Günter Dönges

Butler Parker Staffel 10 – Kriminalroman


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      »Laß mich endlich in Ruhe! Ich brauche keinen Vormund«, schrie Norma ihren Bruder unbeherrscht an. Sie kümmerte sich nicht darum, daß sich die ersten Neugierigen einfanden und interessiert zuhörten.

      »Sie sin’ doch nur hinterm Geld her«, brabbelte Niki, »meine Schwester interessiert Sie doch einen Dreck, oder?«

      »Reden Sie nur weiter, wenn Sie sich noch ein paar Ohrfeigen einfangen wollen«, sagte Fondy ruhig.

      »Scher dich zum Teufel, Niki!« brauste Norma auf. »Du gehst mir auf die Nerven! Komm, Jean! Gehen wir wenigstens.«

      Sie hakte sich bei Fondy ein und zog ihn weg. Niki rieb sich die linke Wange und schaute seiner Schwes-ter und Fondy nach. Dann wandte er sich ab und lief dem Butler direkt in die Arme.

      »Der Wagen, Sir«, behauptete Parker. Er griff nach Nikis Arm. Kraftvoll und unnachgiebig. Caropoulos stöhnte, aber er riskierte keinen weiteren Skandal. Er ließ sich von dem Butler widerstandslos abführen.

      »Ich darf davon ausgehen, Mister Caropoulos, daß Sie den Freund Ihrer Schwester nicht sonderlich mö-gen?«

      »Eine stinkende Hyäne ist das! Er will doch nur ihr Geld. Aber sie begreift das nicht.«

      »Ich bringe Sie zurück in den Club. Denken Sie an den möglichen Mörder!«

      »Darauf pfeif ich«, brabbelte Caropoulos, »ich laß mich nicht länger unter Verschluß halten. Den Mörder, den gibt es doch gar nicht.«

      »An Ihrer Stelle wäre ich da nicht so sicher.«

      Während sie miteinander redeten, steuerte der Butler einen Taxistand an und verfrachtete Caropoulos im Wagen. Er nannte die Clubadresse und schärfte dem Fahrer ein, unterwegs nicht anzuhalten.

      Parker sah dem davonfahrenden Taxi nach und widmete sich in Gedanken dann wieder dem Killmaster. Und Morgan, der einen tödlichen Unfall erlitten hatte.

      Hatte Madson bereits zugeschlagen? Das war die Frage! Hatte der Berufsmörder bereits seinen Auftrag erledigt? Bestand für Caropoulos, Baxter und Natway keine Gefahr mehr? Konnte er darauf verzichten, sie hinauf in die Almhütte zu schicken?

      Parker wußte selbstverständlich längst, was mit den drei unfreiwilligen Skeletonfahrern geschehen war. Er machte sich keine Gewissensbisse. Er hatte drei potentielle Mörder ausgeschaltet und hinderte sie daran, vorerst weiter tätig zu werden.

      Es gab noch eine andere Möglichkeit.

      Morgan war von Madsons Leuten umgebracht worden, um ihn, Parker, abzulenken und sicher zu machen.

      Die Lage war noch längst nicht geklärt, alles blieb offen.

      *

      »Sie wollen noch weg, Chef?«

      Paul Storn drehte nur sehr vorsichtig den Kopf zu Madson um, der in den Fuchsfellmantel schlüpfte. Storn fühlte sich hundeelend, was nicht nur mit seinen ausgiebigen Verstauchungen zusammenhing. Viel schlimmer noch war die Tatsache, daß Madson ihm kaum Vorwürfe wegen der Parker-Panne gemacht hatte. Das hatte ihn stutzig, nervös und ängstlich werden lassen.

      Konnte das bedeuten, daß Madson sich von ihm trennen wollte? Wie solch eine Trennung aussah, wußte Storn. Wenn Madson einen Mitarbeiter abservierte, dann war ein harmlos und zwangsläufig tödlich ausge-hender Unfall die Folge.

      »Ich bin ja nicht allein von ihm reingelegt worden«, entschuldigte sich Storn noch mal. »Zwei von Ihren Leuten liegen in Gips.«

      »Schon gut, Paul«, sagte Madson kühl. »Jetzt werde ich die Sache in die Hand nehmen.«

      »Und was geschieht mit mir, Chef?«

      »Jeder kann Pech haben«, erwiderte Madson gleichgültig, »man lernt nur aus Erfahrung.«

      »Ich werde mir bestimmt Mühe geben«, versprach Storn. »Soll ich mitkommen?«

      Statt zu antworten, sah Madson sein Faktotum fast verächtlich an. Und es war dieser Blick, der Storn dann wenig später einen wichtigen Entschluß fassen ließ.

