welcher Richtung sollen wir gehen?«
Er zögerte. Eine intensive Überzeugung von der Gegenwart von Wesen, von unsichtbaren Dingen um uns und in unserer Nähe beherrschte unseren Geist. Was konnte es sein? Wo mochten wir sein? War diese dürre Einöde, die wechselnd gefroren und versengt wurde, nur die äußere Rinde und Maske einer unterirdischen Welt? Und wenn, welcher Art von Welt? Welche Art Bewohner konnte sie nicht plötzlich auf uns ausspeien!
Und dann stach in die schmerzende Stille hinein, lebhaft und plötzlich wie ein unerwarteter Donnerschlag, ein Geklirr und ein Rasseln hinein, als wären plötzlich große metallene Tore aufgestoßen.
Das unterbrach unsere Schritte. Wir standen still und starrten hilflos. Dann stahl Cavor sich auf mich zu.
»Ich verstehe das nicht!«, flüsterte er mir nah am Gesicht. Er schwenkte die Hand unbestimmt nach dem Himmel hin – die unbestimmte Andeutung noch unbestimmterer Gedanken.
»Ein Versteck! Wenn irgend etwas käme …«
Ich blickte um uns. Ich nickte ihm zustimmend mit dem Kopfe zu.
Wir brachen wieder auf und bewegten uns verstohlen mit den übertriebenen Vorsichtsmaßregeln gegen ein Geräusch. Wir gingen auf ein Gestrüppdickicht zu. Ein Gerassel, wie wenn man Hämmer um einen Kessel schlägt, beschleunigte unsere Schritte. »Wir müssen kriechen«, flüsterte Cavor.
Die unteren Blätter der Bajonettpflanzen, die schon von den jüngeren darüber beschattet wurden, begannen zu welken und zu verschrumpfen, sodass wir uns zwischen den dicker werdenden Stämmen ohne ernsten Schaden durcharbeiten konnten. Auf einen Stich ins Gesicht oder in den Arm achteten wir nicht. Im Herzen des Dickichts machte ich Halt und starrte Cavor keuchend ins Gesicht.
»Unterirdisch«, flüsterte er. »Da unten.«
»Sie können herauskommen.«
»Wir müssen die Sphäre finden!«
»Ja«, sagte ich, »aber wie?«
»Wenn wir aber nicht zu ihr kommen.«
»Kriechen, bis wir zu ihr kommen.«
»Verborgen bleiben. Sehen, wie sie sind.«
»Wir wollen zusammenbleiben«, sagte ich.
Er dachte nach. »Wohin sollen wir gehen?«
»Wir müssen unser Glück versuchen.«
Wir spähten hierhin und dorthin. Dann begannen wir sehr umsichtig durch den unteren Dschungel zu kriechen, in dem wir, so gut wir es beurteilen konnten, einen Kreis schlugen und jetzt bei jedem schwankenden Schwammgewächs, bei jedem Schall innehielten, nur auf die Sphäre bedacht, aus der wir so törichterweise aufgetaucht waren. Von Zeit zu Zeit drangen aus der Erde unter uns immer wieder Erschütterungen herauf, Schläge, unheimliche, unerklärliche, mechanische Töne: und einmal, und dann nochmals hörten wir etwas, ein schwaches Rasseln und einen Tumult, durch die Luft her zu uns getragen. Aber furchtsam, wie wir waren, wagten wir keinen erhöhten Punkt aufzusuchen, um den Krater zu überblicken. Lange sahen wir nichts von den Wesen, deren Geräusche so reichlich und beharrlich waren. Wäre nicht die Mattigkeit unseres Hungers und die Trockenheit unserer Kehlen gewesen, so hätte dies Kriechen etwas von einem sehr lebhaften Traum gehabt. Es war so absolut unreal. Das einzige Element, das einen Hauch von Realität hatte, waren diese Töne.
Man stelle es sich vor! Um uns der traumhafte Dschungel mit den stillen Bajonettblättern, die über uns strahlten, und die stillen, lebhaften, sonnegesprenkelten Flechten unter unseren Händen und Knien, die vor der Gewalt ihres Wachstums wogten, wie ein Teppich wogt, wenn der Wind darunter fasst. Hin und wieder sperrte uns eine neue Gestalt in lebhafter Farbe den Weg. Die Zellen, die diese Pflanzen aufbauten, waren schon so groß wie mein Daumen; sie glichen Perlen aus gefärbtem Glas. Und all diese Dinge waren im ungemilderten Glanz der Sonne gesättigt, wurden gegen einen Himmel gesehen, der bläulich schwarz und trotz des Sonnenscheins noch mit ein paar überlebenden Sternen übersät war. Fremdartig! sogar die Formen und die Textur der Steine waren fremdartig. Alles war fremdartig, das Gefühl des Körpers war unerhört und jede neue Bewegung endete in einer Überraschung. Der Atem strömte dünn durch den Hals ein, das Blut floss einem in einer pochenden Flut durch die Ohren – bum, bum, bum, bum, bum …
Und immer kamen uns von Zeit zu Zeit Schauer des Aufruhrs, Hämmern, das Rasseln und Schlagen von Maschinen zu Ohren, und dann – das Brüllen großer Tiere!
11 – Die Mondkalbweiden
So krochen wir beiden armen irdischen Verbannten, verloren in diesem wild wachsenden Monddschungel, in Angst vor den Tönen, die uns erreicht hatten, dahin. Wir krochen, wie es schien, lange Zeit, ehe wir sowohl den Seleniten wie das Mondkalb sahen, obgleich wir das Brüllen und die grunzenden Geräusche dieser letzteren beständig näher kommen hörten. Wir krochen durch steinige Schluchten über Schneehänge hin, zwischen Schwammpilzen durch, die bei unserer Berührung wie dünne Blasen aufrissen und eine wässerige Flüssigkeit von sich gaben, über ein vollständiges Pflaster von staubpilzähnlichen Dingen, und unter endlosen Gestrüppdickichten hin. Und immer hoffnungsloser suchten unsere Augen nach unserer verlassenen Sphäre. Der Lärm der Mondkälber war zuzeiten ein breiter, flacher, kalbartiger Ton, zuzeiten erhob er sich zu einem entsetzten und wütenden Brüllen, und dann wieder wurde er zu einem gehemmten Tierlaut, als suchten diese unsichtbaren Geschöpfe zu gleicher Zeit zu fressen und zu brüllen.
Als wir sie zum ersten Mal zu sehen bekamen, war es nur ein ungenügender, flüchtiger Blick, der aber nicht minder beunruhigend, weil unvollständig war. Cavor kroch zurzeit vor und er bemerkte ihre Nähe zuerst. Er machte Halt und gebot es mir mit einer einzigen Bewegung.
Ein Krachen und Bersten des Gestrüpps schien gerade auf uns zu zu laufen, und dann, als wir uns nahe zusammenhockten und über die Nähe und Richtung dieses Lärmes ein Urteil zu gewinnen versuchten, erdröhnte hinter uns ein furchtbares Gebrüll, so nah und heftig, dass sich die Spitzen des Bajonettstrauchs darunter bogen und man seinen Atem heiß und feucht fühlte. Und als wir uns umdrehten, sahen wir durch einen Wald schwankender Stämme hindurch die leuchtenden Seiten des Mondkalbs, und die lange Linie seines Rückens ragte gegen den Himmel empor.
Natürlich ist es schwer für mich, jetzt zu sagen, wie viel ich bei dieser Gelegenheit sah, da meine Eindrücke durch spätere Beobachtung korrigiert wurden. Der erste Eindruck war der von seiner ungeheuren