einer Unterhaltung benutzt, klingt es fast wie ein Fremdwort.
Der Begriff Schicksal erlangt für uns in dem Augenblick Bedeutung, in dem unser gewohntes selbstbestimmtes Leben aus den Fugen gerät. Eine schwere Krankheit, ein tragischer Unfall, der Tod eines Familienmitglieds, oder das abrupte Ende einer Liebesbeziehung. Unser Leben gerät außer Kontrolle. Der Wunsch zurück in die Normalität bleibt uns verwehrt, und selbst mit größtem Kraftaufwand lässt sich unsere Situation nicht mehr in den Griff bekommen.
Durch Schmerz und Trauer erfahren wir eine neue Dimension des Lebens, einen Aspekt, den es bis dahin vielleicht nicht gegeben hat. Je älter wir allerdings werden, desto mehr gewinnen die Worte Bestimmung und Schicksal an Bedeutung. Das Leben erinnert uns daran, das es einen eigenen Plan zu verfolgen scheint. Einen Hinweis darauf bekommen wir meist erst dann, wenn unser eigener Plan plötzlich nicht mehr funktioniert.
Dies ist die Geschichte meiner Begegnung mit dem Schicksal. Es sollte mich in eine neue Richtung weisen. Eine Richtung, gegen die ich mich mit Händen und Füßen so lange vehement sträubte, bis es mich bewegungs- und tatenlos in die Knie gezwungen hat.
Chaos, Veränderung und Auflösung
Mein erster Schicksalsschlag widerfuhr mir bereits mit 18 Jahren an. Mein Vater bekam plötzlich eines Nachts keine Luft mehr, und ist daraufhin gestorben. Noch Wochen danach bin ich immer um dieselbe Zeit aufgewacht und hörte die verzweifelten Hilferufe meiner Mutter. Weiter ging es schicksalstechnisch für mich im Alter von 28 Jahren, und was in den nächsten drei Jahren passieren sollte, stellte alles bisher erlebte in den Schatten.
Ich erzähle Ihnen meine Geschichte, um Ihnen Mut zu machen. Sollte Ihr Leben irgendwann einmal völlig aus den Fugen geraten, wenn nichts mehr Sinn ergibt, wenn Sie keinen Ausweg mehr wissen, dann erinnern Sie sich vielleicht an meine Geschichte und ihren Ausgang.
Es ist kurz vor vier Uhr nachmittags, ich starre auf mein leeres Zimmer. Links nahe dem Fenster steht noch ein Futonbett und neben mir eine kleine Reisetasche. Ich kann kaum glauben, wie wenig ich noch besitze! Im Vergleich zu anderen in meinem Alter war ich schon ein Minimalist, aber mal abgesehen vom Bett, das morgen abgeholt wird, besitze ich nur noch eine Reisetasche und das, was ich gerade trage.
Ein Kribbeln in der Magengegend, etwas hibbelig, und auch ein flaues Gefühl begleitet mich seit geraumer Zeit. Ich kann nicht verstehen, was im letzten Jahr wirklich passiert ist, dass mich derart in die Knie gezwungen hat. Ich bin dabei alles hinter mir zu lassen, und stelle mich dem Unbekannten, einer neuen Welt. Eine mir nicht bekannte Gewalt oder Mächtigkeit scheint mich anzutreiben und lenkt mich auf einen neuen Weg. Zahlreiche Versuche meinen eigenen Willen dem entgegenzusetzen scheiterten kläglich.
Falls Sie sich schon einmal mit Astrologie beschäftigt haben, dann sind Sie vielleicht über den Begriff ‚Saturn Return‚ gestoßen. Die Astrologie spielt eine große Rolle in dieser Geschichte, deshalb kurz zur Bedeutung dieses Begriffs: der Planet Saturn durchwandert auf seiner Ellipse alle zwölf Tierkreiszeichen, und braucht dazu im Durchschnitt 29,5 Jahre. Wenn er seinen Ausgangspunkt wieder erreicht hat, dann steht er im selben Zeichen und an derselben Position wie bei Ihrer Geburt. Dort verweilt Saturn zwischen zwei und drei Jahren, was abhängig ist von der Position innerhalb der Planetenschleife.
Diese Phase wird in astrologischen Fachkreisen als Saturn Return bezeichnet. Der Saturn Return findet nur drei Mal in Ihrem Leben statt – ausgenommen Sie werden 120 Jahre alt. Die erste Rückkehr von Saturn beginnt im Alter zwischen 27 und 30 Jahren, die zweite zwischen 57 und 60 Jahren und die letzte zwischen 87 und 90 Jahren.