      *

      Madson pirschte sich an das Chalet heran.

      Durch die geschlossenen Blendläden des Hauses schimmerte Licht. Parker war also zu Hause.

      Madson zog seine Pistole und schraubte einen Schalldämpfer auf. Im Gegensatz zu seinen sonstigen Ge-wohnheiten wollte er schießen und den Butler dann anschließend wegschaffen. Irgendwohin in die ver-schneite Bergwelt. Sollte man ihn später, irgendwann im Frühjahr finden, dann war er, Madson, längst wie-der drüben in den Staaten. Nichts würde darauf hindeuten, daß er der Täter gewesen war.

      Madson war durch Parkers Trickserie total verunsichert worden. Noch nie in seiner bisherigen Arbeit war er derart beschäftigt und abgelenkt worden. Jetzt mußte mit letzter Gründlichkeit gehandelt werden.

      Madson hatte das Chalet erreicht und blieb betroffen stehen.

      In der Dunkelheit war Parker deutlich zu erkennen. Unverkennbar die Melone und der Regenschirm. Par-ker stand unbeweglich im Vorgarten und sah zu ihm auf die Straße herunter.

      Madson duckte sich und feuerte ruhig seinen Schuß ab.

      Es ploppte erwartungsgemäß, dann war ein seltsam zischendes Geräusch zu hören.

      Doch Parker stand nach wie vor auf dem Fleck. Im sehr schwachen Büchsenlicht war das immerhin noch genau auszumachen.

      Madson schnaufte ein wenig und pirschte sich dann näher an sein Opfer heran, bis er plötzlich sehr be-troffen stehenblieb.

      Er hatte nichts anderes als einen Schneemann angeschossen. Nur einen Schneemann.

      Überraschenderweise war dieser Schneemann schwarz eingesprüht worden. In der Dunkelheit war die Tarnung fast perfekt.

      Madson preßte die Lippen zusammen und schlich sich an die Auffahrt zum Chalet heran.

      Richtig, dort stand der hochbeinige Wagen.

      Und daneben, unverkennbar, der Butler.

      Es ploppte diskret, als Madson seinen nächsten Schuß abfeuerte.

      Diesmal mußte es ein Volltreffer sein.

      Nun, Madsons Ziel verlor den Kopf. Sehr nachdrücklich sogar, denn dieser Kopf spritzte förmlich ausei-nander, die Melone wurde durch die Luft gewirbelt, doch der Rumpf blieb eisern stehen.

      Wieder ein Schneemann!

      Madson hüstelte nervös.

      Er fühlte sich auf den Arm genommen. Er wußte, daß Parker ihn erneut hereinlegte.

      Madson lief ziemlich ungeniert die Auffahrt hoch und duckte sich blitzschnell.

      An der Hausecke war wieder ein Parker zu sehen.

      Ein Schneemann?

      Die Schwärze der Kleidung war mit Neuschnee überzuckert und bestäubt. Madson schoß.

      Parker blieb regungslos und völlig unbeeindruckt stehen. Der Volltreffer machte ihm überhaupt nichts aus.

      Madson spürte die ersten Schweißtropfen auf der Stirn. Wieder hereingelegt worden! Wie viele Schnee-männer á la Parker befanden sich denn noch im Garten?

      Madson traute sich weiter hinein. Dann sah er sich einer wahren Parade von Schneemännern gegenüber. Sie alle trugen Melonen und Regenschirme. Sie alle sahen im schwachen Licht peinlich echt aus.

      War der lebendige Parker darunter? Madson verlor die Nerven.

      Er schoß einen Schneemann nach dem anderen ab. Die weiße Pracht spritzte und stäubte, Melonen wir-belten durch die Luft, Regenschirme flogen umher.

      Madson wartete hoffnungsvoll auf einen Aufschrei oder auf ein Stöhnen. Nichts!

      Ruhig blieb die Nacht. Im Gegensatz zu seinen Nerven. Die flatterten nämlich wie Fahnen im Wind.

      Madson ergriff