Ein zwölfjähriger Knabe stellte sich dem Meister vor und gab ihm am Klavier Beweise einer für sein Alter wahrhaft erstaunlichen Fertigkeit. Der junge Mann improvisierte und spielte ein Beethoven-Konzert mit großer Sicherheit. Da der Meister jedoch nicht an Wunderkinder glaubte, schickte er ihn wieder fort.
Schließlich konnten ihn Freunde dazu bewegen, ein öffentliches Konzert des jungen Mannes zu besuchen, und jetzt erst erkannte Beethoven, wie sehr er sich geirrt hatte. Er stürzte auf das Podium und umarmte den genialen Knaben. Das Wunderkind war Franz Liszt.
Als Beethoven zum ersten Mal die Neunte Symphonie dirigierte, reagierten die Zuhörer mit heller Begeisterung. Dass er dem Publikum trotz lautstarker Ovationen den Rücken zuwandte, wurde vorerst als Zeichen von Arroganz ausgelegt. Die Sängerin Caroline Unger war es, die begriff, dass der taube Komponist den Jubel des Publikums nicht hören konnte. Sie ging auf ihn zu, nahm ihn an den Schultern und zwang ihn, sich mit dem Gesicht den Menschen im Konzertsaal zuzuwenden. Erst jetzt merkte Beethoven, welch einen Triumph er errungen hatte, und war tief bewegt.
In Karlsbad trafen einmal die beiden größten Genies ihrer Zeit zusammen. Beethoven und Goethe beschlossen, gemeinsam eine Spazierfahrt zu unternehmen. Die Leute, die den Wagen mit den beiden Männern vorbeifahren sahen, blieben stehen und grüßten ehrfürchtig.
»Es langweilt mich, so berühmt zu sein«, sagte Goethe. »Schon deshalb, weil mich alle Leute grüßen.«
»Eure Exzellenz brauchen sich nichts daraus zu machen«, erwiderte Beethoven, »Vielleicht bin ich es, den die Leute grüßen.«
IMRE BÉKESSY
Zeitungsherausgeber
* 13. 11. 1887 Budapest † 17. 3. 1951 ebd. Herausgeber und Chefredakteur der Wiener Boulevardblätter »Der Tag« und »Die Stunde«, denen er mit äußerst dubiosen Methoden zu Anzeigen verhalf. Weltberühmt wurde der in den 20er Jahren bei ihm beschäftigte Reporter und spätere Hollywoodregisseur Billy Wilder. Békessy war Vater des bekannten Schriftstellers Hans Habe.
Karl Kraus nannte ihn »einen Mann von durchaus gesunder Prostitution« und wollte ihn mit den Worten »Hinaus aus Wien mit dem Schuft!« der Stadt verweisen. Auf Imre Békessy und sein auf Korruption aufgebautes Verlagshaus war wohl jener von Fritz Grünbaum stammender Schüttelreim gemünzt, der die Békessy-Journalisten so definierte: »Man kann, wenn sie Bericht erstatten, genau wer sie besticht erraten!«
RALPH BENATZKY
Komponist
* 5. 6. 1884 Mährisch-Budwitz/Tschechoslowakei † 16. 10. 1957 Zürich. Komponist populärer Lieder wie »Ich muss wieder einmal in Grinzing sein«, »Ich weiß auf der Wieden ein kleines Hotel«. Weltberühmt durch das Singspiel »Im weißen Rössl« (1930). Weitere Erfolge: »Bezauberndes Fräulein«, »Axel an der Himmelstür«, »Adieu, Mimi«. Verheiratet mit der Sängerin Josma Selim.
Benatzky wurde vorgeworfen, im Weißen Rössl manch musikalische Anleihe genommen zu haben. Was Anton Kuh zu folgender Rezension animierte: »Einige Melodien kommen mir sehr bekannt vor. Der Komponist Benatzky sollte seinen Namen in Benutzky umändern.«
Als Toscanini 1926 an der Mailänder Scala Puccinis unvollendet gebliebene Oper Turandot zur Uraufführung brachte, fiel der Vorhang mitten im dritten Akt, worauf sich der Dirigent dem Publikum zuwandte und die mittlerweile legendären Worte sprach: »Hier endet das Werk des Meisters!«
Darauf nahm der Wiener Musikkritiker Josef Reitler Bezug, als er wenige Jahre später im Theater an der Wien saß, um für die Neue Freie Presse Benatzkys Operette Adieu, Mimi zu rezensieren.
