Martina Kleinlein

Ist Frieden nicht möglich?


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Jeder behauptet, dass sein Weg der richtige ist, weil er auf diesem Weg Erfahrungen gesammelt hat, von denen er überzeugend sprechen kann. Aber nur weil welche von Norden kommen und andere vom Süden, Westen oder Osten, können wir uns trotzdem am gleichen Ort treffen, einem Ort der Akzeptanz und des gegenseitigen Wohlwollens. Ein dauerhafter Frieden ist keine Illusion und die Bemühungen dafür sind gar nicht so gewaltig und aussichtslos, wie die meisten denken.

      Ich möchte noch darauf hinweisen, dass dieses Buch eher aus einer Zusammenfassung von Zitaten besteht, die notwendigerweise in einer bestimmten Anordnung aufgeführt sind, damit der Leser meinem Denken folgen kann. Das Buch soll zum Nachdenken anregen. Ich möchte weder eine neue Religion gründen, noch will ich irgendeinen wissenschaftlichen Durchbruch erzielen. Mein Ziel ist einfach nur ein besseres Zusammenleben auf diesem Planeten und der Erhalt desselben mit all seiner Fülle und seinen Lebensformen.

      Alle Kommentare entstammen meinem eigenen Verständnis, vorliegende Wahrheiten zu einem Ganzen zu verknüpfen. Dabei vermeide ich absichtlich eingefahrene Pfade von Deutungen, um aus einer anderen Warte aus zu sehen. Manches mag philosophisch betrachtet nicht dem Lehrplan der Universitäten entsprechen, aber ich gehe davon aus, dass jegliche Deutung einen Anfang mit einer gelehrten Person hatte, worauf dann alle anderen reagiert haben, und so bereits ein vorgeprägter Ansatz des Denkens aus einer Richtung vorgeherrscht hat. Demzufolge hat es sich eingebürgert, dass der Weltfrieden oftmals nur als Gehirngespinst erscheint, dem ich überhaupt nicht zustimmen kann.

      Da ich keine Philosophie studiert habe und meine Zusammenhänge sich auf mein eigenes Verständnis von Welt und Religion beziehen, kann es durchaus Abweichungen geben, die studierten Gelehrten falsch erscheinen mögen. Aber da sich alles bis zum Ende steigert und dann stimmig wird, ist mir eine andere Sichtweise und die gängige Anpassung an dieselbe egal.

      Die Einsicht, die ich entwickelt habe, entspringt allein aus der Verknüpfung von Gehörtem mit meinen Lebenserfahrungen. Es mag andere Denker geben, die vielleicht zu den gleichen Schlüssen gelangt sind wie ich, denen möchte ich ihr Gedankengut natürlich nicht stehlen, möchte aber darauf hinweisen, dass es bei den vielen Milliarden Menschen auf der Erde immer welche gibt, auch immer welche gab, und auch immer welche geben wird, die in diesem oder jenem Punkt das gleiche denken können. So wurden z. B. in der Vergangenheit die gleichen Erfindungen an weit auseinander liegenden Orten kreiert. Aber meine persönlichen Aufzeichnungen und monatelangen Recherchen beweisen, wie ausführlich ich mich mit diesem Thema befasst habe.

      Frieden zu halten ist nicht nur ein fantastischer Wunsch, sondern hängt lediglich von unserem Denken und unserem Glauben ab. In den vielen Weltreligionen wird die Notwendigkeit des Friedens für ein glückliches Leben hervorgehoben. Ohne Frieden ist ein unbeschwertes Leben gar nicht möglich.

      1 Der Beginn aller Fragen

      Meine Gedanken über den Frieden haben sich erst in den letzten Jahrzehnten vertieft, doch entspringen sie einem Denkprozess, der schon in meiner Kindheit begann. Der Grundstein zur Suche nach der Wahrheit wurde durch folgendes Erlebnis gelegt:

      Ich hatte alles geplant. Meine Eltern waren an diesem Abend nicht zu Hause. Eine Freundin von mir hatte gesagt, es ist gar nicht so schlimm, man ist dann in einer anderen Welt - und das war es, was ich wollte. Ich wollte zu Gott, wollte vieles wissen.

      Ich war 15 Jahre alt, lebte in Berlin Kreuzberg, war täglich mit Leid konfrontiert. Unter uns wohnte ein Ehepaar, dessen Mann regelmäßig seine Frau schlug. Wir hörten es jedes Mal, bis mein Vater nach unten ging und zu dem Nachbarn sagte, dass er demnächst die Polizei rufen würde, was wir dann auch taten, als die Frau wieder so schrie.

      Zwei Straßen weiter von uns regierte eine Rockerbande, die Hells Angels. Ich hatte keine Angst vor denen, aber es standen immer wieder Skandalgeschichten in den Klatschblättern Berlins. Außerdem liefen Schnüffler durch die Straßen, die ihre Beine hinter sich herzogen, ausgelöst durch einen Wirkstoff im Klebstoff, der eingeatmet die Nerven zerstört, und Penner lagen mit ihren ausgetrunkenen Weinflaschen auf den Bänken am Landwehrkanal und schliefen ihren Rausch aus. Wozu all dieses Elend? fragte ich mich.

