sich ihre Pyramidenraumer in Bewegung und kreisten die antriebslos driftende SOL ein.
»Nein!«, wollte Rhodan rufen, da fuhr hinter ihm ein Schott auf. Kurz sah er über die Schulter, um herauszufinden, wer ausgerechnet in diesem kritischen Moment in die Zentrale platzen musste.
Es war der Kuum, zu Rhodan kompletter Verblüffung. Der Anführer der Bescheidenen Diener Senns – jenes finsteren Ordens, der viele Jahrzehnte über die Nachfahren der Solaner auf Evolux geherrscht hatte. Der Ururenkel von Tess Qumisha und Benjameen da Jacinta, mit Qumishas schwarzem Haar und da Jacintas arkonidenroten Augen. Befehlsgewohnt gab er Zakata ein Zeichen, die Funksendung zu unterbrechen.
»Denke wie ein Ordensmann!«, sagte er zu Rhodan. »Du warst Ritter der Tiefe, du kannst nicht alles vergessen haben. Die Ritterin BARILS hat dir alles gesagt, was du brauchst.«
Damit drehte er um und verließ die Zentrale wieder.
Fragen kaskadierten durch Rhodans Kopf. Wieso öffnete sich das Zentraleschott für den Kuum? Woher wusste er überhaupt, was gerade geschah?
Vor allem aber: Wovon hat die düstere Gestalt da geredet?
Dann traf ihn die Erkenntnis. »Viena!«, rief er.
Zakata nickte. Der Funkkanal war wieder offen.
»Wir sind ins System gekommen«, setzte Rhodan nahtlos an der Stelle an, an der er unterbrochen worden war, »und haben einen ungleichen Kampf gesehen. Die Schiffe der Ritterin A-Kuatond haben ein Volk angegriffen, das sich in keiner Weise wehren konnte. Wir Terraner glauben an das Gleichgewicht im Universum. Deshalb haben wir eingegriffen, um das Übergewicht auszugleichen – zumindest so lange, bis wir uns von den Behauptungen der beiden Konfliktparteien selbst überzeugen konnten. Wenn ihr uns dafür verurteilen wollt, so werden wir das akzeptieren.«
Oder eben doch fliehen, setzte er den Satz in Gedanken fort. Das würde ihre eigentliche Aufgabe in dieser Galaxis aber sehr viel schwerer machen. Besser war es, die derzeitig verfahrene Situation so umzubiegen, dass man einen Kontakt zu den Rittern aufbauen konnte – idealerweise einen Kontakt auf Augenhöhe.
Nun kam es darauf an, wie sich der unsichtbare Sprecher der Ritter entschied. Rhodan hatte sich auf das Gleichgewicht berufen. Es war der zentrale Wert des Ordens, wenn man A-Kuatonds Worten Glauben schenken konnte. Das musste nach menschlichem Ermessen eine Auswirkung auf das Urteil haben. Allerdings war menschliches Ermessen nicht immer ein sinnvoller Maßstab, um das Verhalten von Außerirdischen zu prognostizieren.
In diesem Fall jedoch funktionierte es. »Der Fall ist komplizierter als zunächst vermutet«, verkündete die Stimme. »Der ganze Orden muss darüber urteilen. Die Entscheidung fällt auf Kessaila.«
Rhodan wartete auf weitere Erklärungen, doch zunächst kam nichts mehr. A-Kuatonds Schiffe verharrten.
Dann jedoch meldete sich Zakata. »Das Wassertropfenschiff hat uns einen Datensatz geschickt. Zielkoordinaten und Informationen. Kessaila ist die Ritterwelt, der Stammsitz des Ordens.«
Rhodan drehte sich langsam zu Eroin Blitzer um. »Wie hast du das gemacht?«, fragte er kühl.
»Ich weiß nicht, wovon du redest«, entgegnete der Androide.
»Wir tauchen auf und werden in einen Kampf hineingezogen, an dessen Ende wir genau dorthin gebracht werden, wo du uns von Anfang an haben wolltest«, sagte Rhodan eisig. »Fünfundzwanzig meiner Leute sind dafür gestorben. Wenn du das geplant hast, wirst du dafür bezahlen.«
»Ich trage keine Schuld«, behauptete der Androide. »Im Gegenteil habe ich versucht, dich von den Handlungen abzubringen, die zu diesem Ende geführt haben. Wenn ich den von dir unterstellten Plan verfolgt hätte, hätte ich dich zwischenzeitlich anders beraten.«
Außer, dachte Rhodan, du wusstest, dass ich nicht auf dich hören würde. Dann wäre es einfach nur sinnvoll gewesen, um dir ein Alibi zu verschaffen.
