Patricia Vandenberg

Im Sonnenwinkel Staffel 3 – Familienroman


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zuviel Haare lassen, wenn Sie sie kaufen wollten. Viktoria braucht nicht zu sparen. Sie ist eine reiche Frau, wenn Sie es auch noch nicht glauben können. Gordon wollte sie betrügen, aber diesmal kann er in den Mond gucken. Schauen Sie nicht so ungläubig, Herr Gruber. Ich werde es Ihnen erklären.«

      Aber das mußte er recht ausführlich tun, bis es Korbinian Gruber endlich begriff. Und dann lachte er sich ins Fäustchen.

      »Das gönn ich dem Schlawiner!« freute er sich. »Daran wird er noch lange knabbern. Man sieht es mal wieder, wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.«

      Und diesmal traf es haarscharf zu.

      *

      Corri war sehr früh munter, und weil niemand auf ihr Rufen hörte, kletterte sie aus dem Bett und trippelte in Christophs Zimmer.

      »Toffi, Toffi, bist munter?« wisperte sie.

      Er rieb sich die Augen. Dann faßte er sich an den Mund, weil es da so stach und zog. Und dann erinnerte er sich, was am gestrigen Tage geschehen war. Aber er hatte gut geschlafen und den Schrecken schon wieder fast vergessen.

      »Pst!« machte er. »Schlaf noch.«

      So richtig deutlich konnte er noch nicht sprechen, aber Corri wollte auch nicht mehr schlafen.

      »Ria gehe«, plapperte sie. »Tür aufmachen.«

      Das konnte sie noch nicht allein. Dazu brauchte sie Christoph.

      Aber er dachte plötzlich daran, was Ria ihm noch vor dem Einschlafen gesagt hatte. Daß sie immer bei ihnen bleiben würde, als ihre Mami.

      »Nicht Ria, Mami heißt das«, erklärte er mühsam.

      »Mami?« fragte Corri und kletterte zu ihm ins Bett. Er rutschte ein bißchen zur Wand und hielt die Kleine fest. »Ria«, wiederholte Corri.

      »Sie ist jetzt unsere Mami«, sagte Christoph. »Meine Lippe tut weh, kann nicht soviel reden.«

      »Wehweh, armer Toffi«, bedauerte ihn Corri. Sie tätschelte ihm die Wange und drückte ihm einen feuchten Kuß darauf. »Ria heileheile macht.«

      »Mami, Ria heißt jetzt Mami! Sie ist unsere Mami, Corri!«

      Wenn sie es doch bloß verstehen würde. Christoph war ganz verzweifelt, weil er es doch nicht dauernd sagen konnte. Zu blöd, daß er vom Zaun ausrutschen mußte, gerade jetzt, wo es soviel zu reden gäbe.

      »Du bist halt noch so klein. Du verstehst nicht, was ich meine. Ria ist unsere Mami. Sie bleibt immer bei uns.«

      »Mami, Mami!« wiederholte Corri und klatschte in die Hände.

      »Siehste! Nun hast es kapiert!«

      »Tür auf, Tür auf!« verlangte sie nun jedoch.

      Christoph fühlte sich seltsam weich in den Knien, aber er tat ihr den Gefallen. Und er machte auch noch die Tür zu Viktorias Zimmer auf.

      Viktoria vernahm ein Geräusch, aber sie wußte nicht, woher es kam. Sie war noch in ihren Träumen gefangen.

      »Mami«, tönte ein leises Stimmchen an ihr Ohr. »Mami, Mami, Mami!«

      Eine winzig kleine Hand tastete sich über ihren Arm, und dann war Viktoria plötzlich ganz munter.

      »Corri!« rief sie glücklich, das Kind mit ihren Armen umschließend.

      »Nicht Ria, Mami«, sagte Corri wichtig. »Liebe Mami!«

      Weiche, feuchte Lippen lagen an Viktorias Wange, und ein heißes Glücksgefühl durchströmte sie.

      »Will auch zu dir«, flüsterte Christoph.

      »Mein armer Kleiner! Geht es dir besser?« erkundigte sich Viktoria besorgt.

      »Bißchen weh tut’s noch, aber es geschieht mir recht. War ja selber schuld.«

      »Heile, heile Miesekatz«, sagte Corri.

