Jana Hoch

Royal Horses (2). Kronentraum


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ich nicht versucht, auszusehen wie ein moderner Abklatsch von Mr Darcy.

      Ein Grinsen huschte über meine Lippen und ich wartete gespannt auf Edwards Antwort. Doch dieses Mal war er es, der sich Zeit ließ. Die Minuten verstrichen und langsam wurde ich kribbelig. War er etwa eingeschlafen? Nein, wohl kaum.

      Aber warum …?

       Edward schreibt.

      Ich legte das Handy auf den Nachtschrank und zwang mich, die Nachricht nicht sofort zu lesen. Er sollte ja nicht denken, dass ich wie gebannt darauf wartete. Der Bildschirm leuchtete und ich begann, innerlich zu zählen. Doch bereits bei vierzehn siegte die Neugier.

      Chapeau! Der Punkt geht an dich, Vlad-Girl.

      Und dann …

      Du fehlst mir.

      Keine Ahnung, wann drei einfache Worte jemals so ein Chaos in mir angerichtet hatten. Du fehlst mir. Das konnte er doch nicht einfach so schreiben. Und schon gar nicht in einer Handynachricht, von der er sofort wusste, wenn ich sie gelesen hatte.

      Ich betrachtete die Worte erneut. Eine Sekunde. Zwei. Bei drei drehte ich mich herum, warf das Handy in die Nachttischschublade, knallte sie zu und schloss die Augen, so fest ich konnte. Ich zwang mich, ruhig zu atmen, und tatsächlich wurde es nach einigen Minuten leichter. Aber an meinem aufgeregten Herzschlag oder dem zarten Flattern im Bauch änderte es nichts.

      Kein einziger Mensch lief so spät noch die Straße entlang und die spärliche Beleuchtung der Laternen tauchte die sonst friedliche Wohngegend in schauriges Licht. Ich sah zu Jordan, der auf seinem Handy herumtippte und sich immer wieder umblickte. Kein Wunder. Wahrscheinlich war ihm das Ganze ebenfalls nicht geheuer. Immerhin war es mitten in der Nacht.

      »Wie spät ist es?«, fragte ich und trommelte mit den Fingern auf den Griff meines Koffers.

      »Halb eins«, antwortete er, ließ seinen Blick über die gegenüberliegende Häuserreihe schweifen und schüttelte dann den Kopf, so als könne er kaum glauben, dass wir das gerade wirklich durchzogen. Halb eins. Also waren nun fast zehn Minuten verstrichen, seit Sixton sich gemeldet und uns angehalten hatte, draußen auf ihn zu warten.

      »Wir müssen schnell sein«, hatte er gesagt. »Und vor allem kein Aufsehen erregen. Neugierige Nachbarn am Fenster sind das Letzte, was wir gebrauchen können.«

      Ich zog den Reißverschluss meiner Jacke bis ganz oben und kam mir vor wie eine Geheimagentin, die sich für eine neue Mission bereit machte.

      Ein Aufbruch ins Ungewisse – besser hätte man die Entscheidung, die ich am Morgen zuvor getroffen hatte, wohl nicht beschreiben können.

      »Da kommt jemand«, sagte Jordan leise und im nächsten Moment bemerkte ich es auch. Am Ende der Straße näherten sich Lichter, begleitet von Motorengeräuschen. Als der Wagen schließlich direkt vor uns hielt, wechselten Jordan und ich einen überraschten Blick. Mein Bruder öffnete den Mund, wie wenn er etwas sagen wollte, schaffte es aber nicht, über den ehrfürchtigen Ausdruck hinauszukommen. Erst nach einigen Sekunden entließ er seine Atemluft mit einem Laut der Bewunderung. »Ist das ein … Rolls-Royce Phantom?«

      Ein bitte was?

      Ich hatte erwartet, dass Sixton mich in einem Geländewagen vom Gestüt abholte. Vielleicht auch in seinem eigenen oder mit Maggie, Yoricks quietschgelber Blechbüchse. Aber das hier? Eine schwarze Limousine mit getönten Scheiben? War das sein Ernst?

      Die Fahrertür würde geöffnet und noch bevor Sixton aussteigen konnte, rief ich: »Das ist ein schlechter Scherz, oder?«

      »Pardon, ich fürchte nicht, Miss«, kam es sogleich zurück.

      Die Stimme, die mir antwortete, klang aalglatt und sehr vornehm. Definitiv nicht Sixton! Im Gegenteil. Der Mann, der da ausstieg, trug einen Anzug, weiße Handschuhe und reichte Sixton gerade einmal bis zum Hals. Vielleicht etwas höher, wenn man die schwarze Chauffeursmütze mitrechnete, die auf den silbergrauen Haaren thronte.

