Andreas Gaw

Was soll das


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hatte dort seine Vormieterin einen Selbstmordversuch unternommen.

      Der Wohnungseigentümer erklärte sich grundsätzlich bereit, die Wohnung an den jungen Mann weiter zu vermieten. Voraussetzung war aber, dass die noch im Krankenhaus liegende Selbstmörderin das Zeitliche segnen würde. Der Mann besuchte die junge Dame im Hospital. Sie starb. Er bekam die Wohnung. Die Nachbarn waren alle sehr merkwürdig. Ständig beschwerte sich jemand bei dem jungen Mann, da er angeblich zu laut war. Und das selbst wenn er nicht einmal im Ansatz Krach gemacht hatte oder gar in der Wohnung war. Die Mitbewohner, allen voran der Wohnungseigentümer, setzten dem Mann stark zu. Dann fand er ein paar Kleidungsstücke seiner Vormieterin.

      Und der Mann entdeckte ein Loch in der Wand. Darin steckte ein Wattebausch. Er zog die Watte heraus. In dem Loch lag ein Zahn. Dann war ich kurz auf Toilette.

      Als ich wieder ins Kino kam, hatte der Mann Frauenkleider an. Irgendwelche merkwürdigen Typen standen irgendwo auf einem Klo. Der Freund des Mannes redete auf ihn ein. Eine Nachbarin, mit einem behinderten Kind, kam zur Wohnung des Mannes und bedankte sich für irgendwas. Dann verlor der Mann auch einen Zahn und legte ihn in das Loch in der Wand. Ach, zwischendurch war er noch mit einer Freundin der toten Vormieterin im Kino. Dann bei ihr zuhause. Er wollte nicht, dass sie mit zu ihm geht. Weil er angeblich renovieren würde. Aber das stimmte nicht. Er hatte einzig und allein Angst, die Nachbarn könnten sich über den Lärm beschweren, den er und die Frau vielleicht machen würden. Ähm… später hatte er noch mal Frauenkleider an. Und dann sprang er aus dem Fenster. Das überlebte er aber. Da sprang er noch mal aus dem selben Fenster. Dann war er tot und der Film zu Ende.

      Ja.

      Der Alt-Achtundsechziger war bereits nach zwanzig Minuten gegangen. Und nach der Vorstellung fragte ich die Soziologie Studentin, ob sie vielleicht irgendwann noch einmal mit mir ins Kino gehen würde.

      „Filmkunst?“, fragte sie.

      „Nö. Action.“, sagte ich. „Am Besten was, mit ´nem Bus, der explodiert, wenn er langsamer als 55 Meilen pro Stunde fährt.“

      „Gibt’s schon.“, sagte sie.

      „Ach so.“, sagte ich.

      Dann gingen wir getrennt nach Haus.

       10 Nicht lustig

      Ende der 90er, Anfang der 2000er gab es im Deutschen Fernsehen einen regelrechten Boom an Sketch-Shows. Ob „Die Dreisten Drei“, „Mensch Markus“, „Sechserpack“, „Ladykracher“, „Weibsbilder“ undsoweiter, undsoweiter … Jeder Sender versuchte, mehr oder weniger erfolgreich, an die gute, alte Tradition von Didi Hallervordens „Nonstop Nonsens“ oder „Sketchup“ mit Diether Krebs und Beatrice Richter anzuknüpfen. Eine anfangs noch überschaubare Zahl an Comedy-Autoren versorgte oftmals gleich mehrere Formate mit Pointen. Doch schon bald überschwemmten Text-Einsendungen von Jedem, der sich für halbwegs witzig hielt, die Briefkästen der TVProduktionen. Die Producer, Produzenten und Headwriter hatten alle Hände voll zu tun, die Unmenge an Spreu vom guten Weizen zu trennen. So überfordert nahmen die Auswahlkriterien für Sketche oft sehr skurrile Formen an.

