Jutta von Kampen

Mami Bestseller Staffel 4 – Familienroman


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Bäumen hindurch.

      Sie trug das Haar lose und sah jung und sehr glücklich aus. Olsen hatte sie noch nie so gesehen.

      »Junge, sie freut sich doch über diesen Besucher. Wie kann ich da hingehen und sagen, komm zurück zu uns, wir haben das nicht gern. Wir wollen dich lieber hier bei uns sehen.«

      Von der Liege her kam ein perlendes Lachen, dann Doris’ Stimme: »Henry, so kenne ich dich ja gar nicht. Du gibst auf? Weißt du eigentlich, mein Lieber, daß ich damals bei meinem ersten Besuch, als du mir von deinen Heiratsabsichten erzähltest und mich fragtest, ob ich keine geeignete Frau für dich wüßte, gleich an dieses Fräulein von der Fürsorge dachte? Ich habe dir ihren Namen nicht genannt, weil mir sofort klargeworden war, daß Cornelia Krümel zu den Frauen gehört, die von einem Mann ein echtes, tiefes Gefühl erwarten.«

      Doris erhob sich und kam auf Olsen zu, der sie zornig anstarrte.

      »Ich konnte nicht ahnen, daß du eines solchen Gefühls fähig bist, mein Freund. Tut mir leid für dich.«

      »Hör auf!« knurrte Olsen. »Die Kinder brauchen das nicht mitzukriegen.«

      Er sah an Doris vorbei auf Kai, der nun wieder bei Heike war und auf sie einredete.

      Aber Heike trotzte. Sie wollte vorhin mit Cornelia gehen und war von dieser liebevoll, aber bestimmt zurückgewiesen worden. Das hatte Heike in den Schmollwinkel getrieben.

      Aber nun leuchteten ihre Augen auf, denn Cornelia kam zurück. Sie schritt leichtfüßig und mit freudig erregter Miene über den Steg auf sie zu.

      Bei Heike machte sie kurz halt und neigte sich zu ihr hinab.

      »Was machen denn nun die Fische? Noch keiner angebissen?«

      Sanft strich sie über das lockige Haar des Kindes, richtete sich auf und sandte einen Blick zu Olsen hinüber.

      »Herr Olsen, ich fahre mal weg. Kann sein, daß ich erst morgen früh zurückkehre. Wird das gehen? Fräulein von Ulstett wird die Kinder sicherlich einen Tag beaufsichtigen können.«

      Plötzlich entstand ein angespanntes Schweigen. Olsen erhob sich langsam und blickte zum Himmel. Es war sonderbar ruhig hier am Fluß. Selbst die Natur verhielt sich still, wie ja oft vor einem Unwetter.

      Nun kehrte Olsens Blick zurück, während er auf Cornelia zuschritt.

      »Sie fahren mit ihm?« Er machte eine unbestimmte Kopfbewegung zum Haus hin, wo Horst Martinsen vor seinem Wagen stand und auf Cornelia wartete.

      »Ja! Wir fahren zum alten Martinsen.«

      Cornelia senkte den Blick. »Er will mich sehen«, fügte sie leise hinzu und wurde ein wenig rot unter Olsens ironischem Lächeln.

      »Ist gut! Wir kommen zurecht«, sagte er nun knapp.

      »Danke!« Cornelias Blick tauchte sekundenlang in die hellen Augen des Mannes, dessen sonnenbraunes Gesicht keinerlei Regung zeigte. »Es wird auch für Sie alles gut werden, Herr Olsen.«

      Seine Brauen zogen sich zusammen.

      »Es wird nie so sein, wie ich es mir wünsche, Cornelia. Trotzdem! Alles Gute für Sie.«

      Schweigend wandte sie sich ab, wollte den Steg verlassen, als plötzlich ein weher Ausruf erklang: »Cornelia! Geh doch nicht fort! Bitte, bitte! Wer bringt mich denn heute ins Bett? Meine Mami ist tot. Ich habe doch niemanden sonst, der… der mich ein bißchen liebhat.«

      Heike stand plötzlich vor ihr. Ihr erhitztes kleines Gesicht verzog sich zum Weinen. Sie sah Cornelia so bittend an, daß sich in deren Kehle ein dicker Kloß festsetzte. Nicht einmal reden konnte sie. Aber sie konnte Heike in ihre Arme ziehen, und das beruhigte die Kleine sofort.

