in einem ziemlich reservierten Tonfall.
"Ein paar Stunden schon..."
"Was willst du hier? Geld?"
"Ich habe das mit Vater gehört und da..."
"Im Krankenhaus bist jedenfalls noch nicht gewesen!" Ihr Gesicht war eisig geworden und ihr Gegenüber musste ihre letzten Worte wie ein Schlag ins Gesicht empfinden. Aber Brian zuckte nur mit den Achseln, als wäre es nichts.
"Na, und? Ich dachte mir, ich komme erst einmal hier her!"
"Vater ist inzwischen gestorben!"
Zunächst verursachte diese Nachricht bei Brian keine sichtbare Reaktion.
Dann zuckte er erneut mit den Schultern.
Geraldine wandte sich zu Bount herum.
"Das ist Brian Kostler - mein ehrenwerter Herr Bruder!" Bount nickte ihm zu und Brian hob sein Glas.
"Angenehm!", rief er und stand dann auf. Er war sichtlich unsicher auf seinen Füßen. "Vielleicht sagst du mir mal, wen du da mitgebracht hast, Schwesterherz! Ein Geliebter vielleicht?"
"Du bist geschmacklos, Brian!"
"War ja nur eine Frage!"
"Das ist Bount Reiniger. Er ist Privatdetektiv und soll herausfinden, wer Vater umgebracht hat!"
Brian Kostler verzog das Gesicht.
Dann brummte er: "Das liegt doch auf der Hand! Maldini hat ihn endlich erwischt! War ja letztlich auch nur eine Frage der Zeit!" Er rülpste erneut.
"Das ist eine Vermutung", erklärte Bount Reiniger. "Mehr nicht."
"Klar, ich verstehe!", meinte Brian. "Sie wollen auch Ihr Geld verdienen. Habe ich Verständnis für! Bestimmt! Und unser alter Herr war ja auch kein armer Mann! Da können Sie gesalzene Honorare einfordern!" Er wandte sich an Geraldine. "Du musst wissen, was du tust, Schwester!"
"Ich weiß sehr genau, was ich tue!", versetzte Geraldine bissig. Brian wandte sich ab, nahm eine der Flaschen vom Tisch und verließ den Raum. Irgendwo hörte man ihn eine Treppe hoch schlurfen.
"Ihren Bruder haben Sie mir bisher verschwiegen, Miss!", meinte Bount.
"Sie haben mich bisher auch nicht danach gefragt!"
"Eins zu Null für Sie, Geraldine! Ihr Verhältnis scheint nicht das Beste zu sein, habe ich Recht?"
Sie atmete tief durch.
"Brian hat ein paar Probleme." Sie deutete auf die Flaschen und Bount verstand, was sie meinte.
"Das ist nicht zu übersehen", meinte er.
"Er trinkt unmäßig, ist über dreißig und hat bisher immer nur von dem gelebt, was Dad ihm geschickt hat."
"Er lebt nicht in New York, nicht wahr?"
"Nein, in San Francisco. Dort hat er studiert - oder besser gesagt: Er hat dort das getrieben, was er so zu nennen pflegt! Es wundert mich, dass er offensichtlich genug Geld zur Hand gehabt haben muss, um sich einen Flieger von Frisco nach New York zu leisten."
"Wir sollten uns jetzt beeilen, Miss!", meinte Bount.
"Beeilen?"
"Ja, mit der Durchsicht der Sachen Ihres Vaters. Wenn die Polizei erst einmal alles in Unordnung gebracht hat."
"Sie meinen, dass die noch kommen?"
"Es ist ein Wunder, dass sie noch nicht da waren! Wahrscheinlich sehen die sich erst einmal die Büro-Räume der Larry Kostler Holding an!"
8
Die Durchsicht der Privatsachen von Larry Kostler brachte kaum neue Erkenntnisse.
Sie wollten es schon aufgeben, da tauchte ein merkwürdiger Brief auf. Geraldine fand ihn in einem der Jacketts ihres Vaters. Die Buchstaben waren aus Zeitungen und Magazinen herausgeschnitten und auf ein weißes Blatt Papier geklebt worden: ENDLICH HABE ICH DICH GEFUNDEN, DU RATTE! DEIN LEBEN IST KEINEN CENT MEHR WERT!
