Günter Dönges

Butler Parker Staffel 10 – Kriminalroman


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antwortete nicht.

      »Hei, Mel!« Joe rüttelte an Mels Schulter, doch der Fahrer des Lincoln reagierte nicht. Er schien tief und fest eingeschlafen zu sein.

      Joe beschlich so etwas wie Furcht und Panik zugleich. Was war passiert?

      Er nahm vorsichtig seinen Kopf hoch, um einen Blick auf das hochbeinige Monstrum werfen zu können.

      Der schwarze Wagen mit den scheußlich eckigen Formen stand knapp vor dem im Graben liegenden Lincoln, aber ausgestiegen war der Fahrer nicht.

      Joe nahm vorsichtig seinen Kopf wieder zurück ins Gras und überlegte angestrengt, was er jetzt machen sollte. Er rüttelte und schüttelte vorsichtig seinen Partner Mel, doch der Mann glich in diesem Augenblick einem gefühllosen Mehlsack.

      Joe versuchte, sich erst einmal in Sicherheit zu bringen. Er spürte, daß von diesem seltsam eckigen Wagen eine Bedrohung ausging, der er nicht gewachsen war. Joe schlängelte sich also von Mel weg und strebte tiefer in das nahe Buschwerk hinein, um plötzlich aufzukicksen und nach seiner Kehrseite zu greifen. Gleichzeitig durchschoß ihn ein böser Schmerz, der ihn hochfahren ließ. Irgend etwas mußte seine linke Kehrseite empfindlich getroffen haben.

      Er fuhr also hoch und fiel dann haltlos zurück ins Gras. Er spürte schon nicht mehr den Schmerz, der von seinem Hinterkopf ausging und der ihn sofort hatte ohnmächtig werden lassen. Joe hörte nicht mehr die gemessenen Schritte eines Mannes, der sich ihm näherte.

      »Sagenhaft! Aus der Entfernung!« meinte Anwalt Rander und nickte seinem Butler anerkennend zu. Er meinte die Gabelschleuder in Parkers Hand, die der Butler als Schußwaffe verwendet hatte.

      »Ihr Lob, Sir, beschämt meine bescheidene Wenigkeit«, sagte Josuah Parker und klappte die Patentschleuder zusammen, um sie in der Brusttasche seines schwarzen Zweireihers verschwinden zu lassen. Wenn die beiden Gangster wieder zu sich kamen, brauchten sie nicht zu wissen, daß Parker sie mittels der Gabelschleuder und einiger Spezialmurmeln außer Gefecht gesetzt hatte.

      Parker kümmerte sich um die beiden ohnmächtigen Männer und tat nichts dagegen, als seine Hände sich in die Brusttaschen der beiden Gangster verirrten. Der Butler studierte den Inhalt zweier Brieftaschen, kontrollierte die Schußwaffen, entlud sie sicherheitshalber und sah zu seinem jungen Herrn hinüber, der gerade vom Lincoln zurückkam.

      »Würden Sie mir mal sagen, was das hier ist?« fragte Rander und präsentierte seinem Butler einen eigenartigen Gegenstand. Es handelte sich um Stahlhaken, die so miteinander verschweißt waren, daß zumindest immer zwei geschliffene Spitzen nach oben ragten.

      »Dies, Sir«, dozierte der Butler, »ist ein sogenannter Krähenfuß, mit dem sich Autoreifen mit größter Sicherheit durchbohren lassen. Ich darf darauf hinweisen, daß bestimmte Zollbehörden und …«

      »Kommen Ihnen diese Dinger nicht bekannt vor?« unterbrach Rander streng.

      »In der Tat, Sir, sie könnten aus dem Spezialbehälter meines Wagens stammen.«

      »Und Sie können sich natürlich gar nicht daran erinnern, ein paar Krähenfüße ausgestreut zu haben, nicht wahr?«

      »Wenn ich nachdenke, Sir, so …«

      »Schon gut, Parker«, sagte Rander abwinkend, »Sie haben mich wieder einmal aufs Kreuz gelegt. Sie haben diese Dinger absichtlich ausgestreut, um an die beiden Lincolnfahrer heranzukommen!«

      »Ehrlicherweise möchte ich dies nicht abstreiten, Sir.«

      »Na, schön.« Rander steckte den Krähenfuß vorsichtig ein, »glauben Sie aber ja nicht, mit diesem Trick hätten Sie mich für einen neuen Fall interessiert. Wir fahren weiter!«

      »Wie Sie meinen, Sir. Darf ich vorher noch die übrigen Krähenfüße einsammeln, damit andere Wagen …«

      »Aber beeilen Sie sich!«

      Josuah Parker ging hinüber zur Straße und fand ohne jede Überraschung noch genau sechs Krähenfüße, die er zurück zu seinem Wagen brachte. Dann wartete er auf seinen jungen Herrn, der aus dem Graben stieg und zurück zum hochbeinigen Monstrum kam.

