wofür die Schiffzimmerer da waren, eine Zunft für sich, die mit spitzem Bleistift kalkulierte. Manche Witwe war sehr wohlhabend.
T 8: Wir haben „Schluffen“ gesagt.
Räuspern, dessen Richtung nicht genau geortet werden kann.
T 10: Ich habe Pantoffelblumen gezüchtet.
T 3: Können Sie mir das Rezept verraten?
T 2: Ach das?!
Beide werden von T 1 bis T 25 über die Aktentasche auf dem Platz vom abwesenden T 23 misstrauisch beäugt.
T 1 fängt sich am schnellsten und kommt T 4 bis T 25 zuvor, die sich anschicken, Fragen an T 2 zu stellen, wie sein „Ach das?!“ zu verstehen ist. Ob er Näheres über die Witwen weiß oder in die Zukunft blicken kann, unter Umständen gar einen Renoir sein eigen nennt oder weiß, wie man daran kommen könnte.
T 10: Ich hätte bei Ihnen eher einen Delacroix vermutet. Aber lassen wir das und fragen Heine nach seiner Meinung.
T 1: Ich würde gerne den in Berlin geborenen, zur Emigration gezwungenen Kunstsammler und -händler wie auch Mäzen Heinz Berggruen antworten lassen. Mir fällt aber aus dem Stand nur ein, dass er in Paris als Mitarbeiter vom Kunstimperator Daniel-Henry Kahnweiler arbeitete – auch er nach 1937 Verfolgter und Geplünderter von deutschen und französischen Nationalsozialisten. Und dass Berggruens Sohn, der Immobilienkaufmann Nicolas Berggruen nach Hamburg kam, um die Middelhoff geschädigten Karstadt Häuser zu sanieren. Thomas Middelhoff, ehemaliger Bertelsmann Top Manager, lebte nach Verbüßung einer Haftstrafe wegen Untreue gegenüber seinen Geschäftspartnern in Hamburg. Er hat ein autobiografisches Buch veröffentlicht, das tiefe Einblicke gewährt, wie weit Top Manager seines Kalibers resozialisierbar sind. Erst kürzlich hat er sich als Consultant ausgewiesen. Er kritisierte in „Spiegel-online“ herkömmliche Managementmethoden.
Nicolas Berggruen scheiterte an den Gewerkschaften und zog sich nach Millionenverlusten aus dem Karstadt Engagement zurück, hatte aber das Feld für chinesische Investoren und dem ihnen folgenden Österreicher René Benko bereitet, der im September 2020 zusammen mit dem österreichischen Herrn Bundeskanzler Sebastian Kurz – ein guter Freund von Benko - einen Europa Summit in Wien veranstaltete. Die Lobbyarbeit dürfte auch Hamburg zugute kommen.
T 2: Darf ich noch etwas Heine hinzufügen?
Heine aus Paris am 24. Oktober 1832 an Ferdinand Hiller:
Ich merke, Sie wissen nicht, daß der Verfasser des „Paria“ in diesem Augenblick die Hauptstadt des Königs von Bayern ziert.“
T 5: Wir müssen „Paria“ gentrifizieren.
T 1: Ich wollte auf die Witwen in den Wohnungen der Schiffzimmerer hinaus, in deren Genuss man ohne Ahnennachweis und ohne Bürgen nicht kam.
T 2: An wen? An die Bürgen oder an die Schiffszimmerer?
T 1: Sowohl als auch. Man denke an die „Ausfahrt nach Kythera“. Ohne Rückversicherung beim Turm der Winde in Athen – gar nicht denkbar. Oder an Heidi Horten. Das Vermögen an Barem, Schmuck und Silber, Firmenbeteiligungen und Lagerhäusern verschiedenster Art weckte Begehrlichkeiten, bei denen Aeolus Orkanstärke angezeigt hätte.
Gemurmel.
T 1: Kann ich aus der lebhaften Beteiligung an diesem Gedankengang schließen, dass sich ein Teilnehmer in unserer Mitte befindet, der Heidi Horten kennt?
Alle scheinen Heidi Horten zu kennen, aber keiner entweder so gut, dass er aus dem Nähkästchen plaudern dürfte oder so schlecht, dass er Plaudereien aus dem Nähkästchen für weniger fundierte Privatgespräche aufzubewahren gedenkt.
