A. F. Morland

Arztroman Sammelband 8 Romane Februar 2020


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„Er kann keinen Augenblick an Sie gedacht haben. Er hätte das nicht tun dürfen. Das war nicht in Ordnung.“

      Achberger verlangte, dass Katja in den nächsten Tagen in sein „Büro“ kam, damit sie neue Zahlungsmodalitäten festlegen konnten. Dann wünschte er ihr einen guten Abend und verschwand.

      Seit Norberts schrecklichem Freitod war vieles in Bewegung geraten, und manches hatte sich aufgelöst und seine Gültigkeit verloren.

      Zu letzterem gehörte auch der Vertrag, den Katja bei „Flamingo“ unterschrieben hatte. Gabi Hauff hatte sie wissen lassen, dass sie sich nicht mehr daran gebunden zu fühlen brauche, und so war es möglich, dass Katja und Patrick zusammenkamen, ohne dass der junge Sektfabrikant dafür bezahlen musste.

      Aus dem gut honorierten Job war eine vorbildliche Freundschaft geworden, und wenn Patrick sich in dieser schweren Zeit nicht so sehr um Katja gekümmert hätte, wäre sie vielleicht einen ähnlichen Weg gegangen wie ihr Mann.

      Patrick spendete ihr Trost und bot ihr jenen Halt, den sie jetzt so dringend brauchte, und sie war sich der Tatsache bewusst, dass sie ohne ihn verloren gewesen wäre. Als sie ihm von Jan Achbergers Auftritt vor der Paracelsus-Klinik erzählte, strich er ihr sanft übers aschblonde Haar und sagte: „Ich werde dafür sorgen, dass er dich in Ruhe lässt.“

      Sie sah ihn ängstlich an. „Was hast du vor?“

      „Ich werde zu ihm gehen und mit ihm reden.“

      „Dieser Mann ist gefährlich. Er arbeitet mit brutalen Gangstern zusammen. Ich möchte nicht, dass dir etwas zustößt.“

      „Mach dir um mich keine Sorgen.“ Patrick Kress lächelte zuversichtlich. „Ich bringe für dich alles ins Lot.“

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      Tags darauf erschien Patrick Kress bei Jan Achberger und befreite Katja Arndt mit einem Scheck von allen weiteren Verpflichtungen.

      Als Katja davon erfuhr, wusste sie nicht, was sie sagen sollte. Sie war lange Zeit sprachlos und schämte sich. Nachdem sie sich einigermaßen gesammelt hatte, krächzte sie: „Du musst verrückt sein. Wieso hast du das getan?“

      Er lächelte. „Kannst du dir das nicht denken?“

      „Ich kann dir nichts Gleichwertiges dafür geben.“

      Er winkte ab. „Mach dir deswegen keine Sorgen.“

      „Jetzt stehe ich so tief in deiner Schuld …“

      „Ach was“, fiel er ihr ins Wort. „Ist doch nur Geld, das ich Achberger gegeben habe. Das verpflichtet dich zu überhaupt nichts.“

      Nur Geld, dachte Katja. Er sagt das so, als wäre das gar nichts. Dabei prägt Geld, seit man es erfunden hat, das Leben nahezu aller Menschen. Es kann sie glücklich machen oder leiden lassen, kann Wünsche erfüllen oder Träume zerstören. Was habe ich nicht alles auf mich genommen, um an mehr Geld zu kommen. Geld zerstört Freundschaften, vernichtet Existenzen, treibt Menschen in den Tod. Und Patrick sagt: „Ist doch nur Geld, das ich Achberger gegeben habe“.

      Als Katjas Mutter die Reha-Klinik verlassen durfte, war sie nahezu völlig wiederhergestellt. Nur wenn sie müde war und ihre Konzentration nachließ, kamen ihr die Worte nicht mehr ganz deutlich über die Lippen, aber die Ärzte hatten gesagt, dass auch das mit der Zeit vergehen würde.

      Katja nahm ihre Mutter für eine Weile zu sich. Sie halfen sich damit gegenseitig, indem eine für die andere da war. Von Cornelius Eichinger hörten sie nie wieder, und das war gut so.

