Alfred Bekker

Auswahlband 4 Krimis: Von Huren, Heiligen und Paten - Vier Kriminalromane in einem Band


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ich nie wagen. Kurz und gut: Nach Lage der Dinge wird Jacky Tasso die nächsten hundert Jahre auf Riker's Island absitzen. Wenn er Glück hat und nicht die Giftspritze bekommt. Und ich übernehme seine Geschäfte. Kapiert?"

      Broxon atmete tief durch. "Ich denke schon."

      "Ich kann Ihnen besorgen, was Sie brauchen. Fünf superstarke Mikrowellensender, eingebaut in unscheinbare Lieferwagen, die man rund um die Börse abstellen könnte. Wenn dann das Chaos auf dem Parkett ausbricht, weil die Computer verrückt spielen, purzeln die Kurse innerhalb von Sekunden..."

      "Tasso scheint viel Vertrauen zu Ihnen gehabt zu haben, wenn er Ihnen das alles erzählt hat", erwiderte Broxon mit eisigem Gesicht.

      Dale Johnsons Lächeln wurde ölig.

      "Ein genialer Plan. Immerhin hat der arme Jacky vermutlich längst auf fallende Kurse gesetzt und kann auf diese Weise ein kleines Vermögen verdienen... Nur wird ihm das im Knast nicht viel nützen." Dale Johnson kicherte.

      Verachtung lag in Broxons Blick.

      "Verdorben seid ihr bis ins Mark!"

      "Schon möglich. Ich arbeite zu denselben Konditionen wie Tasso. Aber ich muss sicher sein, dass ich den genauen Zeitpunkt erfahre, wann Sie die Aktion starten. Sonst mache ich nicht mit."

      Broxon nickte.

      "Das wird sich einrichten lassen", murmelte er.

      19

      Den Rest des Tages verbrachte ein Großteil unserer Leute mit Ermittlungen in jenen Kliniken, die von der auffälligen Pannenserie betroffen waren.

      Umfangreiche Messungen wurden durchgeführt, sämtliche Spezialisten von FBI und Scientific Research Division zusammengezogen, die sich mit der Wirkung von Mikrowellen-Strahlung genauer auskannten.

      Schon in diesem Punkt zeigte sich ein großes Defizit auf unserer Seite.

      Es gab einfach zu wenige Experten auf diesem Gebiet.

      Auch das sorgte dafür, dass sich die Ermittlungen in die Länge zogen.

      Nach und nach wurden in den verschiedenen Kliniken tatsächlich starke Mikrowellen-Aggregate gefunden, deren Abstrahlung vermutlich für die Fehlfunktionen elektronischer Geräte verantwortlich waren.

      Sie waren geschickt platziert.

      In Lüftungsschächten zum Beispiel.

      Das Klinikpersonal hatte so gut wie keine Chance gehabt, die Ursache des Desasters herauszufinden.

      Dutzende von Videokassetten aus Überwachungsanlagen wurden beschlagnahmt. Unsere Innendienstler würden damit eine Menge zu tun haben. Wenn wir Glück hatten, waren der oder die Täter darauf zu sehen. Sehr wahrscheinlich sogar.

      Die Schwierigkeit war, sie aus der Masse von Menschen heraus zu erkennen, die ein mittleres Klinikum allein an einem Tag besuchte.

      Natürlich hatten wir dafür unsere Methoden.

      Zunächst einmal sollten die Bilder der aufgenommenen Personen mit Hilfe unseres Datenverbundsystems NYSIS mit den Kriminaldateien abgeglichen werden. Die Merkmale jeder einzelnen Person, die die betreffende Klinik betreten hatte, würde mit den Merkmalen jener Menschen abgeglichen werden, deren Bilddateien in unseren Täterarchiven zu finden waren.

      Wenn wirklich eine Gruppierung wie die KIRCHE DER WAHREN HEILIGEN hinter diesem Terror gegen Abtreibungskliniken stand, dann war es gut möglich, dass die betreffenden Aktivisten bereits einschlägig vorbestraft waren.

      Die zweite Methode bestand in einem Bildabgleich zwischen den Videobändern der einzelnen Kliniken.

      Wenn ein und dieselbe Person innerhalb weniger Wochen mehrere Kliniken besucht hatte, an denen dann später ein Anschlag mit Mikrowellen-Sendern verübt worden war, konnte das kaum ein Zufall sein.

      Dutzende von G-men und die modernsten Computersysteme, die es im Federal Building gab, würden tagelang damit beschäftigt sein, dieses Material auszuwerten.

      20

      Einen Tag später...

      Wir stellten fest, dass die Nummer, die sich Jacky Tasso auf der Broschüre notiert hatte zu einem Büro der KIRCHE DER WAHREN HEILIGEN gehörte, das die Sekte in der 73. Straße unterhielt.

      Milo und ich setzten uns in den Sportwagen, den uns die Fahrbereitschaft des FBI zur Verfügung stellte und fuhren hin. Unterwegs blätterte Milo in einem Dossier über die sogenannte Kirche, das Sid Maddox uns auf die Schnelle zusammengestellt hatte.

      "Die Brüder sind tatsächlich ziemlich radikal", meinte Milo.

      "Na komm, Milo! Dieser Broxon und seine Anhängerschaft ist nun wahrhaftig nicht die einzige evangelikale Sekte, die Abtreibungskliniken blockiert und vom nahen Ende der Welt spricht."

      In einigen Bundesstaaten der USA hatten solche Gruppen inzwischen sogar durchgesetzt, dass die Schöpfungsgeschichte der Bibel gleichberechtigt mit dem der Evolutionslehre vermittelt werden musste, wie sie moderne Naturwissenschaft vertrat. Für diese Leute war die Bibel wörtlich zu verstehen. So zählten sie einfach alle dort gemachten Altersangaben zusammen und kamen so zu dem Ergebnis, dass die Erde ungefähr 4000 Jahre alt war. Der wachsende Einfluss dieser intoleranten Gruppen konnte einen schon beunruhigen.

      "Broxons Gruppe scheint besonders militant unter diesen Sekten zu sein", meinte Milo. "Der selbsternannte Heilige ist einschlägig vorbestraft und man sagt ihm eine straffe, fast militärisch strenge Organisation nach. Mehrere Mitglieder dieser sogenannten Kirche starben unter mysteriösen Umständen. Den Aussagen von Angehörigen nach wollten sie die Gruppe verlassen."

      "Und? Was ist bei den entsprechenden Ermittlungsverfahren herausgekommen?", hakte ich nach.

      "Nichts. In einem dieser Fälle wurde ein Mann namens Roger Glasdorf festgenommen. Er war ebenfalls Mitglied der Sekte und darüber hinaus ein wichtiger Mitarbeiter von Broxon."

      "Und das nennst du nichts?"

      "Es handelte sich den Ermittlungen nach um das Werk eines Einzeltäters."

      "Eine Verwicklung der KIRCHE DER WAHREN HEILIGEN war nicht nachweisbar?"

      "Du sagst es."

      "Wo ist dieser Roger Glasdorf jetzt?"

      "Er hat die Schuld auf sich genommen und geschwiegen,...." Milo blätterte in dem Dossier. "Wenn du ihm allerdings noch ein paar Fragen stellen willst, kommst du zu spät. Er wurde vor zwei Jahren hingerichtet."

      "Dem