen unser Handeln und unsere Gefühle. Sympathien gegenüber anderen Menschen, die Gewissheit, dass man mit der neuen Chefin richtig gut

      Zusammenarbeiten wird, und das innere Gefühl, dass man dem neuen Finanzberater wirklich vertrauen kann, sind Ausdruck unserer Intuition.

      In der Neurophysiologie bezeichnet man die Reaktionen wie das Kribbeln im Bauch, die innere Unruhe, die flattrig werdende Stimme und das flaue Gefühl im Magen als somatische Marker. Sie entstehen durch das Zusammenwirken von äußeren Gegebenheiten mit bewusst wie unbewusst gemachten Erfahrungen in der Vergangenheit. Die körperliche Reaktion vermittelt dann das „Ergebnis“ dieser Reflexion – positiv wie negativ. In einer sich ständig schneller drehenden Welt, die immer schnellere Entscheidungen fordert, ist es gut, sich mit der Intuition anzufreunden, denn diese befähigt uns dazu, warnt uns aber auch vor möglichen, nicht direkt wahrnehmbaren Risiken und Gefahren. Gerade auch in agilen Arbeitsprozessen werden Entscheidungen zunehmend auf die Ebene von Teams delegiert. Hier ist das Wissen um die Methode der Entscheidungsanalyse ebenso wichtig wie das Zulassen von Intuition und Bauchgefühl. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass selbst erfolgreiche Konzernchefs angeben, mindestens 10 Prozent ihrer Entscheidungen aus dem Bauch heraus zu treffen. Eine interessante Aussage kam von Netflix‘ Content-Chef Ted Sarandos, als er 2019 vom Branchenportal Vulture nach dem Serienerfolg der Netflix-Produktionen gefragt wurde: „70% sind Bauchentscheidung und 30% basieren auf Datenanalyse.“

       Was ist zu tun?

      Nehmen Sie Ihre Gefühle, Ihre Intuition und Ihr Bauchgefühl an. In der Regel wirken sie nicht als Stolpersteine, sondern sind gute Berater bei Entscheidungen. Ich persönlich bin ein großer Anhänger einer strukturierten Entscheidungsanalyse. Trotzdem schätze ich meine Intuition und bin mir sicher,