kann Ihre Gefühle gut verstehen. Es gibt genügend Beispiele aus der Arbeitswelt, die Ihre Erfahrungen bestätigen. Und auch Christen erleben trotzt ihres Vertrauens auf Gott immer wieder auch Ängste bezüglich ihres Arbeitsplatzes.
Dennoch sollten Sie sich zunächst nüchtern fragen, aus welcher Quelle Ihre Befürchtungen fließen. Vieles entwickelt sich auf dem Hintergrund der eigenen Lebensmotive, die wesentlich unser Denken und unser Verhalten bestimmen. Sind Sie von Natur aus ein eher ängstlicher Typ? Dann können Sie sich fast sicher sein, dass hier einer der Hauptgründe Ihrer Befürchtungen liegt und es vielleicht sogar gar keine realen Auslöser gibt, sprich, Ihr Kollege gar nicht hinter Ihrem Rücken agiert, sondern Sie dies nur befürchten.
Darum verschaffen Sie sich zunächst Ihrem Arbeitskollegen gegenüber Klarheit. Fragen Sie ihn einfach und offen, wie er mit Ihnen klarkommt und ob er mit der Zusammenarbeit zufrieden ist. Auf diesen Gebieten kann man sich fast immer verbessern. Dazu klären Sie Ihre Lebensmotive. Fragen Sie sich: Woher rührt meine Angst? Seit wann habe ich sie? Wie heißen die immer wiederkehrenden Auslöser? Wenn Sie damit nicht alleine klarkommen, suchen Sie einen Seelsorger oder Berater auf.
Wir müssen unsere Ängste nicht einfach als Schicksal hinnehmen. Wir können ihnen im Glauben an Gott begegnen. Gottes Liebe möchte uns von Angst befreien: »In der Liebe gibt es keine Furcht, denn Gottes vollkommene Liebe vertreibt jede Angst« (1. Johannes 4,18; NeÜ). Liebe deckt falsche Lebensmotive auf, weil sie stets mit der Wahrheit Hand in Hand geht. Liebe braucht keine falschen Lebensmotive, um ein künstliches Lebensgerüst aufrechtzuerhalten. Gottes Wahrheit will uns frei machen, und seine Liebe besiegt auch unsere Angst (Johannes 8,32).
Peter Schulte
»WIE ÜBE ICH KRITIK, OHNE ZU VERLETZEN?«
»Ich soll meinen Mitarbeiterinnen regelmäßig Rückmeldung über ihre Arbeitsleistung geben. Sie zu loben fällt mir leicht. Die Kritikpunkte bringe ich allerdings nicht über die Lippen. Als Christ will ich liebevoll über die Fehler anderer hinwegsehen, erlebe mich dadurch jedoch als nicht ganz ehrlich. Im Privatleben und meiner Gemeinde ergeht es mir in puncto Kritikfähigkeit ähnlich. Wie kann ich mit anderen sprechen, ohne sie zu verletzen?«
Mit Ihrer Frage stehen Sie nicht allein da. Viele Christen sind bemüht, Konflikte möglichst zu vermeiden. Man möchte niemanden demotivieren, verletzen oder sich gar zum Feind machen. Und klare Kritik kann ja gerade dazu führen, dass der andere verletzt oder gar beleidigt ist. Kritik wird häufig mit einem »Abwerten« oder »Heruntermachen« des anderen gleichgesetzt.
Ohne Kritik kein Lernen
Dabei wäre es so wichtig, anderen neben dem Lob auch mitzuteilen, was nicht passt. Vorenthaltene Kritik bedeutet, dass Sie einer Person auch die Möglichkeit vorenthalten zu lernen, etwas zu verändern und besser zu werden. Woher sonst sollen die Mitarbeiterinnen wissen, was gewünscht ist oder verändert werden soll, wenn es ihnen niemand sagt? Kritik ist Lernen am Punkt: nämlich dort, wo nicht ideale Leistungen sichtbar werden. Oder wie es in den Sprüchen Salomos heißt: »Besser ein offener Tadel als Liebe, die ängstlich schweigt« (Sprüche 27,5; NeÜ).
Kritik ist kein Zeichen von Abwertung – ganz im Gegenteil: Sie ist ein Zeichen von Interesse am anderen. Ein Zeichen dafür, dass man an den anderen glaubt. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die nicht kritisiert werden, sind, genau genommen, abgeschrieben. Wer mich wirklich liebt, sagt mir auch die Wahrheit. Im Hohelied der Liebe (1. Korintherbrief 13) steht treffend: Die Liebe »freut sich, wenn die Wahrheit siegt« (13,6; NeÜ).
Gute Kritik – wie geht das?
