Sigrid-Maria Größing

Liebe, List und Leidenschaft


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denn die Unglückliche war, von der großen Politik unbemerkt, schon 1266 (oder 1267) in Krumau gestorben, während die Wahl des deutschen Königs erst am 1. Oktober 1273 stattfand.

      Beinahe selbstmörderisch vergab Ottokar seine Chancen nach allen Seiten hin. Durch Margarete war er groß geworden, durch die Trennung von ihr hatte er aber viel von seinem Nimbus eingebüßt. Und so sollte es weitergehen, denn er verlor im Laufe der Jahre die Sympathien aller, die auf seiner Seite gestanden hatten. Er ignorierte die Aufforderung des neuen Königs Rudolf von Habsburg, das ehemalige Reichsgut herauszugeben, er kam keiner Vorladung nach, die ihm überbracht wurde. Es interessierte ihn nicht, dass die Reichsacht und nach kurzer Zeit die Aberacht über ihn verhängt wurden, er ging seinem Untergang mit Riesenschritten entgegen. Zwar unterwarf er sich im Jahre 1276 aus taktischen Gründen kurzfristig Rudolf von Habsburg, den er als »Bettelgrafen« schmähte (obwohl Rudolf ein durchaus wohlhabender Mann war), ohne freilich seine Bemühungen um die römisch-deutsche Krone aufzugeben.

      Da sich in den nächsten zwei Jahren die Konstellation der Reichsfürsten änderte und Ottokar erneut Anhänger fand, die bereit waren, an seiner Seite für den Verbleib der österreichischen Länder unter seiner Herrschaft zu kämpfen, kam es im August 1278 zu der entscheidenden Schlacht bei Dürnkrut und Jedenspeigen, in der Ottokar alles verlor. Für die Habsburger begann ihre Herrschaft in Österreich.

      Heute noch gedenkt man alle zwei Jahre am 13. und 14. August dieses gewaltigen Kampfes auf dem Marchfeld bei einem großartigen Ritterfest in Jedenspeigen.

      Dubiose Erbansprüche führten zum Hundertjährigen Krieg

      Die verwandtschaftlichen Beziehungen des Königs von England erstreckten sich zu Fürsten in ganz Europa. Deshalb konnte EDWARD III. Ansprüche auf den französischen Thron stellen, die aber in Verbindung mit anderen Differenzen zu einem langjährigen Krieg führten.

      Als Edward am 13. November 1312 auf Windsor Castle zur Welt kam, sprach man beinahe von einem Wunder. Denn der Vater des neugeborenen Kindes galt durch seine unverblümten Beziehungen zu schönen Günstlingen als homosexuell. Seine Gemahlin Isabella, eine Tochter des französischen Königs, hatte sich mit verschiedenen anderen Männern getröstet, unter denen Roger Mortimer als unumschränkter Favorit galt. Aber trotz allem zweifelte man die Vaterschaft König Edwards II. nicht an, wenngleich seine Tage als König gezählt waren. Seine Gemahlin und ihr Liebhaber zögerten nicht, den willensschwachen König in einem Putsch gefangen zu nehmen und ihn hinrichten zu lassen.

      Die Kindheit Edwards war alles andere als rosig gewesen. Er hatte die Günstlingswirtschaft in all ihren negativen Facetten überreichlich kennengelernt und wusste, dass er, sollte er auf den Thron kommen, alles anders machen würde. Er war zwar mit 14 Jahren zum Nachfolger seines Vaters erklärt worden, übte aber keinerlei Machtfunktion aus, da seine Mutter und ihr Liebhaber die Regentschaft übernommen hatten.

      Edwards Leben änderte sich entscheidend, als er mit 16 Jahren die junge Philippa von Hennegau heiratete. Er hatte in ihr nicht nur die Liebe seines Lebens gefunden, sondern auch eine kluge und besonnene Frau, die ihn vor unüberlegten Taten bewahrte. So erwirkte sie die Begnadigung von sechs Bürgern von Calais, die Edward aus Rache hängen lassen wollte, indem sie sich hochschwanger vor ihrem Mann auf die Knie warf und um Gnade für die Verurteilten bat.

      Als nach einjähriger Ehe ein Sohn in der Wiege lag, erkannte Edwards Mutter, dass ihre Macht im Schwinden begriffen war. Aber sie konnte nicht ahnen, dass ihr Schicksal schon in nächster Zeit besiegelt sein würde. Knapp vor seinem 18. Geburtstag riss Edward in einem Handstreich die Macht an sich und setzte das korrupte Duo ab. Mortimer wurde zum Tode verurteilt, während Isabella für den Rest ihres Lebens unter Hausarrest gestellt wurde. Durch diese Gewaltaktion brachte Edward jenen Teil des englischen Adels auf seine Seite, der Isabella und Mortimer feindlich gegenübergestanden war.