      »Nicht«, schluchzte sie erleichtert auf und barg ihre Wange an Cornelias Wange, »du gehst gar nicht fort? Das hast du nur so gesagt.«

      Cornelia schloß gepeinigt die Augen, richtete den Blick dann bittend auf Olsen, der ihr nun das Kind sanft, aber bestimmt abnahm.

      »Cornelia hat heute einmal einen freien Tag, meine Süße, und damit finden wir uns jetzt ab. Erwachsene Leute brauchen so was manchmal, auch eine Fürsorgerin macht da keine Ausnahme.« Und sah verwundert zu ihm auf.

      Das klang nun wieder leicht boshaft, und Olsens Lächeln, mit dem er Cornelia betrachtete, war geradezu unverschämt.

      Er wollte, daß sie sich ärgerte. Natürlich!

      Das gab ihr den Mut, sich durchzusetzen, notfalls sogar gegen die Stimme ihres Herzens.

      Sich an Kai wendend, der starr dastand und einen maßlos enttäuschten Blick auf Cornelia warf, sagte sie nun: »Ich hoffe, du kümmerst dich ein wenig um deine Schwester, Kai. Gute Nacht!«

      Damit wandte sie sich hastig um und lief über den Steg zurück.

      Atemlos kam sie bei Horst Martinsen an, der sie liebevoll in seine Arme zog und leicht auf die Wange küßte.

      »Du brauchst dich nicht erst umzukleiden, Liebes. Du bist schön genug. Du gefällst mir fast noch besser als vor Jahren.«

      Er nahm ihre Hand, und so schritten sie das kurze Stück zum Wagen.

      Cornelia war selig. Sein vertrauter Gang, seine Hand in der ihren – wie lange hatte sie darauf verzichten müssen. Hatte sie kein Recht auf Glück?

      »Und dein Vater hat seine Einstellung plötzlich geändert?« fragte sie während der Fahrt.

      »Was blieb ihm anders übrig«, lachte der junge Mann.

      »Ich will dich zur Frau, Cornelia, keine andere. Er mußte es schließlich einsehen.«

      Nun ja, wenn das so war! Zufrieden kuschelte sich Cornelia tiefer ins Wagenpolster und schloß die Augen.

      Die ersten Blitze zuckten zur Erde, und schlagartig war das Land in Finsternis getaucht.

      Vor Cornelias Augen erhob sich ein kleines Gesichtchen mit verzweifelten, angstvollen Augen.

      Es war Heike, und sie schien das Mündchen zum Weinen zu verziehen und auszurufen: »Niemand hat mich lieb. Meine Mami! Wo ist meine Mami! Wo ist Cornelia?«

      Seufzend richtete Cornelia sich auf. Sie hatte plötzlich das Gefühl, etwas Kostbares verloren zu haben.

      *

      Ein orkanartiger Gewittersturm tobte und ließ das Gebälk des alten Hauses erzittern, so daß die Kinder erschreckt zusammenfuhren.

      Heike weinte und verkroch sich unter die Decke, während Kai still dalag und auf die Geräusche im Haus lauschte.

      Von unten drangen die erregten Stimmen der Erwachsenen zu ihm herauf.

      Sie stritten sich, das konnte Kai hören, und sein Mund verzog sich schmerzlich. Cornelia hatte nie so laut geredet. Überhaupt!

      Aber sie brauchten ja diese Frau, die immerhin freundlicher war als die erste, die damals hier auftauchte und Old Henry heiraten wollte.

      Plötzlich zuckte Kai im Bett hoch! Da! Das war doch Motorengeräusch! Ob Onkel Henry weggefahren war? Kai warf sich aus dem Bett und sauste zur Tür.

      Er eilte mit nackten Füßen zur Treppe und starrte hinab. Da stand Old Henry und sah verwundert zu ihm hinauf.

      »Ist was, Kai?«

      Kai schluckte krampfhaft und schämte sich seines Verdachts.

      »Nein, nichts ist! Ich dachte nur… Ich glaubte, du seist weggefahren.«

      Olsen schüttelte den Kopf, er kam ein paar Stufen die Treppe hoch.

      »Junge, ich lasse euch doch nicht allein. Nein, nein! Es ist nur so… Fräulein von Ulstett ist abgereist.«

      »Ach so!« Das kam zutiefst erleichtert. Kai grinste den Mann an. »Ist schon in Ordnung. Mach dir keine Gedanken um die Adoption. Mir ist da was Tolles eingefallen. Das erzähle ich dir morgen.«

      Ein wenig