      »Ich möchte mein Fehlverhalten entschuldigen, Sir«, sagte Parker und deutete eine knappe Verbeugung an, »aber es handelt sich immerhin um zwei Männer, die eindeutig Schußwaffen mit sich führen.«

      »Fahren wir!« sagte Rander knapp, »vergessen wir, was wir gesehen haben. Ich weigere mich, in diese Sache einzusteigen. Ich will meine Ruhe haben und von Gangstern nichts mehr wissen. Ich bin schließlich Anwalt und kein Privatdetektiv!«

      »Ihr tauben Nüsse«, sagt Gary Hondal aufgebracht zu Mel und Joe, die ihm ihre Geschichte erzählt hatten, »und so was muß Profis passieren! Nicht zu glauben!«

      »Dieser komische Bursche ist mit allen Wassern gewaschen«, entschuldigte sich Mel und rieb sein schmerzendes Knie.

      »Der Kerl hat uns ausgetrickst«, fügte Joe hinzu und rieb sich seine Stirn, die nicht weniger schmerzte, »plötzlich hatte er uns außer Gefecht gesetzt. Ohne Schußwaffe. Es war überhaupt nichts zu hören.«

      »Ihr Kamele«, sagte Gary Hondal, »zuerst laßt ihr den Boß abschießen, und dann schafft ihr es noch nicht mal, seinen Mörder zu erwischen. Wie ist das alles gekommen?«

      »Wir aßen ’nen Happen im Drive-in, und dann ging der Boß rüber zu den Toiletten«, berichtete Mel, »Joe und ich gingen ihm nach, als er zu lange wegblieb. Als wir die Tür aufbrachen, war Steven bereits tot. Erschossen aus nächster Nähe!«

      »Und das hier fanden wir vor seinen Füßen«, sagte Joe und präsentierte Gary Hondal eine Lederbrieftasche, die ziemlich abgewetzt aussah.

      »Der Mörder muß sie verloren haben«, berichtete Mel hastig weiter. »Sie gehört einem gewissen Josuah Parker, ’ne ulkige Nudel, wenigstens auf dem Foto hier.«

      Er klappte die Brieftasche auf und zog einen britischen Paß hervor.

      »Josuah Parker«, las Gary Hondal, »britischer Staatsbürger, stammt aus London. Moment mal, hier ist ja seine Adresse, Chikago, Lincoln-Park Avenue.«

      »Komisch sieht er zwar aus, er ist’s aber nicht«, berichtete Joe weiter, »der Bursche muß Profi sein!«

      »Wieso habt ihr ihn so schnell gefunden?« wollte Gary Hondal wissen.

      »Wir haben uns sofort abgesetzt, als Steven tot war«, erklärte Mel, »von wegen Polizei und so. Ihm war ja doch nicht mehr zu helfen.«

      »Wann habt ihr den Kerl entdeckt?« fragte Hondal noch einmal. Er war nur mittelgroß schlank bis mager und wirkte immer ein wenig hektisch und nervös.

      »’ne Viertelstunde später oder so«, sagte Joe, »wir fuhren zurück in die Stadt und sahen plötzlich vor uns diesen komischen Schlitten. Das Foto davon is’ in der Brieftasche. Da!«

      Er griff nach dem Inhalt der Brieftasche, den Gary Hondal auf dem Tisch ausgebreitet hatte, und präsentierte ein bestimmtes Foto.

      Auf diesem Bild war tatsächlich das hochbeinige Monstrum des Butlers zu sehen. Davor stand Parker, der sich mit einem Tuch abmühte, Glanz auf den schwarzen Lack zu bringen.

      »Wir wußten sofort, wen wir vor uns hatten«, sagte Mel hastig, »Joe und ich machten uns an ihn ran, aber dann passierte uns diese blöde Panne.«

      Gary Hondal scharrte den Inhalt zusammen und gab ihn zurück in die abgewetzte, schwarze Lederbrieftasche. Dabei überlegte er blitzschnell, was jetzt zu tun war.

      Klar war, daß er die Fäden nicht mehr aus der Hand geben durfte. Das Schicksal hatte ihm hier eine einmalige Chance zugespielt. Wenn er jetzt etwas aufpaßte und auf Draht war, konnte er das Geschäft an sich reißen. Ein tolles Geschäft übrigens!

      »Ihr habt ja die Adresse«, sagte er kühl und gelassen, »kümmert euch um ihn! Aber ich will ihn so haben, daß er noch was sagen kann. Ich will wissen, für wen er Steven Gateway umgebracht hat. Los, zeigt mir, daß eure Pechsträhne abgerissen ist!«

      »Ich