dem ersten und dem zweiten Stock versuchte sie mir zu erklären, was sie »Literatur der Erfahrung« nannte, etwas, das, kurz gesagt, darin besteht, dass man nur über das schreiben kann, was man erlebt hat, also das, was man aus eigener Erfahrung kennt. Ich fragte mich, ob das das Gleiche war wie die Behauptung, dass keiner erklären kann, wie ein Hunde-Taco schmeckt, wenn er noch nie einen gegessen hat. Oder besser gesagt, wenn er glaubt, noch nie einen gegessen zu haben. Oder noch besser gesagt, wenn er nicht weiß, dass er schon mal einen gegessen hat. Denn jeder hat schon mal einen Hunde-Taco gegessen, auch wenn er das nicht weiß. Also weiß jeder, wie ein Hunde-Taco schmeckt, auch wenn keiner das zu wissen glaubt. Das war das wirklich Paradoxe an der Sache: nicht über etwas nicht schreiben können, weil man es nicht erlebt hat, sondern weil man nicht weiß, dass man es erlebt hat. Zur Abwechslung hatte ich ihr kaum noch zugehört, und als wir im dritten Stock waren, schnappte ich einen losen Satz auf:
»Die Erfahrung von Krankheit ist genauso gut wie jede andere«, sagte Francesca.
»Was Sie nicht sagen! Genauso gut wie Liebe, Abenteuer, Reisen oder Freiheit?«
»Ich spreche von Literatur.«
»Ach so! Und warum sollte mein angeblicher Roman besser sein, wenn ich darin haarklein auf die Symptome von Arthrose, Sodbrennen, Schleimhautentzündung oder Fettleber eingehe? Wofür soll das gut sein? Um Mitleid zu erregen? Für so was haben wir uns selbst, dafür braucht man keine Romane!«
»Krankheit ist die perfekte Metapher für Verfall, Niedergang, die Vergänglichkeit alles Menschlichen.«
»Das heißt, statt zum Arzt sollte man besser zu einem Literaten gehen?«
»Sie reden wie ein kleines Kind. Warum spielen Sie immer das Enfant terrible? Sie fliehen vor der Wirklichkeit, schauen Sie sich doch an, glauben Sie, ich sehe nicht, wie gebrechlich Sie sind?«
»Und seit wann ist die Wirklichkeit wichtig? Ich fühle mich stärker als ein Pferd.«
Sie errötete, obwohl der Reißverschluss oben angekommen war und die Türen aufgingen. Ich machte mir die kaputte Glühbirne zunutze und tätschelte ihr beim Abschied den Hintern. Er fühlte sich weich und fest an, eine wirklich angenehme Offenbarung. Die anschließende Ohrfeige schallte bis in alle Ewigkeit durchs Haus.
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