Geraldine gab Bount das Papier und dieser las mit nachdenklichem Gesicht die zwei Zeilen.
"Könnte Maldini sein, nicht wahr?", meinte Geraldine. Bount Reiniger nickte.
"Ja, es passt alles zusammen..."
Als Bount und Geraldine wieder ins Wohnzimmer zurückkehrten, klingelte es an der Tür.
Das Hausmädchen machte die Tür auf.
Wenig später geleitete das Mädchen zwei Männer ins Wohnzimmer.
Einer von ihnen trug eine Polizeiuniform, der andere war in Zivil.
Aber in was für einem Zivil!
Bount Reiniger musste unwillkürlich etwas Schmunzeln. Der Mann trug einen riesigen Stetson auf dem Kopf und eine kurze braune Jacke, dazu Blue Jeans und Cowboystiefel. Er sah aus, als wäre er einem Wildwest-Film entstiegen. Lediglich die Rolex an seinem Arm störte diesen Eindruck ein wenig.
Er zog seine Marke hervor und hielt sie Bount und Geraldine entgegen.
"Cummings, Kriminalpolizei!", raunte er. Er hatte einen furchtbaren Akzent.
Vielleicht Texas, vielleicht New Mexico - Bount war sich nicht ganz sicher. Vielleicht handelte es sich um eine Mischung. Jedenfalls lag sein Geburtsort sicher sehr, sehr weit südlich. Cummings holte ein Papier aus der Tasche und hielt es Geraldine unter die Nase.
Bount brauchte gar nicht erst hinzusehen. Er wusste auch so, worum es sich handelte. Solche Blätter hatte er oft genug gesehen!
Bount lächelte dünn, während Cummings eine überaus wichtige Miene aufsetzte und sich breitbeinig aufbaute. Er wandte sich an Geraldine.
"Wir haben einen Durchsuchungsbefehl, Miss Kostler. Ich denke, Sie machen uns keine Schwierigkeiten!" Sein Tonfall war ziemlich scharf und Geraldine Kostler machte einen teils überrumpelten, teils verwirrten Eindruck.
"Nein, natürlich nicht! Warum sollte ich?", meinte sie und hob dabei die Augenbrauen.
Cummings zuckte mit den Schultern.
"Hätte ja sein können." Dann wandte er sich an Bount. "Darf ich fragen, wer Sie sind und was Sie hier zu suchen haben?" Die burschikose Art seines Gegenübers sagte Bount nicht allzu sehr zu. Aber er sagte sich, dass dahinter vermutlich eine große Unsicherheit verborgen lag.
Bount hoffte nur, dass sich mit diesem Cowboy zusammenarbeiten ließ, denn schließlich waren sie beide hinter demjenigen her, der Larry Kostler auf dem Gewissen hatte. Bount stellte sich vor.
"Mein Name ist Reiniger", sagte er. "Ich bin Privatdetektiv."
"Zeigen Sie mal ihren Ausweis!"
Bount holte ihn hervor und hielt ihn Cummings hin. Dieser nahm ihn mit einer nachlässigen Geste an sich. Cummings warf einen Blick auf das Dokument, nickte dann und gab es seinem Besitzer zurück.
"Okay. Und was tun Sie hier?"
"Miss Kostler hat mich engagiert, um den Mörder ihres Vaters zur Rechenschaft zu ziehen!"
Cummings schob sich den riesigen Stetson in den Nacken und verzog das Gesicht.
Die Anwesenheit des Privatdetektivs schien ihm nicht so recht zu schmecken.
"Sie vertrauen der Arbeit der Polizei nicht?", brummte er. "Ist ja reizend..."
"Nehmen Sie es nicht persönlich", meinte Bount und lächelte dünn.
Cummings machte eine großspurige Geste.
"Wie käme ich dazu", meinte er sarkastisch. Er nahm es sehr wohl persönlich, das war ihm deutlich anzusehen.
"Dann ist ja alles in Ordnung!", murmelte Bount und dabei dachte er: Der Mann hat etwas von einem bissigen Terrier,