den Waffen, sie sah auch die Entwicklung eines ganz Europa umspannenden Handels- und Kommunikationsnetzes. Der Transport der Basismetalle Zinn und Kupfer zu den Verarbeitungsstätten verband sich mit einem Austausch anderer Güter; ein Beispiel dafür ist das Schwert von Hammer, bei dem sich mykenische Elemente mit einheimischer Tradition verbanden. Ein erster europäischer Wirtschaftsraum entwickelte sich, und dieser Raum kam auch sozial und politisch in Bewegung: Es bildeten sich spezialisierte Berufsgruppen wie Metallverarbeiter und Fernhändler heraus. Spezialisierung wie Austausch führten dazu, dass bestimmte Personenkreise Reichtum und größeren Einfluss gewannen. Es entstand eine Führungselite, welche die Geschicke der Gemeinschaft bestimmte, aber auch eine Expansion ihres Machtbereichs anstrebte. Diese Hierarchisierung der Gesellschaft gipfelte in der Ausbildung eines Fürstenstandes, dessen Repräsentanten in mächtigen Hügelgräbern beigesetzt wurden.
Ab dem Beginn des 2. Jtds. hatte sich so in Mitteldeutschland die Aunjetitzer Kultur ausgebildet, die für rund 400 Jahre ein erstes „Reich“ mit eigener Hochkultur auf deutschem Boden schuf. Mangels schriftlicher Aufzeichnungen wissen wir allerdings wenig über Strukturen und Organisation dieser und nachfolgender bronzezeitlicher Kulturen. Spektakuläre Funde wie die Himmelsscheibe von Nebra oder die verschiedenen Goldhüte weisen aber auf eine differenzierte Gesellschaftsordnung mit hochentwickeltem technischem, wissenschaftlichem und spirituellem Wissen hin.
Eiserne Zeiten und keltische Städte
Neben der Aunjetitzer Kultur konnten die Archäologen in der frühen Bronzezeit weitere Kulturkreise mit ebenfalls vor-staatlichen Strukturen bestimmen. Eine dieser Kulturen ist die sog. Riesgruppe, deren bislang wichtigster Fundort das Gräberfeld von Wettenheim (Stadt Treuchtlingen) ist. Diese Ganzkörperbeisetzungen wurden nach 1300 v. Chr. durch das Vordringen einer neuen Kulturform, vermutlich durch Zuwanderung, verdrängt, welche die Spätbronzezeit bestimmte: Die Angehörigen der „Urnenfelderkultur“ verbrannten ihre Toten und setzten die Asche bei.
Der Goldhut von Ezelsdorf
An der Grenze zwischen Mittelfranken und der Oberpfalz kam es im Februar 1953 zu einem archäologischen Sensationsfund: In seinem Waldstück der Gemarkung Ezelsdorf-Buch (Gde. Burgthann) sah sich der Maurermeister Michael Dörner beim Roden von einem großen Stück goldglänzenden „Blechs“ behindert. Seine Frau sammelte die zerhackten Fundstücke ein und zeigte sie – neugierig geworden, ob es nicht doch Gold sein könnte – ihrem Zahnarzt. Als sich die „Diagnose“ bestätigte, wurde glücklicherweise das Germanische Nationalmuseum informiert, wo man nach mühseliger Rekonstruktion eines der großen Rätsel der Bronzezeit bewundern konnte: einen fast 90 cm hohen, mit vielen Punzierungen geschmückten Goldkegel.
Die frühgeschichtliche Archäologie kennt nur vier dieser aufwendigen Kultgegenstände: Einer wurde bei Schifferstadt gefunden, ein weiterer bei Avanton in Westfrankreich. Der Fundort des vierten Kegels, der in Berlin aufbewahrt wird, ist ungeklärt, dürfte aber ebenfalls im süddeutsch-französischen Raum vermutet werden. Sinn und Zweck dieser Goldkegel wurden lange und widersprüchlich diskutiert. Heute tendiert die Forschung zu der Deutung, dass die spitzen Kegel von Priestern bei Zeremonien als Hüte getragen wurden; die aufwendige Ornamentierung dürfte einen Kalender darstellen. Diese Ausrichtung auf die Dokumentation von Himmelskörpern fügt die „Goldhüte“ in die hochstehende bronzezeitliche Kultur zwischen ca. 1500 und 1000 v. Chr. ein, die uns u. a. auch die Himmelsscheibe von Nebra hinterlassen hat. Mittelfranken muss also Teil dieses Kulturkreises mit seinem hoch entwickelten Handelsnetz gewesen sein. Wo sich das Zentrum befunden haben könnte, in dem die Priester den Ezelsdorfer Goldhut den Zeitgenossen präsentierten, ist bis heute ein Rätsel.
Der Goldhut von Ezelsdorf belegt die Einbindung Mittelfrankens in die Hochkultur der Bronzezeit.
