Friederike von Buchner

Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman


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es gleich geschafft. Sie machen das wunderbar. Sie müssen keine Angst haben. Ich lasse Sie nicht untergehen!«

      Margit spürte, wie er ruhiger wurde. Sie redete mit ruhiger, fester Stimme und trotzdem behutsam und tröstlich auf ihn ein. Er sollte sich auf ihre Stimme konzentrieren und ihr Vertrauen. Sein dunkles Haar war ganz nahe vor ihrem Gesicht. Margit hätte am liebsten ihre Wange fest dagegen gepresst. Doch sie ließ davon ab.

      Nach ein oder zwei Minuten sagte er: »Der Krampf in meinen Beinen hat nachgelassen! Danke, ich glaube, jetzt schaffe ich es alleine!«

      »Sind Sie sicher?«

      Der Mann griff nach Margits Hand und löste sie von seinem Kinn. Er drehte sich um und ihre Blicke trafen sich.

      Margit sah, wie er bei ihrem Anblick die Augen aufriss. Er wurde tief rot im Gesicht.

      »Sie?«, stieß er hervor.

      Er vergaß, zu atmen, sich über Wasser zu halten und tauchte unter. Margit hielt ihn mit einer schnellen Bewegung am Schopf fest und zog ihn nach oben. Er hustete.

      »Alles okay? Sie sind doch noch nicht so stabil. Es ist besser, Sie vertrauen sich mir weiter an.«

      »Danke, es geht schon! Ich war nur so … Es war der Schreck«, sagte er leise und hustete noch einmal.

      Dabei sah er sie an. Margit sah in seinen Augen keine Angst, keinen Schrecken. Sie blickte in Augen voller Wärme und Freude, wie sie es noch niemals gesehen hatte. Sein Blick traf sie mitten ins Herz. Hätte Margit festen Boden unter ihren Füßen gehabt und wäre sie nicht im Bergsee geschwommen, dann hätten ihr die Beine versagt. So tauchte sie nur kurz unter. Schnell kam sie wieder an die Oberfläche.

      »Muss ich Sie jetzt retten?«

      »Nein!«, hauchte Margit.

      Sie konnte sich nicht von seinem Blick lösen. Ihr Herz raste, ihr Puls flatterte. Sie konnte sich an seinem Anblick nicht satt sehen. Er hatte wunderschöne braune Augen, die von langen dunklen Wimpern umrahmt waren, wie sie es noch nie bei einem Mann gesehen hatte.

      »Schwimmen wir langsam zum Ufer zurück. Können Sie?«, fragte Margit.

      Er nickte.

      »Gut, probieren wir es! Es ist ja nicht mehr weit bis zum Ufer! Schwimmen Sie ganz langsam! Langsame, gleichmäßige Bewegungen!«, ermahnte ihn Margit. »Sie dürfen sich nicht verkrampfen. Ganz locker! Machen Sie besonders mit den Beinen langsame Bewegungen. Arbeiten Sie kräftiger mit den Armen. Ich bleibe neben Ihnen!«

      Sie schwammen los. Margit musste ihn im Auge behalten, aber gleichzeitig wollte sie vermeiden, ihn anzusehen. Also schwamm sie etwas versetzt schräg hinter ihm. So konnte sie nach ihm sehen, ohne dass ihre Blicke sich trafen.

      Gleichzeitig stürmten Gefühle und Gedanken auf Margit ein. Fast verzweifelt versuchte sie, Klarheit zu erlangen. War es sein Blick, der mich so aus der Fassung gebracht hat, fragte sie sich. Oder war es das gute Gefühl, einen Menschen vor dem Ertrinken bewahrt zu haben. Hat dieses schöne Gefühl, jemandem so helfen zu können, mich so aus der Fassung gebracht? Margit tauchte, während sie weiter schwamm, ihr Gesicht kurz ins kalte Wasser, als könnte sie dadurch die Gedanken und Gefühle abspülen, gegen die sie sich so wehrte. Sie erkannte, dass er ihr mehr als gefiel. Es hatte sie einfach getroffen. Ich muss mich dagegen wappnen, sagte sie sich. Es ist normal, dass es zu einer engen Beziehung zwischen Gerettetem und Retter kommt, erinnerte sich Margit an ihre Ausbildung. Doch im nächsten Bruchteil einer Sekunde, war ihr klar, dass es das nicht nur alleine sein konnte. Es war mehr, viel mehr, das flüsterte ihr Unterbewusstsein ihr zu.

      Bald erreichten sie Grund und wateten ans Ufer. Sie ließen sich beide ins hohe Gras fallen und rangen erst einmal um Atem. Dann setzte sich der Mann auf. Er streckte Margit die Hand hin.

