Hans-Albrecht Zahn

Pass doch endlich auf!!!


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angekommen, lässt er seine Büchertasche in der Garderobe liegen und unterhält sich mit einem Kameraden statt seinen Arbeitsplatz vor zubereiten. Beim gemeinsamen Gedicht spricht er nicht mit, sondern schaut träumend zum Fenster hinaus. Beim Schreiben bemerkt er nicht, dass er sein Heft herausholen sollte. In seinem Federmäppchen sind alle Stifte abgebrochen, Radiergummi und Spitzer sind verloren gegangen. Außerdem kommt er laufend in Streit mit seinen Sitznachbarn. Er passt einfach nicht auf.

      Beispiel Der Zappelphilipp

      Eine der ältesten Darstellungen für Unaufmerksamkeit ist die Geschichte vom Zappelphilipp in dem Kinderbuch „Struwwelpeter“ von Hoffmann aus dem Jahr 1845. Es ist mit entsprechend einprägsamen Bildern illustriert.

      „Ob der Philipp heute still

      Wohl bei Tische sitzen will?“

      Also sprach in ernstem Ton Der Papa zu seinem Sohn,

      Und die Mutter blickte stumm

      Auf dem ganzen Tisch herum.

      Doch der Philipp hörte nicht

      Was zu ihm der Vater spricht.

      Er gaukelt

      Und schaukelt

      Er trappelt

      Und zappelt

      Auf dem Stuhle hin und her.

      „Philipp, das missfällt mir sehr!“

      Sehr ihr lieben Kinder seht.

      Wie’s dem Philipp weitergeht!

      Oben steht es auf dem Bild.

      Seht! Er schaukelt gar zu wild,

      Bis der Stuhl nach hinten fällt;

      Da ist nichts mehr was ihn hält;

      Nach dem Tischtuch greift er, schreit.

      Doch was hilft’s ? Zu gleicher Zeit

      Fallen Teller, Flasch’ und Brot,

      Vater ist in großer Not,

      Und die Mutter blicket stumm

      Auf dem ganzen Tisch herum.

       Bilder „aufmerksamer Unaufmerksamkeit“.

      Es gibt Situationen und Beispiele, welche - je nach Standpunkt des Beobachters - als Unaufmerksamkeit oder Aufmerksamkeit bezeichnet werden können. Es kann viele Gründe geben, dass jemand sein Bewusstsein nicht auf das richtet, was andere von ihm erwarten.

       Beispiel Der unaufmerksame Kirchenbesucher

      Von Galilei wird folgende Anekdote berichtet: Er habe sich im Gottesdienst bei der Predigt des Pfarrers gelangweilt habe. Stattdessen betrachtete er die Kirchenleuchter, wie sie an langen Seilen von der Decke im Kirchenschiff hingen und sich leicht hin und her bewegten. Er begann auf den Schwingungsrhythmus der Leuchter zu achten. Aus diesen Beobachtungen heraus fand er die Gesetze der Schwerkraft, welche später seinen Ruhm als Naturwissenschaftler begründeten.

      Vom Standpunkt des Physikers aus war Galileo sehr aufmerksam. Vom Standpunkt des Pfarrers aus, war er dagegen unkonzentriert.

       Beispiel Das Eichhörnchen im Unterricht

      Im Rechenunterricht sieht Paul mit größter Aufmerksamkeit einem Eichhörnchen zu, welches draußen vor dem Fenster auf einem Baum von Ast zu Ast springt. Er schaut gebannt den Bewegungsablauf des kleinen Tieres an. Er könnte dem Lehrer detailliert jeden einzelnen Bewegungsakt des Eichhörnchens schildern.

      Vom Standpunkt des Mathematiklehrers ist er unaufmerksam; der Biologielehrer würde ihn vielleicht als aufmerksam beurteilen.

       Beispiel: Spielen und Pausenglocke

      Ein Kind spielt in der Pause unter einem Baum. Im Wurzelwerk der Tanne hat es eine „Zwergen Gesellschaft“ entdeckt. Als die Pausenglocke läutet, ist es so in sein Spiel vertieft, dass es diese überhört. Es ist die Frage, ob dies als Unaufmerksamkeit in Bezug auf die Schulglocke oder als Aufmerksamkeit in Bezug auf sein Spiel zu bewerten ist.

       Beispiel: Streit der Eltern und Englischunterricht

      Ein Kind sitzt im Englischunterricht. Es werden gerade die neuen Vokabeln behandelt. Das Kind aber hat am Morgen einen Streit zwischen Vater und Mutter erlebt. Daran muss es im Augenblick immer noch denken. In Bezug auf den Englischunterricht ist es unaufmerksam, in Bezug auf seine familiäre Situation ist es möglicherweise eher aufmerksam.

      Solche Beispiele verdeutlichen, dass das Urteil „Aufmerksamkeit“ oder „Unaufmerksamkeit“ stark von der Bewertung der Rahmensituation geprägt ist.

       1.3 BESCHREIBUNGEN DIAGNOSEN TESTS

       FREIE BESCHREIBUNGEN

      Eine Möglichkeit Aufmerksamkeitsstörungen zu erfassen, ist diese in freier Weise zu beschreiben. Im Gegensatz zu den standardisierten Testverfahren, lässt sich dabei die Aufmerksamkeitssituation eines Menschen recht individuell beschreiben.

       Übung: Versuchen Sie stichpunktartig mit eigenen Worten zu beschreiben, was Sie unter Aufmerksamkeitsstörungen verstehen!

       Beispiel für eine mögliche Charakterisierung

       - schreit, brüllt, beschimpft seine Mitmenschen

       - zieht sich in sich zurück, reagiert nicht auf Bitten und Aufforderungen

       - bringt Unruhe in Familie, Kindergartengruppe und Schulklasse

       - ist nicht beliebt, tut aber auch selbst wenig dazu von anderen gemocht zu werden

       - starker Mitteilungsdrang, redet ununterbrochen und meistens genau im falschen Augenblick

       - nimmt mit seinem Verhalten keine Rücksicht auf Andere

       - tut, was er will

       - hat eine eingeschränkte Selbstwahrnehmung

       - merkt nicht wie er auf andere wirkt

       - lebt zwischen Selbstzweifel und Selbstüberschätzung

       - hält sich selbst für einen Versager

       - prahlt gerne

       - spürt sich selbst wenig; relativ unempfindlich gegen physischen Schmerz

       - schwaches Leibwahrnehmung

       - zwischen Stumpfheit und Interesselosigkeit

       - Vergesslichkeit

       - leichte Ablenkbarkeit

       - kurze Aufmerksamkeitsspanne

       - häufig wechselnde Vorstellungen

       - sprunghaftes Denken

       - wird von inneren Bildern überflutet, einseitige visuelle Bindung

       - schnell wechselnde Vorstellungen

       - interessiert sich wenig für die Umwelt

       - will sich nicht festlegen

       - das Empfinden wechselt zwischen Apathie und Aufregung

       - lebt nicht in der Gegenwart, bindet Zukunft und Vergangenheit nicht an die Gegenwart,

       - hat dauernd gute Vorsätze, welche nicht eingehalten werden

       - regt sich schnell auf

       - möchte dauernd Abwechslung haben