Das aber ließ sich nicht beweisen. Somit kam ein weiteres offenes Rätsel zu den vielen hinzu, die sich ihnen seit ihrer Ankunft in Yahouna bereits gestellt hatten.
»Wir sollen im Konvoi mit den Ritterschiffen fliegen«, zitierte Zakata die Botschaft weiter. »Jeder Fluchtversuch führt zu unserer Vernichtung. A-Kuatond schickt ihre Roboter an Bord, um sicherzustellen, dass wir den Anweisungen der Stimme von BARIL Folge leisten.«
»Meinetwegen«, sagte Rhodan. »Die Roboter werden wir notfalls schon irgendwie wieder los. Das wäre doch ein interessantes Forschungsprojekt für eine qualifizierte Hyperphysikerin.«
Er sah Qumisha an. Sie nickte.
»Start ist in einem Zeitintervall, das in unserer Zeitrechnung zwölf Minuten entspricht«, teilte Zakata mit. »Nein, warte ... A-Kuatond meldet, dass sie Zeit für Reparaturen braucht. Start des Konvois in gut drei Stunden.«
Rhodan lächelte kampflustig. »Sehr gut. Das lässt auch uns noch Zeit für ein paar Vorbereitungen. SENECA, tut es der Bordfunk eigentlich wieder?«
»Die bordinterne Kommunikation muss nach wie vor über Handfunkgeräte substituiert werden«, antwortete das Schiffsgehirn. An sich hatte Rhodan SENECAS Markenzeichen erwartet, das stets leicht beleidigt klingende »Das wüsste ich aber«. Es wurde Zeit, die Biokomponente der Hyperinpotronik mit der Positronik zu verbinden, damit die SOL sich wieder komplett anfühlte.
Rhodan nahm das Handgerät und meldete sich bei seinem Sohn. »Bist du immer noch bei den Beibooten?«
»Ja«, kam Roi Dantons knappe Antwort. »Die Letzten schleusen gerade wieder ein.«
»Zögere es hinaus«, sagte Rhodan. »Fingiere eine Störung, lass das Hangartor offen.«
»Darf ich fragen ...« Danton musste den Rest des Satzes gar nicht aussprechen.
»Du gehst in den Einsatz«, informierte ihn Rhodan. »Eine Taktik, die wir zu Hause oft erfolgreich angewendet haben, während ihr in der Proto-Chaotischen Zelle festgesteckt habt: die geheime Nachhut. Wir haben schließlich noch ein ganz besonderes Schmuckstück an Bord.« Er grinste.
»Varantirs Korvette.« Danton begriff sofort. Der Algorrian war eine Weile lang mit einem von der SOL stammenden Beiboot unterwegs gewesen, bevor er es im Verlauf der Ereignisse um Evolux wieder an Bord hatte zurücklassen müssen. Niemand wusste, welche Modifikationen er inzwischen an dem Kugelraumer vorgenommen hatte. Nur dass er über ein unübliches und hocheffizientes Tarnsystem verfügte, war bekannt. »Wen nehme ich mit?«
»Wen du willst«, antwortete Rhodan. »Wir wissen nicht, was uns bevorsteht, ob, und wenn ja, wofür wir deine Unterstützung brauchen. Du solltest also auf alles vorbereitet sein.«
»Wird gemacht.« Rhodan musste Danton nicht sehen. Er wusste auch so, dass sein Sohn sich gerade die Hände rieb. »Bis wann?«
»Angeblich haben wir drei Stunden. Sicherheitshalber solltest du in einer Stunde ausschleusen.«
»Kein Problem.« Danton klang zufrieden. »Das Tor bleibt wie zufällig offen, und die CALAMAR bricht in einer Stunde auf.«
Rhodan lächelte. »Will ich es wissen?«
»Kein großes Geheimnis«, kam Dantons Stimme aus dem Gerät. »Kalmare verfügen über hervorragende Tarnfähigkeiten, also ein passender Name für das Schiff. Und sie sind ausgesprochen lecker. Ich mag Calamari.«
»Überzeugend«, stimmte Rhodan zu. »Petri Heil!«
Roi Danton verabschiedete sich und beendete das Gespräch.
Es tat gut, ein paar zwanglose Worte in ernster Lage zu wechseln.
Dann blickte Perry Rhodan auf das taktische Holo, auf die riesigen und bedrohlichen Schiffe. Diese Giganten würden sie also zur Stammwelt der Ritter bringen – so weit, so gut.
Was ihnen dort bevorstand, war leider nicht vorauszusehen.
19.
In stummem Zorn studierte A-Kuatond die Daten in