Katharina Schmid

Crew Resource Management (CRM) für die Notaufnahme


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beinhaltet Techniken und Verfahren, um die Einflüsse des »Human Error« zu erkennen und ihnen zu entgehen. Die darin enthaltenen Verhaltensprinzipien für Teams und Individuen, erhöhen die Sicherheit durch Prävention und Bewältigung von kritischen Situationen (Not- und Zwischenfälle). CRM dient also sowohl zur Prävention, als auch dem Management von kritischen Ereignissen. Es hat sich weltweit in vielen Hochrisikoindustrien über Jahrzehnte bewährt und hält aktuell mehr und mehr Einzug in die Medizin, insbesondere in die Akutmedizin.

      Das CRM wurde von Gaba und Howard aus Stanford erstmals in Form des »Anesthesia Crisis Resource Managements« (ACRM) in die Medizin eingeführt (Howard und Gaba et al. 1992, Gaba und Fish et al. 1994. Es wurde aus bewährten Schulungskonzepten der Luft- und Raumfahrt (Cockpit Resource Management) abgeleitet (Helmreich und Foushee 1993, Kanki und Palmer, Wiener, Kanki et al.) und an die speziellen Belange der Medizin adaptiert. Die hieraus von Rall und Gaba entwickelten CRM-Leitsätze (image Kap. 2) haben sich mittlerweile, mit gewissen Varianten, weltweit als de facto Goldstandard beim CRM-Training mit und ohne Simulatoren etabliert. Es wird angenommen, dass bei konsequenter Umsetzung der CRM-Leitsätze in medizinischen Teams, die überwiegende Mehrzahl der Fehler und Zwischenfälle vermieden, oder zumindest in der Auswirkung abgeschwächt werden können (Hunt u. a. 2009, Rall und Gaba 2009, Landrigan u. a. 2010, Rall 2010, Rall und Lackner 2010, Rall u. a. 2011, Rall 2012, Rall 2013, Makary und Daniel 2016, Schulz u. a. 2017).

      Die folgende Abbildung (image Abb. 1.1) zeigt das »CRM-Molekül« mit allen international akzeptierten Hauptelementen der menschlichen Faktoren (NOTECH-Framework) (European Commission DG VII, Flin und Maran 2004).

      In der Mitte des Moleküls ist die Kommunikation als »Proton« dargestellt, welches die anderen Elemente zusammenhält, oder wie wir manchmal sagen: »Kommunikation ist wie der Klebstoff, der die verschiedenen Aspekte der Human Factors oder des CRM zusammenhält. Die CRM-Leitsätze nach Rall und Gaba berücksichtigen sämtliche NOTECH-Kriterien in den leicht anwendbaren Merksätzen (Rall 2004, Rall 2005, Rall 2009).

Images

      CRM Begriffe

      Crew = alle Personen, die in einer Situation für eine Aufgabe zusammenarbeiten. Typischerweise bestehen Crews aus Personen verschiedener Disziplinen/Berufsgruppen. Früher wurde auch häufig der Begriff »Crisis« statt »Crew« verwendet. Da CRM aber die Prävention und das Management von kritischen Situationen beinhaltet, greift »Crisis« zu kurz.

      Ressource = alle Personen, Geräte und Verfahren, die zum Schutz und Wohle des Patienten eingesetzt werden können. Die eigene (!) Person ist mit ihren individuell-kognitiven Aspekten dabei eine ebenso wichtige Ressource, wie alle Teammitglieder.

      Management = das Management der oben genannten Ressourcen auf hoher kognitiver Ebene unter den (oft ungünstigen) Bedingungen der klinischen Realität.

      Die CRM-Fähigkeiten sind generischer Natur und damit weder diagnose- noch fachspezifisch und können auf nahezu alle komplexen menschlichen Tätigkeiten, auch im Privatleben, angewandt werden.

