Die Heldenreise: Obama, der Einzelkämpfer
Nun beginnt das für eine spannende Dramaturgie wichtige und übliche Auf und Ab des Helden. Nachdem Obama Massnahmen zur Beschäftigung (beispielsweise Brückenbau) erfolgreich gestartet hat, folgt die nächste Krise: Die Autobauer bitten um Geld. Dramatisch gehen in einer Fabrikhalle die Lichter aus. Die Lage ist ernst. Sogar Ex-Präsident Bill Clinton kommt zu Wort.
Weil alle anderen nichts tun oder nichts tun wollen, ist es Obama, der heldenhafte Einzelkämpfer, der die Autoindustrie rettet. Dazu ein Redeausschnitt und ein Bild vom jungen Obama zwischen seinen Großeltern, die ihm beigebracht haben, wie wichtig es ist, einen Job zu haben. Obama rettet die Automobilindustrie. Doch schon steht das nächste Problem an: das Gesundheitssystem.
Wendepunkt in der Mitte des Films
Seit Nixon ein Thema – und wieder kommt Clinton zu Wort. Mit einer Grafik werden die explodierenden Kosten gezeigt, gleichwohl hat diese Grafik nicht die Bedeutung der Beschäftigungs-Grafik. Interessant ist, dass sie – wie in der klassischen Dramaturgie – exakt am Mittelpunkt des Films gezeigt wird.
Dazu wird ein Foto Obamas Mutter gezeigt, die an Brustkrebs starb und die mit einem besser finanziertem Gesundheitssystem länger hätte leben können. Erstmals kommt Obama selbst kurz zu Wort. Und auch seine Frau Michelle.
Der zweite Plot Point
Danach geht es um Außenpolitik: Irak Soldaten konnten nach Hause gebracht werden. Ebenso wird Bin Ladens Tod auf der Haben-Seite aufgelistet. Obama bezieht Stellung zu seinen Gefühlen in dieser Situation und Bill Clinton kommentiert unterstützend. Und wie als Beweis für die Richtigkeit der Tötung wird ein Bild von Obama am Ground Zero-Denkmal gezeigt.
Und wieder wie zufällig, aber für erfahrene Präsentations-Augen ganz klar erkennbar: nach Dreiviertel des Filmes der zweite Plot Point. In den letzten vier Minuten geht es um die direkten Vorteile für die Bürger und damit Wähler. Jetzt wird aufgezählt, was der einzelne von Obamas Leistungen hat.
Am Ende: Obamas Leistung statt Krisen
Es geht nach oben. Keine Krisen mehr. Lösungen. Die Bilder dazu: Erst betroffene Menschen, dann große Persönlichkeiten wie der Dalai Lama, Präsidenten etc. und dann Obama zujubelnde Menschen.
Kurz vor dem Schlusssatz der Höhepunkt. Auch das ist klassisch. Die Beschäftigungsgrafik vom ersten Wendepunkt wird nun mit blauen Balken (die Farbe der Democrats) weiter geführt. Dabei geht sie kontinuierlich nach oben und beweist so ein letztes Mal, was Obama geleistet hat.
Sogar die Autoindustrie stellt nach nicht einmal zwei Jahren wieder ein und investiert rundum. Hier sprechen Nachrichten-Bilder. Ein wahrer Höhepunkt! Während Obama nun von Arbeitern, Kindern und Wählern bejubelt wird, folgt ein starker Schlusssatz und danach das Logo von Obama und Biden, seinem Vize.
Auch die Worte überzeugen – und erzeugen Emotionen
Bei der Wortwahl fällt deutlich auf, was die zentrale Aussage des Films ist. Obama trifft Entscheidungen. Und zwar die richtigen. Vor allem dann, wenn andere nicht wissen, was zu tun. Oder womöglich das falsche tun würden. Obama dagegen trifft richtige Entscheidungen, das gibt das Gefühl von Sicherheit.
Schon im ersten Teil geht es darum: “Not since the days of Franklin Roosevelt has so much fallen on the shoulders of one president.” Mit dieser bedeutsam betonten Aussage wird das Thema dramatisiert. Dabei wird Obama in schwarzweissen Bilder gezeigt, nachdenklich und staatsmännisch. Die Musik ist entsprechend tragend.