      »Danke! Danke für die Rettung! Ich dachte, mein letztes Stündlein hätte geschlagen! Ich bin Henk!«

      Zögernd nahm Margit seine Hand.

      »Margit! Gerufen werde ich Maja!«

      »Also, nochmals Danke, Maja! Ich weiß auch nicht, wie das geschehen konnte«, sagte er.

      »Das Wasser im Bergsee ist sehr kalt!«

      »Du bist eine geübte Schwimmerin!«

      »War ich! Bis zum Abitur war ich aktive Schwimmerin und habe viele Preise abgeräumt!«

      »Dann hatte ich ja richtig Glück im Unglück!«

      »Glück in der Dummheit«, sagte Margit streng.

      »Ist es hier nicht verboten zu schwimmen?«

      »Keine Ahnung! Auf jeden Fall schwimmt man hier auf eigene Gefahr. Das gebe ich zu!«

      »Beim Schwimmen in einem unbekannten Gewässer sollte man nie allein sein! Das besagen die Regeln!«

      »Ja! Aber ich mag Regeln nicht sonderlich! Außerdem bin ich heute nicht zum ersten Mal hier geschwommen! Ich verstehe nicht, wie es geschehen konnte.«

      »Nun, ich war zum ersten Mal im Bergsee und trotz meiner Leidenschaft zum Wasser muss ich sagen, dass der Bergsee sehr kalt ist.«

      »Er ist nicht immer so kalt! Vielleicht kam das durch das Regenwetter der letzten Tage!«

      »Das ist nicht anzunehmen«, bemerkte Margit. »Ich vermute, dass der Regen das Wasser eher etwas wärmer gemacht hat. Es ist einfach zu früh am Morgen. Die Sonne hat die Wasseroberfläche noch nicht erwärmt.«

      »Ich will dir nicht widersprechen. Wenn du so viele Preise gewonnen hast, bist du bestimmt eine Expertin.«

      »Bist du schon länger hier?«, fragte Maja.

      »Ja, ich bin schon etwas länger in Waldkogel, und du? Machst du Urlaub?«

      Margit war nicht entgangen, dass er ihre Fragen nicht genau beantwortet hatte. Er hatte nicht gesagt, dass er Urlaub macht. Er muss etwas mit den Feuchtwiesen zu tun haben, dachte Margit. Sie überlegte, ob es sinnvoll war, ihn sofort darauf anzusprechen, sah aber dann davon ab. Stattdessen antwortete sie:

      »Ja! Ich war einige Tage oben auf der Berghütte. Jetzt wollte ich eine Woche hier im Tal verbringen.«

      Margit stand auf. Sie hielt ihre Arme vor den Körper.

      »Ich glaube, ich gehe mich mal wieder anziehen! Und eine Tasse heißer Kaffee würde mir auch gut tun!«

      »Ich habe Kaffee in meinem Auto, Maja! Darf ich dich zu einer Tasse einladen? Mein Auto steht dahinten im Wald.«

      Margit zögerte mit der Antwort. Es war eine seltsame Situation. Sie stand vor ihm in nasser Unterwäsche, auch wenn diese auf den ersten Blick sich kaum von einem bunten Bikini unterschied, und sie hatte ihm gerade das Leben gerettet. Und ihr Herz klopfte, wenn sie in seine Augen sah.

      »Also, du sagst ja? Dann gehe ich vor. Du kommst nach, sobald du dich angezogen hast«, sagte er.

      Seine Augen glitten an ihr hinab. Margit errötete und rannte davon. Er sah ihr nach und lächelte. Dann ging er am Ufer entlang in Richtung der Feuchtwiesen.

      Henk konnte es nicht fassen. Entweder war diese Margit die perfekte Doppelgängerin seiner Traumfrau oder sie war seine Traumfrau.

      Gibt es so einen Zufall? Ist es möglich, dass wir so nahe beieinander wohnen und uns hier näher kommen?

      Sie ist es wirklich, dachte er.

      Oder hat sie vielleicht eine Zwillingsschwester?

      Es muss eine eineiige Zwillingsschwester sein, anders kann es nicht sein, oder?

      Der Schock über den schweren Wadenkrampf im Wasser und dass er vielleicht einem nassen Schicksal entkommen war, beschäftigte Henk nicht mehr. Dass er ihr begegnet war, das war viel wichtiger. Sie hatte ihn gerettet! Welch eine unglaubliche

      Kapriole des Schicksals, dachte Henk. Ich werde behutsam mit ihr reden, überlegte er. Ich werde schon herausfinden, wo sie wohnt und so weiter. Es muss Margit sein, oder ich habe im kalten Wasser