Vor allem der erste Saturn Return gilt als ein ’schwieriger‘ Übergangsprozess im Leben – er symbolisiert das Erwachsen werden. Es ist wie die erste Liebe, die endet. Man erlebt es das erste Mal und kann es nirgends einordnen – es ist eine gänzlich neue Erfahrung. In der astrologischen Lehre wird Saturn als der große Lehrmeister der Lüfte bezeichnet. ‚Lebensberater‘ oder ‚Personal Trainer‘ wären vielleicht passendere Begriffe. Der Saturn Return weist auf Ihre größten Lebens-Lektionen hin.
Hätte ich damals schon gewusst, dass ich mich inmitten meines ersten Saturn Returns befand, hätte ich mich vielleicht etwas weniger gegen die dramatischen Veränderungen gewehrt.
Bevor ich jetzt meine Geschichte fortsetze, lassen Sie uns die Uhr um zwei Jahre zurückdrehen und uns den gleichen Raum ansehen, in dem ich jetzt gerade sitze. Auch wenn es sich etwas seltsam anhört, aber dieser Raum scheint ein Eigenleben zu besitzen, das sich auf seine Bewohner überträgt. Klingt bizarr und erinnert Sie vielleicht an einen Gruselroman. Allerdings werden Sie bald besser verstehen, warum sich das für mich so anfühlte.
Die Suche nach der Wahrheit
Es war ein sommerlicher Freitagabend, als ich zum Abendessen mit meinen Freunden Peter, Anton und Lars hier in dieser besagten Wohnung ankam. Ich besuchte sie etwa zweimal pro Woche. Anton war Peters jüngerer Bruder, und Lars – ein Freund von Anton – war letztes Jahr eingezogen. Lars ging oft seinen eigenen Weg, war meistens in seinem Zimmer, und beteiligte sich nur wenig an unseren philosophischen Gesprächen.
Wir meditierten und sprachen anschließend über Metaphysik, insbesondere über die Astrologie. Peter, der sich schon seit Jahren mit Astrologie beschäftigte, arbeitete viel mit einem Programm aus den USA. Er erstellte damit Textanalysen und verdiente sich nebenbei zu seinem Wirtschaftsstudium etwas Geld. Sein Programm faszinierte mich vom ersten Tag an. Wir suchten zu dieser Zeit nach mehr Freiheit und Wahrheit in unserem Leben, und bedienten uns dabei verschiedener spiritueller Methoden. Wir waren der festen Überzeugung, dass es noch andere Wege geben müsste, als die wenigen ausgetretenen Pfade, welche uns die Gesellschaft vorschrieb.
Schon länger verspürte ich den Wunsch bei meinen Freunden zu wohnen, aber die Wohnung war bereits komplett belegt. Das Beisammensein mit meinen Freunden gab mir das Gefühl, akzeptiert und angenommen zu sein. Solange ich mich erinnern kann, fühlte ich mich als Außenseiter. Ich passte nirgendwo hinein.
Die Welt schien – mit wenigen Ausnahmen – nicht für mich geschaffen zu sein.
Ein erster Hinweis auf das kommende Schicksal
Ein paar Tage vergingen, und ich besuchte meine Freunde wieder. Anton, der jüngere Bruder von Peter öffnete die Tür. Ich spürte augenblicklich, dass etwas Schreckliches passiert sein musste. Meine beiden Freunde teilten mir mit, dass Lars auf dem Zebrastreifen beim Überqueren der Straße von einem Auto angefahren worden war, und dort wenige Minuten später gestorben ist. Wir waren schockiert, und eine dunkle, schwere Wolke von Trauer umhüllte uns.
Aber die Ereignisse sollten noch mysteriöser werden!
Um die Mittagszeit, einen Tag später meldete sich das forensische Team der örtlichen Polizeidienststelle und entdeckte Farbspuren von Dachziegeln an den Schuhen unseres toten Freundes. Wir starrten uns gegenseitig an, und ohne die Schlussfolgerungen der Beamten abzuwarten, wussten wir augenblicklich, was das bedeutete. Er beging Selbstmord, indem er sich vom Dach stürzte und am Anfang des Zebrastreifens vor dem Haus aufschlug. Uns fehlten die Worte. Fragen über Fragen tauchten auf und wir waren fassungslos über das Geschehen.
Etwa zwei Wochen nach diesem schrecklichen Vorfall, noch immer fassungslos und mit leicht betäubten Gefühlen, bezog ich sein Zimmer. Können Sie das nachvollziehen? Es zeigt Ihnen vielleicht, in welchem inneren zerrissenen Zustand ich selbst war. Welch skurrile Art und Weise, wie sich mein Wunsch erfüllen sollte mit meinen Freunden zusammenzuleben!
Jemand geht, damit jemand anderes seinen