      »Entschuldigung«, stammelte ich und kam mir vor wie eine totale Idiotin. Hätte ich nicht einfach den Mund halten können? Warum musste ich mich immer gleich blamieren?

      »Peregrin Ebenezer Merlin, zu Ihren Diensten«, stellte sich der Mann vor und nickte mir zu. Mein persönlicher Fahrer. Ich konnte es nicht fassen. Hatte Sixton nicht eben am Telefon noch davon gesprochen, dass wir unauffällig sein mussten?

      »Merlin? So wie der Zauberer?«, fragte ich.

      Der Fahrer räusperte sich. »Nein, eher wie der Vogel, nicht wie der Zauberer. Ich rühme mich äußerst scharfer Augen, aber ich bedaure, Sie in Bezug auf meine magischen Fähigkeiten enttäuschen zu müssen. Diese beschränken sich ausschließlich auf eine perfekte Champagnerbremse und darauf, meine Fahrgäste unbemerkt von einem Ort zum anderen zu bringen. Oh, und Wünsche von den Augen ablesen kann ich natürlich auch.« Er erlaubte sich ein zartes Lächeln. »Und ich denke, Sie wünschen nun schnell einzusteigen, damit uns niemand bemerkt.«

      Ich wünsche … hä? »Oh ja, natürlich.«

      Schnell umarmte ich Jordan und verfolgte aus dem Augenwinkel, wie der Chauffeur mein Gepäck verstaute. Immer noch fühlte ich mich vollends überrumpelt. Was um alles in der Welt war eine Champagnerbremse? Und von unbemerkt konnte auch wohl kaum die Rede sein. Den Menschen wollte ich sehen, dem diese Karre nicht sofort ins Auge sprang.

      Jordan behielt mich noch einige Sekunden im Arm und bestand darauf, dass wir jeden Tag telefonierten und dass ich es ihm sofort erzählte, falls Edward sich danebenbenahm oder mich zu etwas zu überreden versuchte, was ich nicht wollte …

      »Mache ich!«, versicherte ich schnell und löste die Umarmung, bevor er sich in Details verlieren konnte, die für uns beide unangenehm wurden.

      Neben uns wurde ein Fenster heruntergelassen und Sixtons Stimme erklang aus dem Inneren des Wagens. »Jetzt hüpf schon rein, kleines Mädchen. Oder willst du deinen Nachbarn noch mehr Zeit lassen, Fotos für die Klatschmagazine zu schießen?«

      Nein, natürlich nicht. Ich wollte die Tür öffnen, aber Mr Merlin kam mir zuvor. Er sprintete herbei, die Augen weit aufgerissen, als würde ich mit meiner nächsten Handlung den Countdown für eine Bombe starten.

      »Ich übernehme das, Miss«, sagte er und klang erleichtert, es noch rechtzeitig geschafft zu haben.

      Ich stieg ein und bevor er die Tür hinter mir schloss, lugte er noch einmal ins Wageninnere. »Wie steht’s?«

      Sixton warf einen Blick auf sein Handy und grinste ihm von der Rückbank entgegen. »Die Buccaneers führen zehn zu drei gegen die Miami Dolphins.«

      »Ja! Go, Tampa Bay!« Merlin lachte auf. Nur für zwei Sekunden. Dann räusperte er sich, stellte sich kerzengerade auf und schloss die Tür. Kaum dass ich mich angeschnallt hatte und sicher war, dass der Chauffeur vorne einstieg und nicht noch einmal zurückkam, konnte ich nicht mehr an mich halten.

      »Noch auffälliger ging es nicht, oder?«, begrüßte ich Sixton und verdrehte die Augen.

      Der lachte bloß. »Na doch, ich hätte deinen heißgeliebten Sparky vor die Krönungskutsche spannen können. Aber es war einfach zu spät, um Edwards Granny zu fragen, ob ich sie mir kurz ausleihen kann. Und du weißt ja, ich setze immer eher auf mehr PS.«

      Granny? Sprach er gerade von … der Königin? Oh Gott, das alles überforderte mich jetzt schon und ich war Edward noch nicht einmal begegnet. Wenn ich nur daran dachte, fing mein Bauch sofort an zu kribbeln. Vielleicht war es aber auch nur ein Hungergefühl. Ganz bestimmt. Schließlich hatte ich den ganzen Tag vor Aufregung kaum etwas gegessen.

      Der Wagen fuhr los und ich winkte Jordan, obwohl ich nicht sicher war, ob er es durch die getönten Scheiben sehen konnte. Erst als wir auf die Hauptstraße abbogen, drehte ich mich wieder um und sah mir das Wageninnere genauer an. Die Rücksitze waren durch eine halbhohe Trennwand mit eingelassenen Bildschirmen und verdunkelter Glasscheibe vom Fahrerbereich