      Schon kurz nach der Krönung zum König von England wurde Edward bewusst, welch schwere Bürde er damit auf sich genommen hatte. Langwierige Auseinandersetzungen mit Schottland standen bevor, die im Allgemeinen glücklos verliefen. Auch Frankreich sollte ihn in den nächsten Jahren in Atem halten, denn durch die mütterliche Verwandtschaft fühlte er sich berechtigt, Anspruch auf die französische Königskrone erheben zu können, sehr zum Missfallen des amtierenden französischen Königs Philipp VI. Dieser hatte nichts Eiligeres zu tun, als die Schotten in ihrem Kampf gegen Edward zu unterstützen, weshalb ihm der englische König 1337 den Krieg erklärte. Es gab noch weitere Gründe für diesen Schritt, wie den Lehenseid, den der englische König laut Gesetz seinem französischen Kollegen für das Gebiet der Gascogne leisten musste. Auch wirtschaftliche Motive spielten eine Rolle, denn der englische Wollexport in die Niederlande ging über französisches Gebiet, wobei die Schiffe vielfach von französischen Piraten aufgebracht wurden. Ein Stein fügte sich zum anderen – das Ergebnis war ein hundertjähriger Krieg zwischen England und Frankreich, bei dem das Kriegsglück immer wieder die Seiten wechselte.

      Es grenzte fast an ein Wunder, dass sich das Heilige Römische Reich nicht in den Krieg hineinziehen ließ, obwohl enge verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Kaiser Ludwig dem Bayern und dem englischen König bestanden, da die Schwester Philippas den deutschen Kaiser geheiratet hatte. Ludwig und Edward waren nicht nur verwandt, sie verstanden einander auch außerordentlich gut, was sie vor aller Welt am Hoftag von Koblenz 1338 kundtaten. Dabei versuchte Edward den Schwager dazu zu überreden, 2000 Helme zur Unterstützung der Engländer nach Frankreich zu schicken, wofür Edward 400 000 Goldflorinen zahlen wollte. Aber Ludwig behielt einen kühlen Kopf, wollte er sich doch keine weiteren Probleme aufbürden: Er lebte zu dieser Zeit genauso wie sein gleichnamiger Sohn Ludwig in Kirchenbann.

      Der Hoftag von Koblenz galt als das glänzendste Fest des Mittelalters, denn nicht nur ein Kaiser und ein König waren als Gäste anwesend, alles, was im Reich Rang und Namen hatte, war mit großem Gefolge erschienen. Allein 13 000 Reiter, so berichtete der englische Chronist Henry Knighton, hatten sich in und um Koblenz eingefunden. Ausführlich beschrieb dieser auch die extravagante Kleidung Edwards. Ein Bankett folgte auf das andere, mit Sang und Klang machte man die Nacht zum Tag, so als gäbe es nur Lustbarkeiten auf dieser Welt und keinen Krieg mit Frankreich. Die gewaltigen Geldsummen, die der Hoftag verschlang, hatten teilweise die italienischen Bankhäuser Peruzzi und Bardi vorgestreckt, wann sie zurückgezahlt werden sollten, wusste niemand. Edward verließ den Hoftag, so wie er gekommen war, mit leeren Händen.

      Nach Erfolgen und Misserfolgen in Frankreich zog sich Edward immer mehr nach England zurück, um dort eine moderate Politik zu betreiben, bei der einerseits das Parlament stärker in das Geschehen einbezogen und andererseits der Adel zufriedengestellt wurde. Es kamen keine leichten Zeiten auf den König zu. Im Jahre 1348 zog die Pest, der »Schwarze Tod«, ihre verheerenden Spuren durch das Land, ein Drittel der Bevölkerung ließ sein Leben bei dieser ersten Epidemie, der eine zweite in den Jahren 1359–61 folgte. Auch Edwards Tochter Johanna starb an der Seuche, als sie sich auf ihrem Brautzug nach Kastilien befand.

      Vielleicht waren es die großen Schwierigkeiten im eigenen Land, die Edward veranlassten, 1360 auf den französischen Thron zu verzichten. Er konzentrierte sich auf sein Stammland England, wo es zu gewaltigen Reformen kam, bei denen unter anderem Englisch als Amtssprache eingeführt wurde. Bis dahin hatte die Oberschicht einschließlich des Königs Französisch gesprochen. Durch einen genialen Schachzug gelang es Edward, die wichtigsten Adeligen an sich zu binden, indem er auserwählten Männern den sogenannten Hosenbandorden verlieh, der eigentlich Strumpfbandorden heißen müsste. Denn während eines Tanzes verlor die Tanzpartnerin des Königs ein Strumpfband. Edward nahm der peinlichen Situation die Spitze, indem er seinen Mantel ausbreitete, das Strumpfband aufhob und es sich an einen seiner Strümpfe heftete, mit den Worten: »Honi soit qui mal y pense – ein Schelm, der dabei schlecht denkt.«

      Edward wurde, obwohl er bis ins Alter eine »gewisse jungenhafte Launenhaftigkeit« gehabt haben soll, nach dem Tod seiner geliebten Gemahlin, die ihm dreizehn Kinder geboren hatte, altersstarr und senil. Wenn ihm auch die eine oder andere Konkubine nachgesagt wurde, so ist anzunehmen, dass er nach Philippas Tod nur noch eine Mätresse, Alice Perrers, hatte. Edwards enge Beziehung zu seiner großen Familie erstaunte selbst die Zeitgenossen, die immer wieder betonten, dass es zwischen Vater und Söhnen nie zu Auseinandersetzungen um die Macht gekommen war.