T 3: Ich möchte nicht das Wort an mich reißen ( missbilligender Blick herüber zu T 1 ), aber in Hamburg gibt es einen kuriosen Grundsatz: quietscht etwas, ist es bezahlt.
Kakophonisches Gelächter.
T 1 beeilt sich hinzuzufügen: Reiche Witwen mit Salzspeichern konnten sich nichts Besseres wünschen.
T 3: Socken?
Gelächter.
T 3: Nicht, dass ich in Verruf komme, doch noch das Wort an mich reißen zu wollen, das ich bis jetzt nicht habe fallen lassen, aber spielen Sie, verehrter Herr Kollege T 1 etwa auf Liebensaffären der Witwen an?
T 1: Boris Andrejewitsch Pilnjak, der Wolgadeutsche, Boris Andrejewitsch Wogau – in Wikipedia als „russischsprachig bezeichnet“, was eine Degradierung eingedenk Pilnjaks Verdiensten um die Literatur und auch um Russland ist – hat die Wirkung von Fachwerksalzspeichern hervorragend beschrieben.
T 25: Russland und seine reichen Witwen - die Literatur wimmelt nur so davon.
T 2: Darf ich noch einmal mit Heine aushelfen oder komme ich jemandem zuvor?
Er wirft einen Blick nach vorne, zu beiden Seiten und hinter sich.
Wie es scheint, ist das nicht der Fall.
T 2: Heinrich Heine am 24. Dez. 1822 aus Berlin an Karl Immermann in Münster:
…Wollen Sie mich zum Waffenbruder in diesem heiligen Kampfe, so reiche ich Ihnen freudig die Hand. Die Poesie ist am Ende doch nur eine schöne Nebensache.
T 20: Wir kommen vom dem Wunsch nach Wollpantoffeln ab. Ich finde das Zitat vor dem Hintergrund der Witwenverbrennungen in Indien unsympathisch.
T 1: Heute sind sie Religionsgeschichte. Der Regierung Modhi ist eine umfangreiche Rechtsreform zu verdanken. Sie ist auch im Zusammenhang mit dem Verbot von Witwenverbrennungen zu sehen, die ein strafrechtlicher Tatbestand geworden sind. Demnach können Frauen sich scheiden lassen und sogar die pflichtgemäße Morgengabe zurückfordern.
T 10: Dann hätten die römisch - katholischen Herrschaften in juristisch versierten Kreisen der Gesellschaftselite des Nachfolgestaates vom Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation nichts mehr zu lachen gehabt. Sie heirateten im Kaiserreich von Wilhelm II nach hinduistischem Ritus, um bei sich bietender Gelegenheit das Erbrecht zu beugen.
T 1: Das wäre ehemals ein Fall für die Hamburg – Mannheimer Versicherung gewesen.
T 20: Zitieren Sie besser Heine.
T 1: Eine gute Idee. Hier:
Die epischen Gedichte der Inder sind ihre Geschichte; doch können w i r sie erst dann zur Geschichte benutzen, bis wir die Gesetze entdecken, nach welchen die Inder das Geschehen ins phantastisch Poetische umwandeln; dies ist uns noch nicht bei der Mythologie der Griechen gelungen…
Sie müssen das selber lesen, um sich darüber Gedanken machen zu können.
T 2: Wo steht das?
T 1:… in Heines „Gedanken“.
Um zum Ausgangsthema zurückzukommen - es gingen zum Leidwesen der Versicherer relativ viele Schiffe unter, und das nicht nur während Kriegszeiten. Eine große Anlage der Deutsche Schiffszimmerer Genossenschaft steht in der Nähe vom Hamburger Pilatuspool.
T 2: Ach!
T 1: Ach! Oder Ach?
Er kommt T 3 bis T 25 zuvor, die alle bei dem „Ach“ von T 2 aufmerken, als gelte es ein Urteil darüber zu empfangen, wer seinen Bruder an zu langer Leine hat laufen lassen, vielleicht aber auch an den abwesenden T 23 und seine Studienfreizeit denken.
Ob er wirklich…?
T 1: Der Gebäudekomplex am Pilatuspool – übrigens eine späte Bezeichnung. Ich komme noch darauf zurück…
T 2: Wollte T 23 nicht neu bauen?
T 4: Mit Pool?
T 12: Für seine Trockenfrüchte?
T 1: Danke für die Überleitung!
Der Gebäudekomplex ist in Form einer Atrium-Anlage gebaut und fügt sich in das System der