der Fischgeruch, der so durchdringend war, dass mein Taschentuch, als ich es einmal herauszog, gerade so roch, als ob ein Hummer darin eingewickelt gewesen wäre. Als ich diese Entdeckung Peggotty anvertraute, belehrte sie mich, dass ihr Bruder mit Hummern, Krabben und Krebsen handelte.
Später fand ich heraus, dass ein Haufen dieser Geschöpfe in wunderbarer Verknäuelung, in der sie nicht wieder losließen, was sie einmal mit ihren Scheren gefasst hatten, draußen in einem kleinen hölzernen Schuppen, in dem Töpfe und Kessel hingen, aufbewahrt wurden.
Eine sehr höfliche Frau mit weißer Schürze, die ich schon draußen in der Türe hatte knixen sehen, als ich auf Hams Rücken noch eine Viertelmeile vom Hause entfernt war, empfing uns. Desgleichen ein sehr schönes, kleines Mädchen – so kam sie mir wenigstens vor, – mit einem Halsband aus blauen Glasperlen.
Die Kleine ließ sich nicht küssen, als ich sie dazu aufforderte, sondern rannte fort und versteckte sich. Später, als wir ein prächtiges Mittagessen, bestehend aus gekochten Fischen, geschmolzener Butter und Kartoffeln, sowie einer Hammelrippe für mich, zu uns genommen hatten, kam ein stark behaarter Mann mit sehr gutmütigem Gesicht nach Hause. Er nannte Peggotty »Mächen« und gab ihr einen herzhaften Schmatz auf die Wange, woraus ich bei der sonstigen Züchtigkeit ihres Wesens schloss, dass es ihr Bruder sein müsste. Er war es auch und wurde mir als Mr. Peggotty, der Herr des Hauses, vorgestellt.
»Freut mich, Sie zu sehen, Sir«, sagte Mr. Peggotty »– werden uns rau finden, aber stets bereit.«
Ich dankte ihm und gab zur Antwort, dass ich mich an so einem angenehmen Ort gewiss wohlbefinden würde.
»Wie geits to Hus, Sir?« fragte Mr. Peggotty, plötzlich in seinen Schifferdialekt verfallend. »Haben Sie Ihre Mama frisch und munter verlassen?«
Ich teilte Mr. Peggotty mit, dass sie so munter und frisch sei, wie ich nur wünschen könnte, und dass sie sich ihm empfehlen ließe, was eine kleine, höfliche Lüge meinerseits war.
»Ick bünn Ehr sehr verbunnen«, antwortete Mr. Peggotty. »Wenn Sej et hier fortein Dag uthollen könt mit der da«, er nickte seiner Schwester zu, »und Ham und lütt Emly, sünn wi stolz op Ehr Gesellschaft.«
Nachdem Mr. Peggotty in so gastfreundlicherweise die Honneurs seines Hauses gemacht hatte, ging er mit der Bemerkung, kaltes Wasser richte gegen Dreck nichts aus, hinaus, um sich warm zu waschen.
Er kehrte bald zurück und sah viel besser aus, aber so gerötet, dass ich mich des Gedankens nicht erwehren konnte, sein Gesicht habe mit den Hummern und Krebsen das eine gemein, dass es schwarz in das warme Wasser hinein und rot wieder herauskomme.
Als nach dem Tee die Tür fest zugemacht war, – denn die Nächte waren kalt und neblig, – erschien mir das Haus als die prächtigste Unterkunft, die menschliche Einbildungskraft ersinnen kann. Den Wind draußen auf dem Meere brausen zu hören, zu wissen, dass der Nebel sich über die trostlose Ebene ausbreitete, in das Feuer zu sehen und zu denken, dass kein Haus weit und breit außer diesem da sei, und dass dieses eine ein Schiff war, wirkte wie Zauberei.
Emly hatte ihre Scheu überwunden und saß neben mir auf der niedrigsten und kleinsten der Schiffskisten, die, gerade groß genug für uns beide, genau in die Ofenecke passte.
Mrs. Peggotty in ihrer weißen Schürze strickte auf der anderen Seite des Feuers. Peggotty selbst war bei ihrer Arbeit ebenso zu Hause, wie mit der St.-Pauls-Kirche und dem Stückchen Wachslicht, als hätte sie nie eine andere Wohnung gekannt. Ham versuchte mit schmutzigen Karten wahrzusagen und prägte jedem Blatt, das er aufschlug, die fischigen Abdrücke seines Daumens auf. Mr. Peggotty rauchte seine Pfeife.
Ich fühlte die Zeit zu vertraulicher Unterhaltung gekommen:
»Mr. Peggotty!«
»Sir?«
»Haben Sie Ihren Sohn Ham genannt, weil er in einer Art Arche wohnt?«
Mr. Peggotty schien das für einen tiefsinnigen Gedanken zu halten und antwortete:
»Nein, Sir. Ich hew jem nie keenen Namen nich gewen.«
»Wer hat ihm denn diesen Namen gegeben?« forschte ich, Frage Nummero 2 aus dem Katechismus Mr. Peggotty vorlegend.
»Nun, Sir, sien Vadder hett em den Namen gewen«, sagte Mr. Peggotty.
»Ich dachte, Sie wären sein Vater?«
»Mien Bruder Joe war sien Vadder.«
»Tot, Mr. Peggotty?« fragte ich nach einer respektvollen Pause.
»Ertrunken«, sagte Mr. Peggotty.
Ich war sehr erstaunt, dass Mr. Peggotty nicht Hams Vater war, und hätte gern Genaues über seine Verwandtschaft zu den anderen Anwesenden gekannt. Ich brannte so darauf, dass ich beschloss, es herauszukriegen.
»Die kleine Emly«, sagte ich mit einem Blick auf das Mädchen, »sie ist Ihre Tochter, nicht wahr, Mr. Peggotty?«
»Nein, Sir. Mien Schwager Tom war ihr Vadder.«
Ich konnte mich nicht zurückhalten:
»Tot, Mr. Peggotty?« fragte ich zögernd, wieder nach einer vorsichtigen Pause.
»Ertrunken«, sagte Mr. Peggotty.
Ich fühlte die Schwierigkeit der Sachlage, aber es war noch nicht alles ergründet, und so musste ich doch weiter forschen.
»Haben Sie keine Kinder, Mr. Peggotty?«
»Nein, Master«, antwortete er mit kurzem Lachen. »Ick bünn een Junggesell.«
»Junggesell?« fragte ich ganz verwundert. »Wer ist denn das, Mr. Peggotty?«, und ich wies auf die Frau mit der weißen Schürze.
»Das is Mrs. Gummidge.«
»Gummidge, Mr. Peggotty?«
Aber hier machte Peggotty – ich meine meine eigene Peggotty – so deutliche Gebärden, ich solle nicht weiter fragen, dass ich nichts mehr tun konnte als die schweigsame Gesellschaft ansehen, bis es Zeit war, zu Bett zu gehen. Dann in der Zurückgezogenheit meiner eigenen kleinen Kabine teilte sie mir mit, dass Ham und Emly beide Waisen seien, die ihr Bruder in frühester Kindheit zu sich genommen hatte, und dass Mrs. Gummidge die Witwe seines ehemaligen Bootteilhabers sei, der sehr arm gestorben war. Peggotty selbst sei nur ein armer Mann, aber echt wie Gold und treu wie Stahl. Das waren meiner Kindsfrau eigne Vergleiche. Das einzige, sagte sie mir, worüber er je heftig werden könnte bis zum Fluchen, wäre, wenn man auf sein gutes Herz anspiele. Wenn man nur davon spräche, schlüge