Rudolf Muhr

Die Herzenswörter der Österreicher


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| Der Gründonnerstag ist der Tag der »durch Absolution von den Sünden und Kirchenstrafen Befreiten« – sie sind die Erneuerten, Frischen. Ihnen wurden die Strafen/Sünden erlassen.

      ANTRENZEN sich; Verb, hat ~ | Pate: Thomas Tahedl img Trenzbarterl; Barterl img TRINTSCHPARTL | B: sich anpatzen; W: antrenzen | Besonders Kleinkinder trenzen sich an, wenn sie flüssige bzw. breiige Nahrung essen und sie z. B. wieder ausspucken. Damit nicht das gesamte Gewand schmutzig wird, hängt man ihnen ein sogenanntes Trenzbarterl um – anderswo Latz genannt. Das Wort hängt mit trensen = sich (mit Speichel) beschmutzen zusammen, das wiederum auf mhd. trehenen, trahenen = weinen zurückgeht.

      ANTSCHI, die; Subst. | Pate: Franz Geisslinger | B: Angelika; Anna | Antschi ist die Koseform der weiblichen Vornamen Angelika oder Anna und damit ein 100%iges Herzenswort.

      ANZIPFEN/AUZIPFEN, ANGEZIPFT sein; Verb, ist ~, hat ~ | Pate: Karin Waniek img der Anzipf img Das zipft mich an! | B: 1. jemandem auf die Nerven gehen; 2. frustriert, verärgert, wütend sein; W: anzipfen | Dies ist ein wirklich wichtiges Wort, mit dem in AT universelle Verdrossenheit, Verärgerung, Zorn usw. ausgedrückt wird. Es gibt eine Reihe von Redewendungen dazu: das zipft mich an (das geht mir auf die Nerven); ich bin angezipft (ich bin verärgert). Dazu gibt es das Substantiv der Anzipf, was ebenfalls für den Ausdruck von Frust, Zorn, Grant, Ungeduld, Ungehaltenheit u.a. Emotionen dient, wenn jemand sagt: »So ein Anzipf!«

      APER; Adj./APERN; Verb, hat ~ | Pate: Robert Kaspar | Region: bes. WSTÖ | B: abgetaut, schneefrei | Dieses vor allem in den alpinen Gegenden Österreichs verwendete Wort bezeichnet die Schneeschmelze und Stellen im Gebirge, wo der Schnee abgetaut ist und der Boden zum Vorschein kommt. Wenn es apert, weiß man, dass der Frühling kommt oder schon gekommen ist, was nach den langen Wintermonaten ein Grund zur Freude ist. Das Wort geht zurück auf ahd. abar, was schneefrei bedeutete.

      ÄPFEL BROCKEN; Verb, hat ~ | Pate: Mario Taucher | B: Äpfel pflücken | In AT allgemein üblicher Ausdruck für die Ernte von Früchten, wie zum Beispiel Äpfel, Kernobst, Beeren usw. Man brockt sie, während pflücken überwiegend schriftsprachlich verwendet wird. Das Wort hängt mit brechen (mhd. brocke) zusammen.

      ARMUTSCHKERL, das; Subst. | Pate: Gertrude Bannert | B: ein bedauernswerter Mensch | Dieses stark abwertende Wort bezeichnet einen Menschen, der entweder materiell arm oder geistig oder körperlich behindert ist. Es kann auch ein Schimpfwort sein für jemanden, den man nicht sehr mag. Es hat sich seit dem 19. Jh. aus dem Begriff Armitschkerl entwickelt, das aus dem Adjektiv arm und der slawischen Verkleinerungsendung -icko plus der österreichischen Verkleinerungsendung -erl gebildet wurde.

      ARSCHKAPPELMUSTER, das; Subst. | Pate: Helmut Lackner | B: ein sehr dummer, unangenehmer Mensch | Auch hier handelt es sich um ein Schimpfwort, das meistens für Männer verwendet wird. Das Wort dürfte aus dem Norditalienischen entlehnt worden sein, wo es die Arschbacke, chiappa, gibt, die sich phonetisch mit dem österreichischen Kappel vermischt hat. Eigentlich handelt es sich um eine begriffliche Verdoppelung für ital. culo – Hintern.

      ARSCHKITZLER, der; Subst. | Pate: Sebastian Flandorfer | Region: bes. TIR/OSTTIR | B: Hagebutte (iron.) | Ergibt sich aus folgendem Umstand: Öffnet man eine Hagebutte (= Frucht von wilden Rosen), findet man darin rund um das Fruchtfleisch ganz feine Fäden, die einen schrecklichen Juckreiz auslösen, wenn man sie auf die Haut bekommt. Möglicherweise aus frz. gratte cul – Hinternkratzer gebildet.

      ARSCHLINGS/ASCHTLING/ASCHLING; Adj. | Pate: Erich Prem | Region: bes. OSTÖ/TIR/OSTTIR | B: rückwärts; sich rückwärts bewegen; mit der Rückseite (dem Arsch) zuerst; verkehrt herum | Dieses schöne Wort kommt in Formulierungen vor wie Fahr mit dem Auto arschlings (rückwärts) in die Garage. Innerhalb Österreichs gibt es mehrere Aussprachevarianten: aschtling (Nordtirol); aschling (Osttirol); sonst: arschlings.

