Christian Macharski

Die Königin der Tulpen


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drehte sich um, ohne seinen Schritt zu verlangsamen. „Fahr doch mit dein neuer Freund nach Hause.“ Dann verschwand er in der Umkleidekabine.

       9

      Montag, 13. Juli, 19.58 Uhr

      Käthe Thönnissen hatte sich gerade in ihren Sessel gesetzt, um die Tagesschau einzuschalten, als es an ihre Apartmenttür klopfte. Sie drehte sich zur Seite und ihre Arthrose meldete sich schmerzhaft. Wenn sie den ganzen Tag auf den Beinen gewesen war, fühlte sie sich abends noch älter, als sie ohnehin schon war. Mit dünner Stimme rief sie: „Ist offen.“

      Dieter Brettschneider, der Leiter des Altenheims, steckte den Kopf zur Tür rein. „Klopf, klopf, Frau Thönnissen.“ Er betrat schwungvoll das Zimmer. „Ich wollte mal sehen, wie es Ihnen geht.“

      Sie sah ihn an und bewegte den Kopf hin und her. „Na ja, es geht so.“

      „Frau Thönnissen. Nicht so bescheiden. Sie sehen aus wie das blühende Leben. Unkraut vergeht nicht, oder?“ Er lachte schallend. Dann blieb er eine Weile unmotiviert im Raum stehen.

      Frau Thönnissen war sich nicht sicher, ob er darauf wartete, dass sie ihm einen Platz anbot. Aber sie hatte keine Lust dazu. Sie wollte einfach nur ihre Ruhe haben. „Ist sonst noch was, Herr Brettschneider?“

      „Ja, wie soll ich sagen?“ Er rieb sich nachdenklich am Kinn und begann im Zimmer auf und ab zu wandern. „Ich frage mich die ganze Zeit, was denn wohl der Kommissar von Ihnen wollte.“

      Sie sah ihn verwundert an. „Er hat meine Zeugenaussage aufgenommen. Warum?“

      Die Antwort schien ihm nicht zu genügen. „Was haben Sie ihm denn gesagt?“

      Die alte Frau zuckte mit den Schultern. „Alles, was ich gesehen habe. Aber ich glaube nicht, dass Sie das etwas angeht, Herr Brettschneider.“ Sie sah ihn streng an.

      Er ignorierte ihren Blick und sagte: „Ach ja?“ Dann kniete er sich mit einer schnellen Bewegung direkt vor ihren Sessel. Er stützte seine Ellenbogen auf ihre knochigen Knie, die zum Teil von ihrem Bademantel verhüllt waren. Dann übte er einen starken Druck auf die Beine aus. Frau Thönnissen zuckte zusammen, die Druckstellen schmerzten und sie sah instinktiv zu ihrem Bett, neben dem der rote Alarmknopf prangte.

      Brettschneider folgte ihrem Blick und sagte: „Bisschen weit weg der Knopf, oder?“ Dann wurde sein Gesicht zu einer unbeweglichen Maske. Seine Blicke bohrten sich tief in Frau Thönnissens Augen. Sie schluckte. „Ich warne Sie“, zischte Brettschneider. „Wenn ich eins nicht leiden kann, dann sind das Bullen, die hier rumschnüffeln. Warum sind Sie am Samstag nicht einfach in die Morgenandacht gegangen statt in diesen Scheißladen? Dann hätten Sie uns allen viel Ärger erspart. Falls dieser blasierte Kommissar hier noch mal auftaucht, dann würde ich es begrüßen, wenn Sie mal eine kleine Reise antreten würden. Haben wir uns verstanden?“

      Die alte Frau nickte, bekam aber keinen Ton heraus. Sie war starr vor Schreck. Ihr Mund war trocken und ihr Magen krampfte sich zusammen.

      Brettschneider stand auf und ging zur Tür. Im Türrahmen drehte er sich noch einmal um. „Ich wünsche Ihnen eine angenehme Nacht, Frau Thönnissen. Passen Sie auf sich auf.“ Bevor er die Tür schloss, sagte er noch: „Ach übrigens, kleiner Tipp. Ich würde die Tür an Ihrer Stelle abends abschließen.“

      Doch den letzten Satz hörte sie schon nicht mehr, weil sich die Angst wie eine dicke Decke über sie gelegt hatte. Paralysiert starrte sie auf den dunklen Fernseher.

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