Dass die Zeiten härter wurden, belegen Spuren auf dem nahen Hesselberg, wo jetzt Befestigungs- und Verteidigungsanlagen angelegt wurden. Diese sind auch ein Hinweis auf den nächsten großen Einschnitt der Frühgeschichte: Aus dem Nahen Osten hatte sich die Kunst der Eisenverarbeitung ausgebreitet und wurde von Völkerschaften vorangetrieben, deren Eisenwaffen der Bronze deutlich überlegen waren. Im Gegensatz zu Zinn und Kupfer ist Eisenerz sehr viel weiter verbreitet – auch im fränkischen Raum –, so dass sich diesbezüglich eine höhere „Waffengleichheit“ herausbildete. Die eisenzeitlichen Epochen der Hallstatt- (ab ca. 800) und La-Tène-Zeit (ab ca. 450) brachten so eine einheitliche Zivilisation hervor, deren Träger sich nun auch ethnisch als Kelten einordnen lassen.
Die keltische Kultur war in ihren Strukturen eine Fortschreibung der Urnenfelder-Zeit: Die Menschen lebten zum Teil in offenen Siedlungen, schützen sich aber in Wallburgen, die bis mehrere Tausend Menschen umfassen konnten und vorzugsweise auf leicht zu verteidigenden Hochplateaus errichtet wurden. Es gab eine arbeitsteilige Gesellschaft mit spezialisierten Handwerkern, geführt von einer fürstlichen Elite und spirituell von Druiden betreut. Eine bedeutende Keltenstadt bestand auf der Houbirg bei Hersbruck, die ihrerseits auf einer spätbronzezeitlichen Wallburg aufbaute. Von dort aus durchzogen wichtige Handelswege ganz Mittelfranken zu anderen Keltenzentren wie Manching, dem Staffelberg oder dem Würzburger Marienberg. Kleinere Verteidigungsstellungen waren als Viereckschanze angelegt, wie sie z. B. in Ohlangen bei Thalmässing ausgegraben wurde.
Die keltische Kultur blühte und wurde damit wohl Opfer ihres eigenen Erfolgs. War es ein zunehmender Bevölkerungsdruck? Eine Erschöpfung der Böden durch Übernutzung? Ende des 5. Jhs. v. Chr. erfasste jedenfalls eine große Unruhe die keltischen Völkerschaften in Mitteleuropa. Mehr und mehr Gruppen setzten sich in Bewegung, stießen auf der Suche nach neuem Lebensraum bis Rom, Spanien und Kleinasien vor. Die große Wanderung dünnte die Bevölkerung auch im fränkischen Raum aus, wie die seltener werdenden Funde zeigen.
In dieses Vakuum stießen germanische Siedler vor, während gleichzeitig eine andere Hochkultur in Gestalt einer Weltmacht ihre Legionsadler bis an die Rezat führte.
Vorposten des Römischen Reichs
Das letzte Jahrzehnt des 1. Jhs. n. Chr. brachte für Mittelfranken einen bedeutenden Einschnitt seiner Historie: Aus der Vorgeschichte, die nur durch archäologische Forschung und Interpretation erschlossen werden kann, wurde der südliche Teil unseres Gebietes in eine komplexe Hochkultur katapultiert. Die hier Lebenden wurden Bürger eines Imperiums, das sich von der Iberischen Halbinsel bis zum Euphrat und von der Nordsee bis zur Sahara erstreckte.
Tor zum Imperium: Rekonstruktion der Limesbefestigung am römischen Kastell Biriciana (Weißenburg).
Noch unter Kaiser Augustus (reg. 26 v.–14 n. Chr.) hatten die Strategen des Römischen Reichs das von Kelten besiedelte Voralpenland bis zur Donau unterworfen. In der neuen Provinz Raetia blühte umgehend die römische Zivilisation auf. Neben der militärischen Infrastruktur mit einem hochwertigen Straßennetz entstanden Städte mit allen urbanen Annehmlichkeiten und einer differenzierten Bevölkerung aus Handwerkern, Kaufleuten, Dienstleistern und Staatsbeamten. Händler brachten Güter aus allen Teilen des Imperiums und exportierten heimische Produkte in den gesamten römischen Wirtschaftsraum. Villen und Landgüter der Oberschicht verteilten sich über fruchtbare Anbaugebiete und brachten auch der Landbevölkerung römische Zivilisation nahe.
Unter Kaiser Domitian (reg. 81–96) überschritten römische Legionäre und Ingenieure die Donau, um die Reichsgrenze, den „Limes“, weiter in germanisches Gebiet vorzuschieben. Es ging dabei nicht um großflächige Eroberung, sondern um die Verbreiterung des Verteidigungsvorfeldes der Provinz Raetia. Gleichzeitig sollte eine verkürzte Verbindung zur Grenze der Provinz Germania