Die Ouvertüre setzte mit einem gewaltigen Trommelwirbel ein. Als dieser jäh abbrach, nützte Reitler die so entstandene Pause, um laut und deutlich ins Publikum zu rufen: »Hier endet das Werk des Meisters.«
Der Komponist trat mit seiner singenden Ehefrau Josma Selim in diversen Kabaretts auf, wobei die Künstlerin ihren Vortrag stets stereotyp einleitete: »Text und Musik von Dr. Ralph Benatzky. Am Flügel der Komponist!« Diese Worte waren ihr derart in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie sich sogar am Telefon meldete: »Hier Josma Selim. Am Flügel der Komponist!«
ARMIN BERG
Kabarettist
* 9. 5. 1883 Gussowitz bei Brünn † 23. 11. 1956 Wien. Eigentlich Hermann Weinberger. Trat als Komiker in fast allen Wiener Kabaretts auf, ehe er durch das Chanson »Der Überzieher« populär wurde. 1938 Emigration in die USA, wo er sich durch den Verkauf von Bleistiften und Büromaterial über Wasser hielt. Nach der Rückkehr Auftritte bei Karl Farkas am Kabarett Simpl in Wien.
Armin Berg schlendert Mitte der dreißiger Jahre gemeinsam mit Hugo Wiener durch die Wiener Herrengasse. Beim neu errichteten Hochhaus angelangt, erkennen sie eine Tänzerin, die mit ihnen in der Femina-Kabarettbar engagiert war, und die hier aus dem Fenster ihrer ebenerdig gelegenen Wohnung blickt. Armin Berg bleibt kurz stehen, schaut die junge Kollegin verwundert an und sagt: »Und dazu wohnt man im Hochhaus?«
Es gelang dem berühmten Interpreten des »Überziehers« mit seiner Frau nach New York zu emigrieren, wo die beiden in einem großen Miethaus eine Wohnung fanden. Im selben Block lebte eine dralle Amerikanerin, in die sich der Wiener Komiker verliebte. Das Pikante an der Verbindung war, dass die Fenster seiner Wohnung ausgerechnet zum Appartement seiner Angebeteten ausgerichtet waren. Immer wenn Armin Berg die Freundin besuchte, mussten also deren Fenster und Vorhänge hermetisch verschlossen sein, um zu vermeiden, dass das Liebesgeplänkel von der Gemahlin beobachtet würde.
Prompt vergaß er eines Tages auf diese Vorsichtsmaßnahme. Die Vorhänge blieben geöffnet, und ausgerechnet in dem Augenblick, da Herr Berg von der mit stürmischen Küssen bedeckten Geliebten aufblickte, sah er seiner mehr als erstaunten Gattin ins Antlitz.
Armin Berg fand in dieser schier unlösbaren Situation den folgenden Ausweg. Er rief seiner Frau, mitten in New York, durchs geöffnete Fenster im deutsch-jiddischen Jargon mit unverkennbar mährischem Einschlag zu: »Ich bin nicht der Armin Berg!«
Friedrich Torberg trifft am Broadway zufällig seinen Wiener Freund Armin Berg. Der Schriftsteller fragt den Komiker, wie es ihm in New York gefalle. »Hör zu«, sagt Berg, »warum wir da sind, weiß ich. Aber warum sind die Amerikaner da?«
Nach Wien zurückgekehrt, trat er wieder bei Karl Farkas im Simpl auf. Eines Tages wurde er zur Erledigung einiger Formalitäten aufs amerikanische Konsulat gebeten. Noch ehe Armin Berg dorthin aufbrach, empfahl man ihm – da bekannt war, dass er in der Emigration kaum ein Wort Englisch gelernt hatte – einen Dolmetscher mitzunehmen. Empört erwiderte der Komödiant: »Was brauch ich an Dolmetsch, ich hab acht Jahre in Amerika gelebt, ich kann perfekt Englisch.«
Erst als man ihm entgegenhielt, es könnten juridische Spitzfindigkeiten erörtert werden, die sich aus seiner Rückkehr ergäben hätten, erklärte er sich bereit, einen Übersetzer mitzunehmen.
Armin Berg betrat die US-Behörde in der Wiener Schmidtgasse, wo er vom amerikanischen Konsul mit den Worten begrüßt wurde: »How do you do, Mr. Berg?«
Worauf Armin Berg sich dem Dolmetscher zuwandte und fragte: »Was sagt er?«
SENTA BERGER
Schauspielerin
* 13. 5. 1941 Wien. Erste Filmrolle 1957 in Willi Forsts »Die unentschuldigte Stunde«. Musste das Reinhardtseminar wegen einer Filmrolle verlassen. Mit 17 Jahren am Theater in der Josefstadt, aber immer stärkeres Interesse am Film. 1962 Beginn ihrer Hollywood-Karriere. In den 70ern als ernsthafte Schauspielerin wieder entdekkt, spielte sie in Filmen von Wim Wenders und Volker Schlöndorff.
Nachdem Senta Berger bereits in Hollywood gedreht hatte, kehrte sie nach Berlin zurück, um in einem Film