      Und wie schnell konnte eine weiche, liebevolle Hand Schmerzen vergessen lassen!

      Christoph kuschelte sich in Viktorias Arm, Corri in den andern, und für Viktoria begann dieser Tag in dem glücklichen Bewußtsein, Tills Kindern nun wahrhaftig Mutter sein zu können.

      Corri kostete es aus, sie immer wieder »Mami« zu nennen, und Christoph drückte seine geschwollene Lippe an ihre Hand.

      Dann stand Till in der Tür.

      »Da kann ich euch ja lange suchen«, bemerkte er, und seine Stimme klang sehr bewegt.

      »Mami aufweckt«, erklärte Corri. »Is meine Mami!«

      »Meine Mami auch«, schloß Christoph sich an.

      »Und meine Vicky«, sagte Till zärtlich, und die Kinder fanden es durchaus richtig, daß er ihr einen Kuß gab.

      *

      Keine Schatten trübten ihr Glück. Nichts geschah an diesem Tag, was sie beunruhigen konnte.

      Onkel Korbinian rief schon früh an. Er konnte es gar nicht mehr erwarten, wieder mit ihnen beisammen zu sein. Das konnten sie ihm nicht übelnehmen. Er gehörte zu ihnen, und ihr Glück war groß genug, um seinen Schein auch auf sein Leben zu werfen.

      »Opapa, Opapa«, empfing ihn Corri jauchzend, und man sah es ihm an, daß es für ihn nichts Schöneres mehr geben konnte, als so genannt zu werden.

      »Ich müßte Dr. Rückert anrufen«, sagte Viktoria.

      »Das hat Zeit. Nachher erzähle ich dir alles. Wir haben gestern noch lange beieinandergesessen.«

      »Wer?«

      »Dr. Rückert und ich. Ich bin nicht gleich heimgefahren. Wir haben uns in Hohenborn ganz zufällig getroffen, und dann haben wir halt noch ein paar Fläschchen auf eine glückliche Zukunft geleert. Grund genug hatten wir dafür.«

      »Gleich ein paar?« fragte Viktoria staunend.

      »Es war mein bester Wein. Er hat Dr. Rückert auch geschmeckt. Aber für uns haben wir noch genug, da braucht euch nicht bange zu sein.«

      »Dr. Rückert war bei dir?« wunderte sich Viktoria.

      »Er hat mich heimgebracht. Es fuhr doch kein Bus mehr.«

      »Warum bist du nach Hohenborn gefahren, Onkel Korbinian?« fragte Viktoria.

      »Ach Gott, bloß so. Aber dann hatte es sich schon erledigt. Jetzt steckst du deinen alten Onkel auch noch in die Tasche, Vicky.«

      »Was soll das nun wieder heißen?«

      »Daß du Teilhaberin einer Erdölgesellschaft bist.«

      »Du, für solche Späße bin ich heute aber nicht zu haben«, entgegnete sie unwillig. »Du brauchst mich jetzt nicht immer daran zu erinnern, wie töricht ich war.«

      »Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn«, sagte er neckend. »Du hast gleich ein paar Millionen gefunden, und ein gewisser Mister guckt dumm.«

      »Ich glaube, die paar Flaschen waren zuviel für dich, Onkel Korbinian«, bemerkte Viktoria kopfschüttelnd.

      »Ach was! Aber du hast ja einen Anwalt, der dir alles ganz genau erklären wird. Es fragt sich nur, ob Till eine so reiche Frau überhaupt heiraten will.«

      Viktoria begriff, daß das kein Spaß mehr war, aber ein Grund zum Jubeln war es für sie nicht.

      »Wenn es so ist, sagen wir ihm lieber nichts davon, bis wir verheiratet sind, Onkel Korbinian«, flüsterte sie. »Ich bin so glücklich, daß er mich liebt, auch wenn ich nichts besitze.«

      »Na, daran gibt es doch wohl keine Zweifel, du Dummchen«, meinte Onkel Korbinian gerührt.

      Aber Till erfuhr es doch erst am Tag der Hochzeit.

      An diesem Tag, an dem die Kirche in Erlenried wieder dicht gefüllt war und zum erstenmal auch Korbinian Gruber in der vordersten Reihe saß, war Till Jaleck