und nahm ein Croissant aus der Schachtel. „Jetzt muss ich aber los. Ich nehme eins mit. Wir sprechen uns später.“
„Ich muss auch los“, fügte Maya hinzu.
„Ich gehe duschen“, verkündete Sara.
„Heee, wartet!“, rief Null, als sie versuchten, alle gleichzeitig aus der Küche zu stürmen. „Wartet doch mal einen Moment.“ Drei erwartungsvolle Gesichter wandten sich zu ihm um. „Äh, ich meine … in ein paar Tagen ist Valentinstag. Also macht da bitte noch keine Pläne.“
Sie blickten einander an. „Wer?“, wollte Maya wissen.
„Ihr alle. Jeder von euch. Ich möchte ihn mit allen drei Frauen in meinem Leben verbringen.“
„Na … in Ordnung. Klar.“ Maya nickte.
„Klingt toll“, stimmte Maria zu.
„Wie ich schon sagte“, murmelte Sara. „Komisch.“
Und dann waren sie weg, die Haus- und Badezimmertüren schlossen sich fast gleichzeitig hinter ihnen.
Null sah seine Frittata an und seufzte. „Jetzt sind wir nur noch zu zweit, meine Liebe.“ Er nahm den Teller und setzte sich an die kleine Küchentheke.
Nach außen schien alles wunderbar in seinem Leben. Er und Maria waren offiziell wieder zusammen und während der letzten zwei Monate fühlte es sich so an, als ob ihre Beziehung wieder ganz von vorne begänne. Er behielt die Wohnung in Bethesda und sie lebte immer noch in dem kleinen Bungalow, den sie einst gemeinsam bewohnt hatten. Aber wer konnte es schon sagen? Vielleicht würden sie bald wieder zusammenleben. Beide seiner Mädchen wohnten bei ihm, was ihm gefiel. Er gab sich große Mühe, ihnen Freiraum zu gewähren und sie ihre eigenen Entscheidungen treffen zu lassen - schließlich war eine jetzt erwachsen und die andere technisch gesehen emanzipiert. Egal wie komisch sie ihn fanden, sie hatten ganz bestimmt die positive Veränderung in seinem Verhalten bemerkt.
Er hatte sich auch wirklich verändert. Null bemühte sich ernsthaft darum, sich zu bessern. Dazu gehörten seine Kochkünste, mehr Zeit mit den Mädchen zu verbringen, lustige Familienaktivitäten zu organisieren und Maria so viel wie möglich miteinzubeziehen. Er wollte das Leben voll auskosten … weil er keine Ahnung hatte, wie lange er noch leben würde.
Guyer wusste es nicht. Bixby auch nicht. Und wenn die zwei schlausten Köpfe, die er jemals getroffen hatte, ihm keine Antworten geben konnte, dann bezweifelte er, dass es sonst jemand auf dem Planeten könnte. Er würde weiter Erinnerungen vergessen. Neue kämen hin und wieder herauf, wie die Erinnerungen an die Attentate, die er während seiner ersten Jahre als inoffizieller Agent der CIA ausübte. Doch er hatte sich dazu entschieden, nach vorn zu blicken, nicht zurück. Seine Vergangenheit lag hinter ihm, seine Zukunft war fraglich.
Er wusste, was er tun musste: Er musste den Agenten finden, von dem ihm Bixby erzählt hatte. Dieser Mann namens Connor, dem der Gedächtnishemmer implantiert worden war. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Mann noch lebte, war gering. Die Wahrscheinlichkeit, dass Null ihn finden würde, noch viel geringer.
Er musste es trotzdem versuchen. Und gleichzeitig musste er weiter versuchen, das meiste aus der Zeit zu machen, die ihm noch blieb. Er wollte einen positiven Einfluss auf die Leben seiner geliebten Menschen haben. Er musste wissen, dass sie sich nach seinem Tod an diese Zeit erinnern würden. Dies war die Version von ihm, an die sie sich gerne erinnern würden.
Denn letztendlich würde sein Gehirn ihn umbringen - falls es der Schmerz, so viele Geheimnisse für sich zu behalten, wo er doch Aufrichtigkeit versprochen hatte, das nicht zuerst schaffte.
KAPITEL VIER
Maria Johansson zog ihre Schlüsselkarte durch den vertikalen Schlitz in der Wand eines weißen Gangs aus Betonstein in einem Untergeschoss des CIA-Hauptquartiers in Langley. Man hörte ein lautes Summen, dann schob sich ein schwerer, elektronischer Bolzen zurück und schließlich entriegelte sich die Stahltür mit einem schweren Klonk.
Dies war nur eines der vier Untergeschosse unter dem George-Bush-Center für Geheimdienst - vier von denen sie wusste, es gab wahrscheinlich andere, die sie nicht kannte. Selbst als eine ehemalige stellvertretende Direktorin wurde sie nicht in alle Geheimnisse der Agentur eingeweiht. Sie war auch nicht naiv genug, um zu glauben, dass das jemals geschähe.