Wie lässt sich gute Kritik verwirklichen? Eine wertvolle Regel dazu findet sich im Jakobusbrief 1,19: »Jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn!« Zunächst geht es darum hinzuhören: Ist der andere wirklich gesprächs- und aufnahmebereit? Wie sieht der Fehler oder der Kritikpunkt aus seiner Sicht aus? Diese Haltung beugt Fehlinterpretationen vor und schafft ein Klima der Wertschätzung. Die meisten Menschen brauchen keine langen Monologe, sondern eher die Ermutigung, selbst nachzudenken und ein Problembewusstsein zu schaffen.
Ein konstruktives Kritikgespräch könnte zum Beispiel so aussehen, dass man in einer entspannten Gesprächsatmosphäre – das heißt: nicht zwischen Tür und Angel – den anderen auf ein Problem aufmerksam macht. Fragen Sie ihn nach seiner Meinung dazu – ohne selbst ein Urteil zu fällen bzw. Schuldzuweisungen vorzunehmen. Die Trennung von Person und Problem ist dabei besonders wichtig: Nicht der Mensch ist Ziel von Kritik, sondern Handlungen und Verhaltensweisen.
Klarheit ist entscheidend
Stehen die Fakten und deren Bewertungen allen Gesprächspartnern klar vor Augen, kann man über Veränderungsstrategien sprechen. Die Frage nach »Schuldigen« ist dabei zerstörerisch und sollte idealerweise vermieden werden. Ziel ist es ja nicht anzuklagen, sondern zielorientiert Verbesserungsmöglichkeiten zu finden. Statt einer Aufforderung »Du musst« wird besser ein Wunsch geäußert: »Ich wünsche mir, dass du …« Ein Wunsch engt den anderen nicht ein und lässt ihm Freiraum zur Entscheidung. Jeder Wunsch nach Veränderung sollte positiv formuliert werden. Nur so weiß der andere nicht nur, was er nicht tun soll, sondern auch, was er zur Verbesserung der Situation beitragen kann.
Wir bleiben verantwortlich für unser Reden und sind aufgerufen, Weisheit beim Reden zu erwerben. Das bedeutet Ausprobieren, Lernen und Üben. Denn: »Wer unbedacht schwätzt, verletzt mit dem Schwert, die Worte von Weisen sind wie Balsam« (Sprüche 12,18; NeÜ).
TIPPS, WIE SIE BESSER KRITIK ÜBEN
•Hören Sie zu und lassen Sie den anderen seine Sicht des Problems formulieren.
•Verstehen Sie nicht zu schnell. Je stärker Sie noch emotional beteiligt sind, desto verletzender verläuft das Gespräch.
•Sprechen Sie über Fakten und nicht über die eigenen Interpretationen des Geschehenen. Interpretationen verschärfen die Situation und suchen nach Schuldigen.
•Benennen Sie Ihre eigenen Gefühle.
•Finden Sie klare Worte und vermeiden Sie abstrakte bzw. allgemeine Aussagen.
•Kritisieren Sie das Verhalten und nicht die Person.
•Fragen Sie den anderen, was er/sie ändern will.
•Sagen Sie Ihrerseits konkret, was Sie sich anders wünschen.
•Seien Sie offen für Neues. Vorgefasste Meinungen über den/die anderen stören das Gespräch und führen in die Sackgasse.
Peter Schulte
»WIE KANN ICH LERNEN, MIT KRITK UMZUGEHEN?«
»An meiner neuen Arbeitsstelle herrscht an und für sich ein gutes Klima. Neulich durfte ich einen Vortrag halten, auf den ich mich sehr freute und den ich darum auch sehr gut vorbereitete. Aber gleich danach kam jemand auf mich zu und hatte alles Mögliche daran zu kritisieren. Ich habe mich zwar bemüht, es anzunehmen, aber tatsächlich hat es mich doch sehr getroffen. Nun bin ich mit mir selbst unzufrieden, weil ich eigentlich denke, dass Kritik- und Korrekturfähigkeit sehr wichtig ist. Bin ich zu empfindlich? Ich merke, dass ich gar nicht richtig weiß, wie man am besten mit Kritik umgeht. Können Sie mir vielleicht einen Tipp geben?«
Es ist leider so: Nur wenige Menschen können Kritik so vermitteln, dass sie nicht wehtut. Kritik wird oft als eine Form der Bestrafung empfunden, besonders dann, wenn sie unsensibel mitgeteilt wurde. Strafen sind zwar ein manchmal notwendiges Erziehungsmittel, aber sie haben auch die hinderliche »Nebenwirkung« der Entmutigung. Am wirksamsten ist eine Kritik darum, wenn sie als Ansporn und Ermutigung ankommt.
Einen Vortrag unmittelbar nach der Veranstaltung kritisch zu »zerpflücken« scheint mir nicht von großer Einfühlsamkeit zu zeugen. Darum ist es unabhängig von der Frage, ob diese Kritik berechtigt war oder nicht, zunächst einmal sehr