und allmählich regte sich der Verdacht, der König würde niemals heiraten. Dass dies aber im Interesse der Dynastie geradezu unmöglich war, wusste Friedrich nur allzu gut. Daher ließ er sich nach langem Hin und Her dazu überreden, auf Brautschau zu gehen. Es war Sigismund (Siegmund), der Herzog von Tirol, gewesen, der ihn auf die kleine Portugiesin aufmerksam gemacht hatte, da er beste Beziehungen zu Philipp dem Guten von Burgund unterhielt, der mit dem portugiesischen Königshaus verwandt war. Was lag also näher, als die Fühler in diese Richtung auszustrecken, noch dazu, wo in Portugal angeblich Milch und Honig flössen. Geld war in dem Land am Atlantik in Hülle und Fülle vorhanden, und das war es, was König Friedrich, der ständig von einem Heer von Schuldnern umgeben war, besonders lockte.
Natürlich bahnten der Herzog von Tirol und sein burgundischer Kollege die Heiratsverhandlungen nicht ohne Hintergedanken an. Denn sollte es mit der Heirat klappen und Friedrich würde dereinst zum Kaiser gekrönt werden, so würde man entsprechend auf die ehemaligen Verdienste hinweisen.
Friedrich war mit seinen 32 Jahren keineswegs das, was man als schönen Mann bezeichnen konnte. Er war hager, sein dünnes Haar hing schlaff herunter und war auch in seiner Jugendzeit nicht üppiger gewesen. Man sah ihm den Asketen schon von Weitem an, das schmale Gesicht zeigte stets einen leidenden Ausdruck, von Weltoffenheit oder gar Temperament war nicht die Spur zu bemerken. Im Gegensatz zu seinen lebensfrohen Zeitgenossen verabscheute er üppiges Essen. Völlerei war ihm in tiefster Seele zuwider, und an den üblichen Fress- und Saufgelagen nahm er niemals teil, ja er verurteilte sie aufs Schärfste.
Auch der Sache mit Portugal stand er zunächst skeptisch gegenüber. Er hatte zwar vernommen, dass die portugiesische Prinzessin ein reizendes Mädchen sein sollte, was aber wäre, wenn sie sich nur verstellte, um an seiner Seite Kaiserin zu werden? Misstrauisch wie er von Jugend auf war, bezweifelte er auch das Aussehen Eleonores auf den Medaillons, die ihm überbracht worden waren. Für die Maler war es sicherlich ein Leichtes, ein hübsches Mädchen darzustellen, wer garantierte ihm schon, dass die Prinzessin nicht verwachsen oder gar verkrüppelt war?
Friedrich, der auf Nummer sicher gehen wollte, beauftragte daher zwei Geistliche, auf die er sich verlassen konnte, mit einer delikaten Mission: Sie sollten sich auf den weiten Weg durch das unsichere Europa machen, um die Braut inkognito in Augenschein zu nehmen und zu berichten, wie Eleonore wirklich war. Der knauserige König stellte den Boten so wenig Geld zur Verfügung, dass die beiden ganz und gar nicht wie königliche Brautwerber, sondern eher wie Strauchdiebe auftraten. Schmutzig und zerlumpt, wie sie schon nach kurzer Zeit waren, kamen sie endlich in Portugal an und wurden dort aufgrund ihres verdächtigen Äußeren zunächst ins Gefängnis geworfen. Als sie sich schließlich zu erkennen gaben, dauerte es geraume Zeit, bis man ihnen glaubte, dass sie Abgesandte des königlichen Bräutigams wären, die die Aufgabe hätten, den Ehevertrag zwischen König Friedrich und Prinzessin Eleonore per procurationem zu unterzeichnen.
Die Nachrichten, die Friedrich aus Portugal bekam, hätten ihn sehr froh stimmen müssen, denn seine Mittelsmänner beschrieben die kleine Braut aufs Vorzüglichste, einzig und allein, dass sie so klein war, hätte ein gewisses Manko sein können. Denn in der damaligen Zeit bevorzugten die Herrscher robuste Frauen, die jedes Jahr ein Kind zur Welt bringen konnten, ohne Schaden zu nehmen. Vielleicht war es auch zu viel des Lobes, das Friedrich über Eleonore hörte, in seiner zweiflerischen Art suchte er ein Haar in der Suppe. Für ihn schien es geradezu unmöglich, dass ausgerechnet er ein vollkommenes Geschöpf heiraten sollte. Eilig ließ er deshalb den Hofastrologen kommen, der die Sterne befragen sollte. Und was er hörte, beruhigte ihn einigermaßen, denn die portugiesische Prinzessin schien tatsächlich die richtige Frau für ihn zu sein.
Trotz ihrer Euphorie, in absehbarer Zeit den zukünftigen deutschen Kaiser zu heiraten, fiel Eleonore der Abschied von Lissabon schwer. Man hatte die Vorbereitungen für die große Reise mit aller Sorgfalt getroffen, jedes Stück, das die Prinzessin mit in die neue Heimat nehmen sollte, wurde liebevoll ausgewählt, es sollte ihr an nichts mangeln. Ein Heer von Schneidern fertigte kostbare Kleider an, seidene Schuhe und Täschchen sollten die junge Frau schmücken. Auch Teppiche und weiche Kissen wurden auf die Schiffe verladen, denn man konnte nicht wissen, ob die Braut diese Dinge in ihrer neuen Heimat vorfinden würde. Die beiden Abgesandten Friedrichs hatten in ihrer schäbigen Kleidung einen schlimmen Verdacht aufkommen lassen.