Trotzdem grenzte es an ein kleines Wunder, dass ihre Schlüsselkarte noch funktionierte. Nachdem sie letzten November die chinesische Rebellengruppe und ihre Ultraschallwaffe aufgehalten hatte, war sie von ihrem Posten zurückgetreten und hatte wieder ihr Leben als Geheimagentin aufgenommen. Sie hatten aber noch nicht den Zugang auf Geheiminformationen widerrufen, den sie in ihrer damaligen Stellung gehabt hatte.
Und sie war sich ziemlich sicher, dass sie den Grund dafür kannte.
Maria drückte die Tür hinter sich zu und nickte dem Sicherheitswärter im grauen Anzug zu, der hinter einem beigen Schreibtisch saß und eine Sportzeitschrift las. „Guten Morgen, Ben.“
„Ms. Johansson.“ Der ehemalige Agent machte keine Anstalten, sich zu bewegen, geschweige denn ihren Ausweis zu überprüfen und ihre Schlüsselkarte zu scannen.
„Sollte ich mich anmelden…?“, fragte sie nach einem Moment peinlicher Stille.
Ben grinste. „Ich glaube, ich kann mich seit letztem Donnerstag noch daran erinnern, wie Sie aussehen.“ Er zeigte mit dem Kinn in Richtung Gang. „Gehen Sie einfach nach hinten.“
„Danke.“
Die Absätze ihrer Stiefel klackten gegen den gekachelten Boden und hallten aus leeren Zellen wider, während sie auf die letzte links in dem Gang zulief. Es gab keine anderen Gefangenen in diesem Untergeschoss, es sollte eigentlich ein vorübergehender Haftraum sein, in dem man normalerweise einheimische Terroristen, Kriegsverbrecher, Deserteure und den gelegentlichen verräterischen Spion verwahrte. Es war ein kurzer Halt auf dem Weg zu viel schlimmeren Orten, wie Hölle Sechs in Marokko - oder ein einfaches Loch in der Erde.
Sie hasste es, Null anzulügen. So nannte sie ihn dieser Tage, Null. Er hatte sie letzten Monat darum gebeten, ihn nicht mehr Kent zu nennen. Es nannte ihn sowieso niemand bei seinem ehemaligen CIA-Alias, er war einfach nicht mehr Kent Steele. Und fast niemand, mit dem er regelmäßig zu tun hatte, nannte ihn bei seinem wirklichen Namen, Reid Lawson. Er war einfach Agent Null. Verdammt, selbst der Präsident nannte ihn Null. Also tat Maria es auch.
Obwohl „Papierkram“ technisch gesehen keine Lüge ist, dachte sie still bei sich. Es war ihr Codewort für „es ist ein Geheimnis und ich würde es bevorzugen, wenn du mich nicht danach fragst.“ Gerade letzte Woche hatte er selbst den Mädchen erzählt, dass er nach Kalifornien ginge. Ihr hatte er gesagt, dass er sich um etwas „Papierkram“ kümmern müsste.
Also stellte sie keine Fragen. Nun ja, sie hatte ihn an diesem Morgen ganz schön gedrängt, doch es war nicht ernst gemeint. Außerdem: was sonst hätte sie ihm sagen sollen? Seit ein paar Monaten besuche ich einen CIA-Gefangenen und Mörder und es ist mir peinlich, es zuzugeben.
Natürlich nicht. Das klang fürchterlich.
Die Zelle war dreieinhalb auf dreieinhalb Meter groß. Der Boden und die Decke waren aus Zement und die Wände waren nicht vergittert, sondern bestanden aus vier Zentimeter dickem Sicherheitsglas. Ein Bereich mit Löchern mit einem Zentimeter Durchmesser an der Seite des Ganges ermöglichte das Gespräch mit dem Gefangenen darin. Es gab keine Fenster, doch noch viel schlimmer war es, dass man keine Tür erkennen konnte. Maria war sich nicht einmal sicher, wie man in die Zelle kam. Eine versteckte Platte in einer der Glaswände wahrscheinlich, doch es war absolut nicht erkennbar. Das war ein psychologischer Trick, um dem Gefangenen zu zeigen, dass es wirklich keine Flucht gab.
Marias Herz brach jedes Mal ein wenig, wenn sie diese Glaswand sah. Obwohl außer Ben, dem Wächter, sonst niemand da war - wahrscheinlich im ganzen Untergeschoss nicht - hatte man so keine Privatsphäre. In der Zelle stand eine kleine Pritsche mit Decke und Kopfkissen, ein winziger WC-Bereich mit einem Waschbecken, einer Toilette und einem Duschkopf - alles stand offen da - und ein einzelner Stahlstuhl, der in den Boden verschraubt war.
Doch heute saß