      Biggi Ruprecht lud die junge Internistin und Gabi Hauff zu einer kleinen Abschiedsfeier in ihr schönes Haus ein, und Gabi sagte zu Katja: „Ich wünschte, ich hätte mehr Mädchen wie dich im Angebot, und es tut mir aufrichtig leid, dass du Flamingo, was ich natürlich verstehen kann, nicht mehr zur Verfügung stehst. Du warst sehr begehrt, und ich hatte nie Probleme mit dir. Es war wirklich sehr angenehm, mit dir zu arbeiten, und solltest du jemals wieder den Wunsch haben, in unserer Branche tätig zu sein, würde ich dich mit offenen Armen empfangen.“ Gabi lächelte. „Ich weiß natürlich, dass das nie passieren wird, aber ich wollte es trotzdem gesagt haben.“

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      Und dann kam endlich der Tag der großen, von Wolf-Dietrich Bockmayer und Clemens Bennet ins Leben gerufenen Benefiz-Veranstaltung, der Jana Härtling und Trix Lassow und ihre Familien schon so lange entgegengefiebert hatten. Alles, was Rang und Namen hatte, kam, um zu sehen und gesehen zu werden. Man hatte viele Top-Models für diesen Abend gewinnen können, deren klangvolle Namen das Lampenfieber der beiden Amateur-Mannequins noch mehr in die Höhe trieben.

      „Meine Güte, wie sollen wir neben diesen blutjungen Grazien bestehen?“, stöhnte Jana Härtling.

      Ihre Schwägerin trug es mit Humor, indem sie erwiderte: „Die Frage muss lauten: Wie können diese mageren Püppchen neben uns gut gebauten Vollblutfrauen bestehen?“

      Darüber mussten sie herzlich lachen. Clemens Bennet hörte es, kam zu ihnen und sagte: „Schön, zu sehen, dass ihr so guter Dinge seid.“

      Jana Härtling feixte. „Das ist reiner Galgenhumor.“

      „Ihr werdet einen phantastischen Auftritt haben“, sagte der Plattenproduzent und Rennstallbesitzer zuversichtlich. Er trug einen nachtschwarzen Smoking, der ihm hervorragend passte. „Wolf-Dietrichs sensationelle Kreationen werden euch zu viel bestaunten Laufsteg-Göttinnen erheben“, versprach er. Fanfaren erklangen. „Ich muss gehen“, sagte Clemens. „Toi! Toi! Toi!“

      Er eilte davon, betrat die große, helle Bühne und begrüßte das zahlreich erschienene illustre Publikum mit der ihm eigenen Herzlichkeit.

      Die Härtlings, die Lassows, die Paracelsus – der ganze Clan war gekommen, um dabei zu sein, wenn Jana und Trix die eleganten Roben des begnadeten Modeschöpfers vorführten.

      Patrick Kress hatte Dr. Katja Arndt überredet, mit ihm an diesem großen Ereignis, dessen Reinerlös behinderten Kindern zugute kommen sollte, teilzunehmen.

      Wenn die Veranstaltung keinem guten Zweck gedient hätte, wäre Katja nicht mitgekommen. So aber saß sie mit Patrick direkt am Laufsteg und ließ die Show mit melancholischem Blick an sich vorüberziehen.

      Sie bewunderte Jana Härtlings und Trix Lassows Mut, als Models zu agieren, fand, dass die beiden ihre Aufgabe bravourös meisterten, und belohnte ihre Courage mit lautem Klatschen. In der Pause gab Patrick ihr ein kleines dunkelblaues Schächtelchen.

      „Was ist das?“ Katja sah ihn überrascht an.

      Er lächelte, und in seinen Augen war unendlich viel Wärme. „Mach es auf.“ Sie öffnete das Schächtelchen. Es befand sich ein weißes Seidenkissen darin, in dem ein Ring steckte, der ein

      Vermögen gekostet haben musste, und dessen Gleißen, Strahlen und Funkeln sie blendete.

      Ihr stockte der Atem.

      „Gefällt er dir?“, fragte Patrick.

      „Er ist wunderschön, aber so ein kostbares Geschenk kann ich nicht annehmen.“

      „Bitte, Katja, ich möchte, dass du ihn trägst. Er ist nur ein bescheidener Beweis der großen Hochachtung und Zuneigung, die ich für dich empfinde. Alle Schätze dieser Welt würden nicht ausreichen, um dir zu zeigen, wie sehr ich dich liebe.“ Er nahm den Ring, nahm ihre Hand. Sie wollte sie ihm entziehen, doch er hielt sie fest und steckte ihr den kostbaren Ring an den Finger. „Aller guten Dinge sind drei“, sagte er.

      „Was meinst du damit?“, fragte sie verwirrt.

      „Ich war zweimal verheiratet. Beim dritten Mal wird es gutgehen.“

      „Beim dritten Mal?“ Ihr Herz raste. „Aber … Ich …“

      Er legte ihr den Finger auf die Lippen, und sie verstummte.