      Eigentlich ging es mir ganz gut und ich kam auch mit allem zurecht. Ich hatte Erfolg beim Theaterspiel an der Schule und hatte Freunde in meiner Klasse. Außerdem vertrat ich das Amt der stellvertretenden Schulsprecherin, die sich um die Belange und Beschwerden der einzelnen Klassen kümmerte.

      Dabei war es nicht so einfach, sich in Berlin durchzusetzen. Schon als Kind musste man eine große Klappe haben, denn es gab viele Straßenbanden in Kreuzberg. Meistens schaffte ich es, die Spielplätze benutzen zu dürfen, die von den jeweiligen Gruppen überwacht wurden, allerdings nur mit heftigem Wortgefecht und Drohgebärden.

      In meiner Gymnasialklasse gab es einen Jungen, der alkoholabhängig war, und meine Freundinnen und ich rauchten verbotenerweise auf dem Schülerklo, weil wir noch nicht das Alter erreicht hatten, wo wir es durften. Die Lehrer hatten alle Mühe mit unseren Streichen und manche Hausaufgabe wurde schnell vor dem Unterricht geschrieben.

      Unsere Nachbarin verstarb, mein erster Kontakt mit dem Tod, und beim gemeinsamen Urlaub mit Freunden tickte der Vater meiner langjährigen Freundin aus und würgte meinen Vater unter Einfluss von Alkohol, während ich daneben stand und zusah und nicht wusste, was ich tun sollte.

      Dieses Erlebnis sowie die Situation in Kreuzberg brachten mich zum Nachdenken. Noch dazu lief die Ehe meiner Eltern nicht so gut. Beide waren gereizt und stritten oft, und in dieser Stimmung bekam ich ebenfalls meinen Teil ab. Bisweilen fand ich es unerträglich.

      Ich dachte zurück an die Zeit mit meiner Schulfreundin, die der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage angehörte. Sie sagte, es wäre eine christliche Gemeinde und hatte mich gefragt, ob ich mit ihr käme, wenn sie Bibelstunde hätte. Dort besprachen wir mehr aus dem Neuen Testament als in der Schule. Mit elf Jahren unterschied ich nicht, ob nun irgendetwas anders wäre an den einzelnen religiösen Auslegungen, ich fand einfach die Gemeinschaft dort harmonisch und zuvorkommend. Die Feste, zu denen ich meine Freundin begleitete, waren stets auf Kinder abgestimmt mit vielen sportlichen Gewinnspielen und Leckereien. Auch sangen wir zu Weihnachten auf der Bühne zweistimmig. Es war eine unbeschwerte Zeit.

      Als meine Eltern davon erfuhren, dass es sich um Mormonen handelte, durfte ich nicht mehr hingehen. In den USA sind die Mormonen eine eigenständige Religion, aber hier in Deutschland wurden sie damals als Sekte bezeichnet.

      Doch abgesehen von den ganzen Sektendefinitionen habe ich in späteren Jahren für mich festgestellt, dass nicht das Denken an sich zu verurteilen ist, denn jeder Mensch denkt auf seine Art anders, sondern eigentlich, wie ich mich selber dazu verhalte. Dieses Abheben von der gesamten Welt, dieses Besser-sein-wollen, das Verurteilen und sich Absondern ist doch eigentlich das, was eine Sekte ausmacht.

      Sicherlich tut es einfach gut, etwas Besseres zu sein, das Selbstbewusstsein aufzufrischen, aber die Entfremdung, die dann einsetzt, wenn Personen selber fanatisch werden, ist der eigentliche Schaden. Die Beschränktheit, nur noch in eine Richtung zu sehen und andere Wege zu negieren, verschließt diesen Personen den eigenen Weg zur Selbstverwirklichung. Daran ist eine gewisse Angst schuld, wie wir später herausfinden. Die Angst, etwas falsch zu machen, versperrt uns den Weg, Gott oder das große Ganze zu erkennen.

      Mitunter findet sogar ein Abschalten des Denkens statt. Was ich gefährlich finde, denn sich unter Gehorsamspflicht auf das unvollkommene Denken anderer zu stützen, verbaut jegliche Möglichkeit, aus eigenen Fehlern zu lernen. Und ich meine damit nicht die Religion, sondern wie sie bisweilen ausgelegt wird. Nicht nur bei religiösen Zirkeln finden wir dieses Phänomen, sondern auch bei Vereinen, in der Familie, in politischen Gruppen, überall dort wo dominierende Personen existieren, die alle anderen beherrschen. Demnach könnte man eigentlich jede Gruppe, die Gehorsamspflicht und das Abschalten des Denkens fordert, als Sekte bezeichnen.

      Aber als Kind kümmerten mich die vielen Zersplitterungen der Religionen nicht. In Deutschland ist die Kirche der Mormonen neben den evangelischen und katholischen Christen als Religion anerkannt, ebenfalls Jehovas Zeugen und die Freikirchen. Unter Buddhismus sind die Vereinigungen aus der tibetanischen Region und Zen-Buddhismus zusammengefasst, genauso wie unter Hinduismus Indien, Sri Lanka und neuzeitliche Bewegungen dazuzählen und bei den muslimischen