Solange Eleonore noch in Lissabon weilte, folgte ein Fest auf das andere. Die Heimat machte ihr den Abschied nicht gerade leicht, denn auf Schritt und Tritt zeigten ihr die Menschen, wie sehr sie hier geliebt wurde. Dichter verfassten neue Theaterstücke, in denen Mohren und Drachen die Hauptrollen spielten, wilde Männer einander bekämpften und mit mächtigen Stieren rangen, allegorische Gestalten versinnbildlichten die Zukunft der Prinzessin und symbolisierten die hohe Ehre, die ihr beschieden war, da sie den zukünftigen Kaiser zum Mann bekommen würde. Eleonore, auf dem Balkon des Palastes stehend, genoss den Jubel und die Hochrufe.
Aber schon bald nahte der endgültige Abschied von ihrer trauten Umgebung, die kleine Flotte, die eigens für sie ausgerüstet war, lag abfahrbereit im Hafen. Als die Anker gelichtet wurden, konnte die Prinzessin nicht ahnen, welch unbarmherzigem Schicksal sie entgegenging.
Die Fahrt über das Meer war alles andere als eine Luxusreise. Die Stürme im Mittelmeer waren gefährlich, außerdem war jederzeit mit Überfällen von Seeräubern zu rechnen, die natürlich längst über ihre Mittelsmänner darüber informiert waren, welch kostbare Beute für sie auf den Schiffen lagerte – nicht gerechnet das Lösegeld für die hohe Braut!
Die Seereise war für das junge Mädchen ein einziger Albtraum. Wie Nussschalen schaukelten die Schiffe in den schweren Stürmen, wurden von meterhohen Wellen hin und her geworfen, bis die Segel in Fetzen von den Masten hingen. Eleonore und ihr Gefolge liefen nicht nur einmal Gefahr, von einer Riesenwelle ins Meer gespült zu werden. Kaum hatte der Wind nachgelassen, tauchten am Horizont die gefürchteten Piraten auf, vor denen man zwar die Braut verstecken, allerdings nicht verhindern konnte, dass sie einen Großteil der Schätze, die als Mitgift gedacht waren, an sich rissen.
Als endlich Ruhe einzukehren schien, stellten die Seeleute fest, dass die Wasserfässer über Bord gegangen waren. Wie sollte man jetzt in der glühenden Hitze seinen Durst löschen? Da allein die Weinfässer heil geblieben waren, mussten diese angezapft werden, wollte man nicht verdursten – ein harter Schlag für die Prinzessin, die, obwohl sie aus einem Weinland stammte, diesem Getränk nicht sehr zugetan war. Schließlich landeten die Schiffe doch noch an der italienischen Küste, allerdings nicht im vorgesehenen Hafen, sondern in Livorno unweit von Siena, wo König Friedrich schon unruhig auf seine Braut wartete. Die Tage vor der Hochzeit waren für ihn kein Vergnügen gewesen: Die italienische Bevölkerung wollte von dem deutschen König nichts wissen und verschloss die Stadttore, weil man Schwierigkeiten mit den Begleittruppen des Habsburgers befürchtete. Es war immer riskant, fremdes Kriegsvolk, auch wenn es in friedlicher Absicht kam, in der Stadt zu beherbergen, denn man wusste nie, wie es sich aufführen würde. Ein Streit ergab sich leicht, der zu einer Welle der Gewalt führen konnte. Soldaten vergaßen allzu schnell, dass sie als Freunde gekommen waren, begannen zu rauben und zu morden und fielen über die Frauen her, und den Herrschern war es in solchen Situationen unmöglich, dem wilden Treiben Einhalt zu bieten.
Es dauerte geraume Zeit, bis der Habsburger die Stadtväter von Siena von seinen friedlichen Absichten überzeugen konnte und dass es gegen jede gute Sitte verstoßen würde, wenn er seine junge Braut auf freiem Felde empfinge. Schließlich erlaubte man dem König, mit seinem Gefolge in die Stadt einzuziehen, beobachtete ihn allerdings auf Schritt und Tritt.
War man dem Habsburger eher feindlich gesinnt, so eroberte seine Braut die Herzen des Volkes im Sturm. Jubel ertönte überall, wo sich das reizende Mädchen zeigte, man war von seiner Schönheit und seinem Charme entzückt. Hätte Friedrich nur einen Funken Glut in sich verspürt, so hätte er Eleonore vor allem Volk in seine Arme gerissen und herzlich geküsst. Wie viele Sympathien hätte er sich mit so einer menschlichen Geste gemacht!
Aber er konnte nicht aus seiner starren Haut, er war viel zu verschlossen, um Spontaneität zu zeigen. Im Gegenteil: Von Chronisten wird berichtet, dass er am ganzen Körper zitterte, als er seine Braut begrüßte. Er, der immer die Öffentlichkeit gescheut hatte, stand plötzlich im Rampenlicht. Aber ein Privatleben gab es zu dieser