G.F. Barner

G.F. Barner Staffel 1 – Western


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Herumtreiber?«

      Er stand dicht vor seinem Pferd, aber zu weit von seinem Colt entfernt. Sie mußten einfach verrückt geworden sein. Der Sheriff zielte jetzt auf ihn, statt auf den stadtbekannten Herumtreiber und Schläger Hugh Stacy. Er zielte auch nicht auf John Carter, der genauso verrufen war. No, Claybran zielte auf seine Brust.

      »Wo ist es?« fragte Claybran scharf. »Clancy, wo hast du die zweitausend Böcke gelassen, he?«

      »Wa...was? Claybran, bist du verrückt?«

      »Wo hast du die zweitausend Böcke – Dollar – Greenbacks oder Scheinchen, wo hast du sie gelassen? In der Satteltasche?«

      Clancy hatte plötzlich das Gefühl, mit dem Kopf gegen einen riesenhaften gelbschimmernden Messinggong geschlagen zu werden. Das Dröhnen spaltete fast seinen Kopf. Er sah sekundenlang alles verschwommen.

      Und dann – wie ein Blitz, der vor ihm in den Boden raste und ihm alles in blendender Helligkeit zeigte – sah er die Szene wieder vor sich.

      Roggers, der ihm seinen Lohn nicht geben wollte. Roggers vor dem Geldschrank, dessen Tür er unter den drohenden Blicken Clancys aufzog.

      »Da hast du dein Geld!« hatte Roggers bissig gesagt. »Zum Teufel mit dir!«

      Aber es war kein Geld in der Hand, als er sie um die Tür herum ausstreckte. In der Hand lag der Bullcolt, das kleine, verfluchte, mörderische Ding, mit dem man einen Mann auf zehn Schritt noch erwischen konnte. Doch Clancy war nur zwei entfernt. Er sprang und schlug zu, knallhart gegen die Tür. Sie klemmte Roggers Arm ein. Er schrie und konnte nicht mehr schießen. Aber sein Kinn hielt er hin. Und an das Kinn krachte Clancys Faust. Dann nahm er sich sein Geld und ging hinaus. Er hatte noch die Scheine im Safe gesehen, aber nichts mehr als seinen Lohn genommen.

      »So ist das?« keuchte Clancy. Danach bekam er keinen Ton mehr heraus. Er wußte plötzlich, daß Roggers ihm den Diebstahl von zweitausend Dollar angehängt hatte. Darum auch hatte er Porter ihm nachgeschickt. Das war ein guter Grund, wie?

      »Yes, so ist das«, wiederholte Sheriff Claybran grimmig. »Ich erfuhr das erst ein bißchen spät, Mister. Roggers hatte schon Porter auf deine Fährte gehetzt, aber ich bin ja noch rechtzeitig gekommen, was? Nicht, daß ich was dagegen hätte, daß dieser Hundesohn Porter endlich ins Gras gebissen hat. Der war schon lange reif, dieser Schmarotzer. Aber ich habe etwas dagegen, wenn sich Leute wie Roggers anmaßen, das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen, Clancy.

      Du hast also das Geld, wie? Und du gibst es freiwillig heraus, eh?«

      »Der hat ’n Trick, der hat immer noch ’nen Trick in der Westentasche!« kreischte Carter gellend. »Sheriff, ich sage dir, sei vorsichtig, sei bloß vorsichtig mit diesem Schnellschießer. Als er uns sah, tat er ganz freundlich und stellte sich dumm. Er sagte doch glatt, er hätte von dem Geld keine Ahnung. Und dann riß er die verdammte Flinte auch schon hoch und flog aus dem Sattel. Siehst ja, wie schnell der Lump ist. Sein Pferd trafen wir. Das opferte er kaltblütig, um uns auszutricksen. Weiß der Satan, ob er uns nicht alle geschafft hätte. Der fing an, der fing an, stimmt es, Hugh?«

      »Und ob das stimmt!« schrie Stacy. »Sieh dich vor, Sheriff, der hat vielleicht noch einen Colt, der Strolch!«

      »Halt du dein Maul, du bist selber ein Strolch – und was für einer!« fuhr Claybran ihn finster an. »Also, steh still, Clancy. Ich weiß zu gut, wie gefährlich du Satan sein kannst. Vielleicht erzählst du mir mal, warum du bei Roggers aufhörtest, he? Als Revolvermann und Oberaufpasser in seinen verdammten Spielhöllen bekamst du doch einen Haufen Geld, oder? Und so einen Job hast du aufgegeben? Warum, he?«

      »Weil – weil der Lump Falschspieler beschäftigt und seine Roulettes und Wählerspiele alle getrimmt sind!« schrie Clancy. Die Wut packte ihn jetzt. »Darum, du verdammter Narr! Ich merkte, was los war, obgleich ich zu Anfang von den widerlichen Tricks nicht viel verstand. Hatte mich vorher nie für Karten interessiert. Aber gemerkt habe ich es schließlich doch. Darum sind sie hinter mir hergewesen, weil ich zuviel wußte. Ich habe keinen Cent genommen. Nicht einen mehr, als mir zustand.«

      »Da hast du Pech«, kam die Antwort von oben. »Clancy, du kennst Biddells. Du weißt, daß er Aufpasser bei Horgany ist. Ich hatte den Verdacht, daß das nackte Spielhöllen waren und ließ Biddells die Saloons von Roggers überprüfen. Kein Falschspiel, keine getrimmten Roulettes, alles in Ordnung!