      AUF DER TAFEL; Redew. | Pate: Elisa Ergasti | B: an der Tafel (DE) | In AT schreibt man auf der Tafel, in DE an der Tafel, weil es hierzulande als Fläche und nicht als Oberfläche betrachtet wird.

      AUFDUNNAD/AUFGANSLT/AUFGMASCHALD/AUFTAKELN; Verb, ist ~ | Paten: Bianca Pieler, Gabriele Palfy | B: übertrieben stark geschminkt/gekleidet/hergerichtet sein; W: aufgedonnert; aufgeganserlt, aufgemascherlt; aufgetakelt | Eigenschaften, die vor allem Damen ab einem gewissen Alter nachgesagt werden. Der Ausdruck aufgeganslt hat neben wie eine dumme Gans angezogen sein die Bedeutung aufgeregt, nervös sein. Aufgetakelt kommt von der Takelage der Schiffe und aufmascherln meint das Schmücken mit Maschen – eine überwiegend weibliche Gewohnheit.

      AUFHUSSN; Verb, hat ~ | Pate: Babsi Maizner | B: jemanden aufhetzen, aufwiegen; W: aufhussen | Das Wort geht vermutlich auf den Reformator Jan Hus zurück, dessen Anhänger, die Hussiten, sich gegen den König aufgelehnt haben.

      AUFKALTEN; Verb, hat ~ | Pate: Andreas Rieder | Region: bes. OSTTIR | B: aufbewahren; aufbehalten; W: aufghalten | Verkürzung aus aufgehalten img aufghalten img aufkalten. Übliche Formulierungen: Ich hab das nicht aufkalten (aufbewahrt).

      AUFPUDLN, sich; Verb, hat ~ | Pate: Reinhard Adler | B: sich über etwas aufregen; sich in übertriebener Weise in den Vordergrund stellen | Pudel sind kleine Tiere, die bekanntlich mächtig viel Lärm machen können. Das ist auch das Bild hinter dem Wort aufpudeln.

      AUFSCHEINEN; Verb, ist ~ | Pate: Ba Welter | B: erscheinen, vorkommen; auftauchen; aufleuchten | Ein genuin österreichisches Wort, das einen breiten Verwendungsbereich hat. Meistens verwendet im Zusammenhang mit Listen, Verzeichnissen und dergleichen.

      AUGENGLÄSER, die; Pl., Subst. | Pate: Sabine Ebert | B: Brille | Gläser für die Augen: Heute schon ein wenig veralteter Begriff.

      AUGNDSAN/AUGNZAND, der; Subst. | Region: bes. WIEN/TIR | B: Eckzahn im Oberkiefer; W: Augenzahn | Die Bezeichnung kommt daher, dass man früher glaubte, die Eckzähne stünden mit den Augen in Verbindung.

      AUGNLUCK, die; Subst. | Region: bes. TIR | B: Augenlid; W: Augenverschluss | Ein altes Wort, das mit ahd. lohan – verschließen zusammenhängt.

      AUGRENNT; Verb, ist ~ | Pate: Rosalynn Bacher | B: angerannt sein; verrückt/dumm sein; W: angerannt | Dieser Ausdruck wird vor allem in übertragener Bedeutung verwendet. Als Frage: »Seids ihr augrennt?« – Seid ihr verrückt? Daneben gibt es die wörtliche Bedeutung, dass jemand in etwas hineingerannt ist.

      AUNIWAUNTA, die; Subst. | Pate: Leo Haindl img ANAWENTN

      AUSBUSSLN; Verb, hat ~ | Pate: Nina Hules | Region: bes. NÖ | B: an Küssen erschöpfen; W: ausbusseln | Wie romantisch! Mit Küssen/Busseln jemanden erschöpfen. Ein stark empfohlenes Wort für alle frisch Verliebten.

      AUSFRATSCHELN; Verb, hat ~ | Pate: Stephanie Ladinegg | B: aushorchen; mit bestimmten Absichten ausfragen | Diese Art von Aktivität schreibt man neugierigen NachbarInnen, ArbeitskollegInnen usw. zu, die mit scheinbar harmlosen Fragen persönliche Informationen aus ihren GesprächspartnerInnen herausbekommen wollen – und es meistens auch schaffen.

      AUSGFUXT sein; Verb, ist ~ | Pate: Roland Fuchs | B: schlau, raffiniert, gefinkelt, evt. durchtrieben sein; W: ausgefuchst | Wenn jemand ausgfuxt ist, dann ist das ein ziemliches Kompliment, die Person ist schlau und anderen haushoch überlegen.

      AUSGSCHAU, das; Subst. | Pate: Peter Pilz | Region: bes. OSTÖ | B: Unordnung; W: Ausgeschau | Es ist kein Kompliment, wenn jemand zu Besuch kommt und sagt: »Was isn das da für ein Ausgschau?«, weil das die Verwunderung ausdrückt, dass die Unordnung so groß ist.

      AUSWART/AOSWOAT, der; Subst. | Region: bes. KTN