an, Sie folgern, dass es eine Außenwelt geben muss, weil es nicht glaubhaft ist, dass Sie all diese Erlebnisse haben können, ohne dass sich dieser Umstand überhaupt durch äußere Ursachen erklären lässt. Der Skeptiker hat hier zwei Antworten zur Verfügung. Erstens: Selbst wenn es äußere Ursachen gibt, wie können Sie aufgrund Ihrer Erfahrungsinhalte entscheiden, von welcher Art diese Ursachen sind? Sie haben keine einzige von ihnen jemals direkt beobachtet. Zweitens: Worauf gründet sich Ihre Vorstellung, dass es für alles eine Erklärung geben muss? Es trifft zu, dass in Ihrer normalen, vorphilosophischen Auffassung von der Welt Vorgänge wie jene, die sich in Ihrem Bewusstsein abspielen, zumindest teilweise von anderen Dingen außerhalb seiner verursacht werden. Sie können jedoch nicht unterstellen, dass dies wahr ist, wenn Sie zu ermitteln versuchen, wie Sie überhaupt etwas über die Welt außerhalb Ihres Bewusstseins wissen können. Und es gibt nicht die Möglichkeit, ein solches Prinzip allein aufgrund des Inneren Ihres Geistes zu beweisen. Wie plausibel Ihnen dieses Prinzip auch immer vorkommen mag, welchen Grund haben Sie für die Überzeugung, dass es sich auf die Welt anwenden lässt?
Die Naturwissenschaften können uns bei diesem Problem nicht weiterhelfen, auch wenn es den gegenteiligen Anschein hat. Im normalen naturwissenschaftlichen Denken verlassen wir uns auf allgemeine Prinzipien der Erklärung, um von der anfänglichen Erscheinungsweise der Welt zu einer ganz anderen Auffassung davon überzugehen, wie die Welt wirklich beschaffen ist. Wir versuchen die Erscheinungen in der Begrifflichkeit einer Theorie zu erklären, welche die Wirklichkeit hinter ihnen beschreibt, eine Wirklichkeit, die wir nicht direkt beobachten können. Auf solche Weise folgern Physik und Chemie, dass alles, was wir um uns herum beobachten, aus unsichtbar kleinen Elementarteilchen besteht. Könnte man etwa sagen, dass der allgemeine Glaube an die Außenwelt sich auf die gleiche Weise wissenschaftlich stützen lässt wie der Glaube an das Atom?
Die Antwort des Skeptikers lautet, dass der Vorgang der wissenschaftlichen Erklärung dasselbe skeptische Problem aufwirft, das wir bereits die ganze Zeit erwogen haben: die Wissenschaft ist ebenso anfechtbar wie die Wahrnehmung. Woher können wir wissen, dass die Welt außerhalb unseres Bewusstseins unseren Vorstellungen von einer vermeintlich guten theoretischen Erklärung für unsere Beobachtungen entspricht? Wenn wir sogar die Verlässlichkeit unserer Sinneserfahrungen hinsichtlich der Außenwelt nicht beweisen können, so gibt es ebenso wenig Grund für die Annahme, dass wir uns auf unsere wissenschaftlichen Theorien berufen können.
Es gibt aber eine ganz andere Reaktion auf unser Problem. Einige Leute würden behaupten, dass ein radikaler Skeptizismus der von mir angesprochenen Art sinnlos sei, da die Vorstellung einer Außenwelt, die prinzipiell keiner jemals zu entdecken vermag, keinen Sinn habe. Sie argumentieren, dass beispielsweise ein Traum etwas sein muss, aus dem man auch aufwachen kann, um zu bemerken, dass man geschlafen hat; dass eine Halluzination etwas darstellen muss, von dem andere (oder man selbst zu einem späteren Zeitpunkt) wissen können, dass es nicht wirklich existiert. Eindrücke und Erscheinungen, die der Wirklichkeit nicht entsprechen, haben im Gegensatz zu solchen zu stehen, die der Wirklichkeit tatsächlich entsprechen, oder die Bildung des Gegensatzes von Erscheinung und Wirklichkeit ist sinnlos.
Nach dieser Auffassung ist die Vorstellung von einem Traum, aus dem man niemals aufwachen kann, keinesfalls der Gedanke an einen Traum: sie denkt an die Wirklichkeit – die wirkliche Welt, in der man lebt. Und unsere Vorstellung von den Dingen, die es gibt, ist keine andere als unsere Vorstellung von dem, was wir beobachten können. (Diese Auffassung bezeichnet man manchmal als »Verifikationismus«.) Gelegentlich irren unsere Beobachtungen, dies bedeutet jedoch, dass sie durch andere Beobachtungen korrigiert werden können – wie dann, wenn wir aus einem Traum aufwachen, oder wenn wir bemerken, dass das, was wir für eine Schlange gehalten haben, bloß ein Schatten im Gras war. Ohne die Möglichkeit einer korrekten Auffassung darüber, wie die Dinge (meine oder Ihre) sind, hat der Gedanke, unsere Eindrücke von der Welt seien unwahr, keine Bedeutung.
