Ben Calvin Hary

Perry Rhodan Neo 235: Das Mausbibergrab


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      Sofort ließ der Druck auf Hawks Schultern nach. Er war frei.

      Gucky schüttelte den Kopf. »Wenn ich so was mache, kriege ich regelmäßig Ärger!« Nachdenklich musterte er den Okrill.

      »Bei dir fürchtet ja auch niemand, dass du Stromschläge verteilst, wenn jemand mit dir schimpft. Vielleicht solltest du damit anfangen.« Hawk ließ die Schultern kreisen, erhob sich vom Bett und schlug Steflov sanft auf den Rücken. »Sorry, Doc!«

      Mit einem Stöhnen ging der Mediziner in die Knie. Hawks leichter Schlag brachte ihn ins Wanken.

      Hawk grinste und nahm die Hand vom Rücken des Terraners, dann versetzte er dem Okrill einen Hieb auf die Schnauze. »Hiii, Watson. Ich fürchte, in die Zentrale wirst du mich nicht begleiten können. Schauen wir mal, wie weit die Xenobiologin mit diesem Okrillvergnügungspark ist.«

      Zusammen mit Gucky und dem Okrill verließ Omar Hawk die Medostation.

      Zehn Minuten später erreichten sie den Grünanlagensektor der CREST II.

      Omar Hawk sah seine düstersten Ahnungen bestätigt. Von Sicherheitsvorkehrungen konnte nicht die Rede sein. Zumindest nicht von solchen, die einen Okrill an der Flucht hindern würden.

      Die Decke war in hellem Blau illuminiert – ein großflächiges Hologramm, dem Himmel über Terrania nachempfunden. Tageslichtlampen und Infrarotstrahler simulierten einen warmen Frühlingstag. Es roch nach frisch gemähtem Gras und feuchter Erde.

      Der Oxtorner betrat eine Rasenfläche von etwa hundert auf fünfzig Metern, die dem Anschein nach hastig freigeräumt worden war. Hochbeete und Bänke, die der Besatzung sonst zum Verweilen dienten, standen übereinandergestapelt am Rand. Mobile Schutzschirmprojektoren bildeten einen Ring um die freie Fläche. Sie waren desaktiviert.

      In der Mitte des Bereichs, vor einem transportablen Positronikpult, stand ein großes Laufrad wie aus einem überdimensionierten Hamsterkäfig. Eine grauhaarige Frau in Zivil und ein schlaksiger, bebrillter Mann stellten Stühle und Tische zu einer Art Hindernisparcours auf, die sie wohl hastig aus einer der Mannschaftsmessen hergebracht hatten. Ein künstlicher Teich stellte die einzige Trinkwasserquelle dar. Einen Zugang zur Stromversorgung entdeckte Hawk nirgends.

      »Ist dies die neue Okrillpension?«, krähte Gucky mit aufgesetzter Fröhlichkeit. »Wir hätten einen Gast für euch!«

      Als die Frau Hawk, den Ilt und Watson bemerkte, kam sie mit ausgestreckter Hand auf den Oxtorner zu. Der zurückgekrempelte Ärmel entblößte sonnengebräunte Unterarme.

      »Sie sollten einen kleinen Generator aufstellen.« Hawk ergriff ihre Hand und schüttelte sie vorsichtig. »Watson hat stets Hunger nach Energie. Die Ankunft an Bord hat ihn verausgabt.« Er versuchte, nicht an die Verwüstungen im Meilersektor und die Verwundeten in der Medostation zu denken.

      »Keine Sorge.« Die Frau deutete auf die Positronikkonsole. »Wir werden den Guten durchleuchten. Sobald wir herausgefunden haben, was er braucht, wird es ihm an nichts mangeln.«

      Der Mann folgte der Grauhaarigen in einigem Abstand. Im Gehen fixierte er den Okrill. »Es ist hässlicher, als ich dachte. Im Biologiestudium haben wir so was früher seziert.« Sein verpickeltes Gesicht offenbarte einen abschätzigen Ausdruck. Strähniges Haar fiel ihm ungewaschen in die Stirn.

      Hawk widerstand dem Drang, ihm die Meinung zu sagen. Der Kerl war ihm unsympathisch, und viel hübscher als der Okrill war er auch nicht.

      Sie machten sich miteinander bekannt.

      Die Zivilistin stellte sich als Danielle Pyme vor, die Leitende Xenobiologin an Bord. »Im Omnitischen Compariat gibt es nicht nur Oproner oder Sleeker, sondern unzählige weitere fremde Lebensformen, die es zu erforschen gilt. Früher oder später wird Perry Rhodan unsere Dienste brauchen.« Ihre Stimme klang alt, was nicht recht zu ihrem jugendlichen Gesicht passte.

