sah, wie Werner seinen bis zur Bewusstlosigkeit geschüttelten Samen durch die Luft spritzte, erstarrte zur Säule. Wie ein lauerndes Tier sprang Werner von der Couch auf, rannte zu mir herüber, krallte sich in meinem Arm fest, schüttelte mit der anderen Hand weiter, um auch dem Rest den Rest zu geben. Ich hätte kotzen können vor Angst und Ekel, befahl mir absolute Ruhe – eine Disziplin, die unter den Umständen eine echte Herausforderung war. Ich hielt eiskalt Augenkontakt zu ihm, merkte am Nachlassen seines Händedrucks auf meinem Arm, dass er sich völlig verausgabt hatte. Erschöpft ging er zur Couch und sank nieder.
Mein Adrenalin erreichte den Höchststand. Ich grabschte pfeilschnell das Geld vom Tisch, knüllte es in meiner linken Hand, reckte mich herüber, riss meine Sachen vom Ständer. Bückte mich nach meinen Schuhen, die ich mir unter den Arm klemmte. Sprintete barfuß im wehenden Negligé den roten Teppich entlang in Richtung Ausgang. Drehte den Schlüssel, knipste das Licht aus und riss die quietschende Tür auf. Rannte wie ein Wiesel, bepackt wie ein Esel, in einem Affenzahn über den asphaltierten, von der Sonne aufgeheizten Parkplatz.
Alles in meinem Körper drehte auf Hochtouren. Nie fühlte ich eine derartige Freiheit. Ich verdoppelte den Sprint. An der Abzweigung nach links lief ich den Berg hoch, schaute kurz rechts, stockte, weil ich die Orientierung verloren hatte, entschied mich für links, betete, schrie mein Gebet in die Luft, schaute abwechselnd über meine Schulter, ob er mich schon verfolgte. Lieber Gott, bitte halt ihn zurück. Lass ihn nicht folgen, sonst bin ich hier in der Prärie verloren. Kein Baum, kein Strauch, keine Hütte oder Lastwagen. Ich schaute auf staubiges Gelände.
Bitte, bitte hilf mir. Hilf mir, diesen Scheißkerl loszuwerden. Ich werde Gutes tun. Bitte, lieber Gott, verlass mich nicht. Ich sah Molly, wie sie zittrig an ihren Nägel kaute, wie das rotumrandete Nagelbett blutete.
Mir wurde so wahnsinnig warm an den Schenkeln, an meinen Beinen. Wieso nur? Ich lief weiter – nur nicht anhalten! Das konnte den Tod bedeuten, ermahnte ich mich. Ich schrie laut um Hilfe, nur um es gleich wieder einzustellen. Es war sinnlos. Hier war weit und breit absolut niemand. In ein Auto würde ich nicht mehr so ohne Weiteres steigen, mich auch nicht mehr mit Geld ködern lassen. Es tat weh, seiner eigenen Dummheit zuzusehen. Ich erkannte meinen Fehler und war sauwütend auf mich.
Ängstlich drehte ich mich um, suchte mit den Augen etwas Öffentliches, eine U-Bahn oder einen Bus, hatte nur kurz angehalten, um das dämliche Nachthemd abzustreifen und meine Klamotten anzuziehen. Dann hielt ein Bus, ein wunderschöner, silbriger Bus. Ich war noch nie so glücklich, einen Bus zu sehen. Sein Schild informierte mich, dass er auf Betriebsfahrt war. Der Fahrer blickte irritiert zu mir herüber, als ich wild mit den Armen ruderte. Ich versuchte hüpfend, seine Aufmerksamkeit zu erregen, hoffte, dass er meinen desolaten Zustand, meine Not erkannte.
Das tat er. Bill Anderson, so stand es auf der Ausweisplakette auf dem Armaturenbrett, nahm mich mit und setzte mich an einer U-Bahn-Haltestelle ab. Ich blies ihm ein Handküsschen als Dankeschön, belohnte ihn mit meinem nettesten Lächeln. Keine Ahnung, wie ich nach Hause kommen würde. Meine Erlebnisse fühlten sich völlig unrealistisch an, als wenn ich in einem Film gewesen wäre und dort mehrere Rollen und Szenen gespielt hätte.
Könnte schreien!
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