      (siehe unten)

      Irgendwann konnten die Verantwortlichen selbst kaum noch beurteilen, was denn nun lustig ist, und was nicht. Naja, über Humor lässt sich bekanntlich streiten, und wenn nur Einer lacht, dann ist es doch schon lustig, oder? Jedenfalls kamen auf diesem Wege oftmals Sketche in die Shows, über die wirklich nur „Einer“ lachen konnte. Und im Gegenzug blieben Texte unverfilmt und ungesendet, die es eigentlich verdient hätten, über die Mattscheibe zu flimmern…

      Im Folgenden beobachten wir zunächst einen dieser Auswahlprozesse im Büro eines TV-Produzenten.

       PRODUZENTEN-BÜRO INNEN / TAG

       Der Producer sitzt an seinem Schreibtisch und telefoniert. Die Einrichtung und Deko des Raumes lässt unschwer auf einen TVProduzenten schließen. Ein Fernsehgerät steht auf einem Tischchen an der Seite. Der Producer trinkt Kaffee und isst Kuchen. Vor ihm liegt ein ganzer Stapel Sketch-Texte.

       Producer

      (ins Telefon) Aber er hat doch ganz gut gearbeitet. (…) Ja, Schatz. Natürlich… Wenn Du den neuen Regisseur nicht magst, dann schmeiß ich ihn halt raus. (…) Kein Thema. Ich bin schließlich der Produzent. Und: Immer noch besser so, als ob ich wieder auf dem Sofa schlafen muss. (…) So. Ich muss jetzt Schluß machen. Ich hab da noch eine Menge Texte für diese neue Sketch-Show zu beurteilen. (…) Ich dich auch. Tschüßiiii!

       Der Producer legt den Telefonhörer auf und will sich ein paar Texte vornehmen. Er schaut auf das obere Blatt des Stapels.

       Producer

      So. Was haben wir denn hier? (liest) Der Zauberer… ein Sketch von Andreas Gaw. (überlegt laut) Der Gaw?!… Die Sau hat mich vor 6 Wochen mal nicht gegrüßt.

       Der Producer wirft den Sketch ungelesen in einen Mülleimer.

       Producer

      In die Tonne. (nimmt den nächsten Text) So… weiter geht’s… (bemerkt, dass es fünf Seiten sind) Viel zu lang! Wer soll denn das alles lesen?

       Der Producer wirft den Text in den Mülleimer.

       Producer

      Adieu! (der nächste Text) So… (überfliegt) „…ein Clown kommt rein“. Ich mag keine Clowns. Weg damit.

       Der Producer wirft den Text weg und will einen Schluck Kaffee trinken. Dabei wirft er aus Versehen die Kaffeetasse um. Der ganze Kaffee überschwemmt die Texte.

       Producer

      So eine Scheiße…

       Der Producer wischt den Kaffee beiseite und wirft den ganzen Stapel Texte in den Mülleimer. In dem Moment klopft es an seiner Tür.

      Producer Ja?!

       Die Tür öffnet sich und ein verschüchterter Headwriter kommt herein.

       Producer

      Ach… der Herr Chefautor. Was gibt’s?

      Ich hab wenig Zeit.

       Headwriter

      Ähm… ich wollte nur mal Fragen, ob

      Sie sich die Texte für die neue SketchShow schon mal angesehen haben…?!

       Producer

      Jau… Das hab ich!

       Headwriter

      Und?

       Producer

      Das will ich Dir sagen… Das sind keine Sketche… das sind Zumutungen.

      Hab noch nie soviel Scheiße gelesen. Die muss man noch 10mal umschreiben, bevor man sie endgültig wegwirft. Für den ganzen Ramsch gibt’s nur zwei Worte: NICHT LUSTIG !!!!

       Headwriter

      Und jetzt?

       Producer

      (ungehalten) Was weiß denn ich?

      Schreiben Sie irgendwas über einen Mann, der auf dem Sofa schlafen muss. Und: nicht länger als eine Seite. Kapiert!!!!

      **********

      So, oder ähnlich, mag es sich zugetragen haben. Fakt ist jedenfalls: viele Sketche blieben auf der Strecke. Es folgen ein paar Beispiele von Texten, die es nicht geschafft haben… und das, obwohl es mindesten Einen gab, der sie lustig fand….

      GESCHRIEBEN FÜR FÜR: MARCO RIMA SH OW