      Der Picklige hieß Thomas Becker, ein Student aus Terrania, der Pyme als Assistent begleitete. Soeben zog er eine Art Hundeleine samt Halsband aus der Hosentasche und bückte sich zum Okrill. »Halt ja still, du Froschmonster! Sonst schieße ich dir ein Betäubungszäpfchen in den Allerwertesten.«

      »Hiii, Watson!«, flüsterte Hawk. Halb rechnete er damit, dass sich das Tier losreißen, gegen die Leine wehren und über den Jungen herfallen würde.

      Der Okrill ließ das Prozedere jedoch in stoischer Gelassenheit über sich ergehen.

      »Versprechen Sie mir, ihn nicht zu betäuben?« Zwar begriff Hawk, wie gefährlich Watson für die zarten Terrageborenen und die Technik an Bord der CREST II war. Doch er war und blieb ein Tier. Ihn für sein Verhalten zu bestrafen, erschien Hawk unfair.

      Pyme lächelte jungenhaft. »Welchen Sinn hätte das? Womöglich wirken die uns bekannten Betäubungsmittel auf Watsons Biochemie ohnehin nicht. Achten Sie nicht auf Thomas, er versucht nur, witzig zu sein. Vergeblich, wie ich hinzufügen möchte.«

      »Hm.« Der Student winkte ab.

      Pyme zog ein kleines Gerät aus einer Transporttasche, die an einem der Schutzschirmprojektoren lehnte, dazu ein Stäbchen mit einer gummiartigen Kugelspitze. Letzteres drückte sie Becker in die Hand. »Ich brauche eine Zellprobe, damit wir Watsons Genom und seine Bedürfnisse analysieren können.«

      Der Student zögerte, bevor er das Stäbchen entgegennahm. Unbeholfen ging er vor dem Okrill in die Knie und machte Anstalten, es dem Tier ins Maul zu stecken. Die Gummispitze prallte gegen verhornte Froschlippen. Watsons Nüstern bebten.

      Beckers Wangen röteten sich. Genervt sah er zu Hawk auf. »Anscheinend muss ich es doch sezieren. Außer, Sie befehlen ihrem Killerfrosch, das Maul zu öffnen.«

      »So gut dressiert ist er nicht.« Hawk musterte den Studenten, suchte ein Lächeln oder ein verräterisches Zucken auf den spröden Lippen. Meinte Becker seine Drohung ernst, oder hielt er sich tatsächlich für witzig? Hawk gelang es nicht, ihn einzuschätzen. Einen Oxtorner aus der Ruhe zu bringen, war schwer, aber dieser Kerl war auf dem besten Weg dazu.

      Guckys helles Lachen zerschnitt die Anspannung. »Lass mich, Omar! Ich besorge dem Jungen seine Genprobe.« Furchtlos trat er neben den Okrill, bückte sich neben Watsons Schnauze und hob den Arm.

      Kurz überlegte Hawk, Becker zu warnen, entschied sich aber dagegen. Er ahnte, welchen Spaß der Ilt sich erlauben würde. Sollte er ihn haben!

      Gucky schlug zu. Seine Pfote traf den Okrill dicht hinter den Nasenlöchern. »Hiii!« Es knallte. Vermutlich verstärkte der Ilt seinen Hieb telekinetisch.

      Watson legte den Kopf in den Nacken, atmete tief ein – und nieste. Klare Flüssigkeit löste sich aus seinen Nüstern, platschte auf Beckers Wangen. Festerer Schleim spritzte auf seinen Hals und die Brillengläser.

      Der junge Mann wurde bleich. Seine Hände zitterten. Es kostete ihn sichtlich Mühe, die Beherrschung zu wahren.

      Hawk verkniff sich ein Schmunzeln. Es geschah dem Kerl recht. Wer damit drohte, anderer Leute Tiere mit dem Skalpell zu zerlegen, und sei es im Scherz, hatte es nicht besser verdient. Er wusste aus leidiger Erfahrung, wie widerlich der Schnodder stank.

      »Damit wäre die Probe mit meinem Erbgut kontaminiert. Gut gemacht, Gucky.« Becker nahm die Brille ab, rieb das Teststäbchen über seine Wange, bis es in die Flüssigkeit getränkt war, und reichte es Pyme. Ungeschickt versuchte er, sich den restlichen Schleim abzuwischen, entschied sich dann aber wohl dagegen. »Ich gehe mich mal umziehen.« Er stand auf und entfernte sich mit steifen Schritten.

      »Das war nicht nett, Gucky.« Hawk verlieh seiner Stimme einen tadelnden Unterton. In Wahrheit kämpfte er die Schadenfreude nieder.

      Der Ilt zeigte unschuldig den Nagezahn.

      »Keine Sorge.« Pyme lachte. »Sich mit fremden Sekreten zu beschäftigen, gehört zu unserem Studiengebiet. So was härtet ab, und der Junge kann das brauchen.« Sie fasste Watsons Leine, zog daran und trat auf die Rasenfläche.

      Wieder rechnete Hawk damit, dass das Tier sich losreißen würde, und wieder wurde er überrascht.