Stimmt dies, so macht sich der Skeptiker selbst etwas vor, wenn er glaubt, sich vorstellen zu können, sein Bewusstsein sei die einzige Sache, die es gibt. Er führt sich selbst hinters Licht, denn es kann gar nicht wahr sein, dass die körperliche Welt in Wirklichkeit nicht existiert, wenn nicht jemand feststellen kann, dass sie nicht existiert. Und was sich der Skeptiker vorzustellen versucht, ist genau eine solche Situation, in der es tatsächlich niemanden gibt, der dies oder etwas anderes feststellen kann – außer freilich dem Skeptiker selbst, der wiederum nur das Innere seines eigenen Geistes beobachten kann. Also ist der Solipsismus sinnlos. Er versucht, die Außenwelt von der Gesamtheit meiner Eindrücke abzuziehen; er scheitert jedoch, denn subtrahiert man die Außenwelt auf diese Weise, so hören sie auf, bloße Eindrücke zu sein, und werden statt dessen zu Wahrnehmungen der Wirklichkeit.
Taugt dieses Argument gegen den Solipsismus und Skeptizismus etwas? Wenn die Wirklichkeit nicht definiert werden kann als ›dasjenige, was wir beobachten können‹, so taugt es nichts. Sind wir jedoch tatsächlich außerstande, den Gedanken von einer wirklichen Welt oder einer Tatsache über die Wirklichkeit zu verstehen, die von niemandem, keinem menschlichen oder sonstigen Wesen, beobachtet werden kann?
Der Skeptiker wird geltend machen, dass, sofern es eine Außenwelt gibt, die Dinge in ihr beobachtbar sind, weil sie existieren, und nicht umgekehrt: dass Existenz nicht einerlei ist mit Beobachtbarkeit. Und obgleich wir unsere Vorstellung von Träumen und Halluzinationen von Fällen herleiten, wo wir glauben, den Gegensatz zwischen unseren Erlebnissen und der Wirklichkeit tatsächlich bemerken zu können, hat es sicherlich den Anschein, als ließe sich die gleiche Vorstellung auf Fälle übertragen, bei welchen die entsprechende Wirklichkeit nicht beobachtet werden kann.
Wenn dies richtig ist, so scheint zu folgen, dass der Gedanke nicht sinnlos ist, die Welt könnte womöglich nichts anderes sein als das Innere unseres Bewusstseins, obgleich weder Sie noch ein anderer feststellen können, dass dies auch zutrifft. Und wenn dieser Gedanke nicht ohne Bedeutung ist, sondern eine Möglichkeit darstellt, die man zu erwägen hat, dann scheint es unmöglich zu sein, ihn als falsch zu erweisen, ohne im Kreise zu argumentieren. Am Ende gibt es aus dem Käfig unseres eigenen Geistes keinen Ausweg. Dies bezeichnet man gelegentlich als die »egozentrische Verlegenheit«.
Doch ungeachtet des bisher Gesagten muss ich einräumen, dass es praktisch unmöglich ist, ernstlich zu glauben, dass all die Dinge in der Welt um uns herum in Wirklichkeit womöglich nicht existieren. Unser Glaube an die Außenwelt ist machtvoll und instinktiv; wir können uns seiner nicht durch philosophische Argumente entledigen. Wir handeln nicht nur fortgesetzt, als ob andere Menschen und Dinge existierten, sondern wir glauben, dass sie existieren, und wir glauben dies auch noch, nachdem wir die Argumente durchlaufen haben, die offenbar zeigen, dass wir für diesen Glauben keine Gründe haben. (Wir mögen innerhalb des Gesamtsystems unserer Meinungen über die Welt Gründe für diesen oder jenen begrenzteren Glauben an die Existenz besonderer Einzeldinge haben: etwa an eine Maus im Brotkasten. Dies ist jedoch nicht das Gleiche. Hier unterstellen wir die Existenz der Außenwelt.)
Wenn uns ein Glaube an die Welt außerhalb unseres Bewusstseins auf solchermaßen natürliche Weise zufällt, vielleicht brauchen wir dann für ihn gar keine Gründe. Wir können es einfach dabei belassen und hoffen, dass wir recht haben. Und dies ist es auch, was die meisten Leute tun, nachdem sie ihre Beweisversuche aufgegeben haben: wenn sie den Skeptizismus schon nicht zu widerlegen vermögen, mit ihm leben können sie ebenso wenig. Dies bedeutet jedoch, dass wir am größten Teil unserer gewöhnlichen Meinungen über die Welt auch angesichts der Tatsache festhalten, dass sie (a) möglicherweise völlig falsch sind, und dass wir (b) keine Mittel haben, diese Möglichkeit auszuschließen.
Es verbleiben uns somit drei Fragen:
1 Ist die Möglichkeit sinnvoll oder sinnlos, dass das Innere unseres Bewusstseins das Einzige ist, was es gibt – oder dass, selbst wenn es eine Welt außerhalb unseres Bewusstseins gibt, diese Welt grundverschieden von dem ist, wofür wir sie halten?
2 Wenn dergleichen möglich ist, hat man irgendwelche Mittel, sich zu beweisen, dass es auch wirklich nicht der Fall ist?
3 Wenn man nicht beweisen kann, dass außerhalb unseres Bewusstseins etwas existiert, darf man dann gleichwohl weiterhin an die Außenwelt glauben?