Alles dreht sich um Entscheidungen!
Es wird nicht nur von Entscheidungen gesprochen, sondern vor allem auch davon, dass am Anfang die erste Entscheidung war, welche Entscheidung zuerst getroffen werden muss, womit man überhaupt starten musste. Durch dieses Spiel, unterstrichen von Statements von Zeitzeugen, wird das Wort “Decisions” sehr häufig genannt.
Der Schlusssatz dreht sich folgerichtig auch um Entscheidungen. Um Entscheidungen die nicht für den Wahlkampf gemacht wurden. Entscheidungen, die auch in Zukunft getroffen werden müssen. Von Barack Obama:
“Time and time again we would see rewards from top decisions he had made. Not for quick political game, but for long term and enduring change. So when we remember this moment, and consider this president, then and now, but remember how far we’ve come, and look forward to the work still to be done.”
Fazit: Emotionaler Film mit Längen
Es ist faszinierend zu analysieren, wie die Erkenntnisse und Methoden des Altmeisters der Spannung, Alfred Hitchcock, die ich in meinem gleichnamigen Präsentations-Buch beschrieben habe, nicht nur für Präsentationen, sondern auch bei dieser Art von politischen Imagefilmen eingesetzt werden können und wirken.
Die im Spannungsbogen sorgfältig eingeplanten Emotionen kommen im Video deutlich rüber. Allerdings ist der Film trotz aller Dramaturgie und Emotion sehr langsam. Das unterstreicht zwar die Nachdenklichkeit und nimmt ihm das vordergründig werbliche des Wahlkampfs.
Gelungener Film mit Längen
Doch birgt es ganz deutlich die Gefahr, dass ein großer Teil der Menschen vorzeitig abschaltet. Zumal der Film nicht zuletzt im Internet geschaut werden soll. Dann nutzt die ganze Hollywood-Qualität nichts mehr.
Endfazit aus der Sicht eines Präsentationsexperten: Vom Aufbau her und aufgrund der perfekt durchdachten Dramaturgie sehr gelungen, könnte aber an manchen Stellen noch straffer und knapper sein, um wirklich alle Zuseher bis zum Ende des Films bei der Stange zu halten.
Ein Film, der Obamas Strategie aufzeigt
Es wird nicht der einzige Film bleiben. Da die Republicaner ihren Kandidaten noch nicht endgültig nominiert haben, wird auch nicht ein Wort gegen einen Gegner gesagt. So wird es sicher noch weitere Filme geben, die Obama und Romney unterstützen oder zu demontieren versuchen.
Der Film “The road we’ve traveled” ist deshalb so bedeutend, weil er den Wahlkampf Obamas eröffnet und seine Strategie aufzeigt. Nach “Yes we can!” ist Obama nun der Mann der Entscheidungen.
Ehrgeiz und Leistungsfalle: Liebe und Respekt für jeden?
// Von Simone Janson
Der Wunsch, immer und überall der oder die Beste sein zu wollen, entsteht aus einer Mischung von Ehrgeiz und Angst. Er wird verstärkt durch Grübeln. Verursacht durch Erziehungfehler. Und hat letztendlich einen ganz einfachen Grund: Jeder will geliebt werden.
Grübeln macht Probleme schlimmer
Die Wissenschaft hat bewiesen: Je länger und ausführlicher wir über ein Problem nachgrübeln, desto schwieriger erscheint am Ende eine Lösung des Problems. Zum Beispiel auch, weil wir und die Konsequenzen viel schlimmer ausmalen, als sie sind – wir katastrophieren. Panik entsteht. Man bekommt noch mehr Angst.
Das ist schon ein Weg zur Lösung: Wenn man weiß, dass es nicht zwangsläufig zu einem besseren Ergebnis führt, sich mehr anzustrengen, kann man es auch sein lassen. Man kann sich diesen Mechanismus mit einem einfach Signal klar machen – also jedes Mal, wenn man anfängt zu Grübeln, laut “Stopp!” sagen. Oder ein Gummibändchen am Handegelenk befestigen und daran ziehen.
Einfach Abschalten und Entkatastrophieren!
Oder Einfach abschalten. Sport machen, der einen körperlich auspowert. Entspannungsübungen oder Yoga. Damit man seine Stresshormone wieder ins Gleichgewicht bringt.