      1.1 Die Sicherheit muss sich erhöhen! Daten zum Thema

      Fehler sind fester Bestandteil jeder menschlichen Tätigkeit. Aus diesem Grund ist auch das Auftreten von Fehlern in der Medizin als »normal« zu betrachten (Reason 1994, Reason 2000, Runciman und Merry 2005). Fehler gehören de facto zum Kernbereich medizinischen Handelns. Die Aufzählung auf der nächsten Seite zeigt einige typische Probleme im Bereich menschlicher Faktoren (Human Factors).

      Die Direktorin des Instituts für Patientensicherheit am Universitätsklinikum Bonn, Dr. Tanja Manser, schreibt unter Berufung auf die Studie von Vincent, Neale und Woloshynowych dazu: »Internationale Studien beziffern die Rate unerwünschter Ereignisse im Behandlungsverlauf auf 4–16 % der Krankenhauseinweisungen« (Neale u. a. 2001).

      In einer norwegischen Studie gaben 28 % der befragten Ärztinnen und Ärzte an, in ein Ereignis mit schwerwiegenden Konsequenzen involviert gewesen zu sein (Aasland und Forde 2005). Wenn die Betrachtung auf Fehler mit weniger schwerwiegenden oder gar keinen Folgen ausgeweitet wird, liegt nach Waterman, Garbutt und Hazel der Anteil involvierter Ärztinnen und Ärzte bei 92 %. (Waterman u. a. 2007)

      Im Jahr 1999 veröffentlichte das Institute of Medicine (IOM) den Bericht To Err is Human: Building a Safer Health System. Darin wird berechnet, dass jährlich zwischen 40.000 und 100.000 US-Bürger*Innen an den Folgen von Behandlungsfehlern, also unerwünschten Ereignissen versterben (Bates u. a. 2001).

      Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) sieht bei insgesamt 15.100 Gutachten in knapp einem Viertel der begutachteten Fälle den Vorwurf des Behandlungsfehlers als bestätigt an.

      Eine ähnlich hohe Zahl zeigt sich auch in der multinationalen Studie von Valentin et al., wo auf den untersuchten Intensivstationen u. a. 1 % der Patienten an vermeidbaren Medikationsfehlern verstarben (Valentin u. a. 2009).

      Folgerichtig müssen die Prävention und das Management von Fehlern und Zwischenfällen zentraler und routinemäßiger Bestandteil medizinischen Wissens und Handelns sein. Das setzt einen aktiven Umgang mit Fehlern voraus. Hierzu zählt das Bewusstsein über mögliche Fehlerquellen und -ursachen gemäß dem Motto »Kenne deinen Feind«.

      Ebenfalls wesentlicher Bestandteil einer aktiven Fehlerkultur sind Kenntnisse in und erfolgreiche Anwendung von bewährten Strategien zur Erhöhung der System- und Teamsicherheit. Die von Rall und Gaba an die Medizin adaptierten CRM-Leitsätze können dabei helfen, die Fehler nachhaltig zu reduzieren (Hunt u. a. 2009, Rall und Gaba 2009, Neily u. a. 2010, Haerkens u. a. 2015).

      Häufige Probleme im Bereich menschlicher Faktoren

      • Es werden nicht alle Ressourcen genutzt (z. B. Teamleiter fragt nicht nach der Einschätzung des Teams),

      • zu hoher und inadäquater subjektiver Zeitdruck führt zu schlechteren Entscheidungen und Fehlern,

      • unsichere Kommunikation (z. B. Vorschläge werden zu zaghaft und vage oder ohne Begründung formuliert),

      • mangelnde Beharrlichkeit (z. B. Vorschläge werden nicht wiederholt),

      • inkomplette Informationsvermittlung (z. B. Annahme oder Vorschlag wird nicht begründet),

      • Fixierungsfehler und fehlende Re-Evaluation (z. B. falsche initiale Diagnose oder falsche Annahmen über Kenntnisse des Teams),

      • falsche Prioritäten werden gesetzt,

      • unzulängliche Teamarbeit (z. B. Teammitglied sagt nicht, was es bewegt, führt nur noch Anweisungen aus und steigt frustriert aus der aktiven Teammitglied-Rolle aus).

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