      Und nun sag schon, warum du weggegangen bist, na?«

      Es war wieder, als steckte Clancy in einer Gongschale. In diesem Augenblick erkannte er, daß er verloren war. Ein nie zuvor gekanntes Gefühl der Ohnmacht überkam ihn. Roggers hatte etwas geahnt und die Spielhöllen in harmlose Spielsäle verwandeln lassen Es gab keinen Beweis mehr für Betrug. Was blieb, waren zweitausend angeblich verschwundene Dollar. Auch wenn man sie nicht bei ihm fand, hatte er nicht einen halben Tag mindestens Zeit gehabt, das Geld irgendwo zu verstecken?

      Allmächtiger, dachte Clancy entsetzt, das ist es. Sie werden sagen, ich hätte Zeit genug gehabt, es zu verstecken.

      In diesem Moment brach ihm der Schweiß aus allen Poren. Es war nicht die Wärme der Sonne, die ihm den Schweiß aus der Haut jagte – es war die nackte Angst«

      »Ich war es nicht!« schrie Rod Clancy entsetzt. »Sheriff, ich habe nicht gestohlen, ich war’s nicht, Mann. Ich bin unschuldig, ich bin unschul...«

      »Clancy! Clancy!«

      Die Fäuste packten ihn, sie warfen ihn zurück. Jemand drückte ihn nach hinten, während irgendwo Schritte hallten und jemand fluchte.

      »Was – was ist?« keuchte Clancy. »Wo – ah, du, du bist das, Floyd? Was war?«

      »Du hast geschrien!« sagte der riesenhafte Schatten vor ihm ächzend und hielt immer noch seine Oberarme umklammert. »Da, sie kommen schon! Warum hast du denn wieder geschrien, Clancy?«

      »Ich, ich hab’s doch nicht getan«, stammelte Clancy. »Floyd, ich war’s doch gar nicht.«

      »Verflucht noch mal, wer schreit denn da wie ein Irrer?« brüllte jemand im Gang. Dann fiel das grelle Licht der Blendlaterne in die Zelle. Die Stäbe des Gitters zeichneten sich wie drohende Finger an der getünchten kahlen Wand ab. »Clancy wieder mal, was? Du Hundesohn, ich komm rein und hau dir die Knochen in Stücke! Was hast du hier zu brüllen, du Saukerl?«

      »Nichts, Mr. Kinsey«, antwortete Clancy gepreßt und stand auf. Auch Floyd stand jetzt in der schmalen Zwei-Mann-Zelle, die Hände wie bei der Armee an der Hosennaht. »Tut mir leid, Mr. Kinsey. Ich – ich muß geträumt haben.«

      »So – geträumt, was? Du träumst verdammt oft, du Hundesohn!« gurgelte Kinsey und leuchtete ihm mitten ins Gesicht. »Ach, der arme, unschuldige Revolverschießer, dieser Zweitausend-Dollar-Dieb, der Killer vom Dienst. Der träumt, das Unschuldslamm träumt wieder mal, was? Du arbeitest nicht genug, he? Yeah, das ist es wohl. Du bist nicht müde genug, damit du richtig pennst und deine anderen Räuber- und Mördergesellen nachts in Ruhe läßt? Dir werde ich es morgen besorgen! Du schuftest morgen für drei, klar? Wollen doch mal sehen, ob du dann nachts dein gottverfluchtes Maul hältst, du Mörder! Die Knochen sollen dir knacken, dann wirst du filzen wie ’ne dreckige Ratte, die du bist, verstanden? Ob du verstanden hast, du Beutelratte?«

      »Yes, Sir, verstanden!« sagte Clancy leise. »Verstanden, Sir.«

      Kinsey starrte ihn an, blendete ihn voll mit dem Kegel der Blendlaterne, dieser Kinsey, der gemeinste Aufseher der Außenstation des Staatsgefängnisses von Idaho, verrufen und gefürchtet wegen seiner Brutalität bei allen neunzehn Mann, die hier arbeiteten.

      »Du Drecksack, huste bloß einmal, fang noch mal an zu heulen, daß du unschuldig ins Jail gekommen bist, dann komm ich dich besuchen, verstanden?«

      Er klopfte mit seinem Spezialstock gegen die Gitter. Der Stock war ein Bleirohr, das mit Leder umgeben war. Ein kräftiger Hieb damit genügte, um einen Mann zu töten.

      »Verstanden, Sir.«

      »Drecksack!«

      Das sagte er zum Abschied. Dann ging er los,