Günter Dönges

Der exzellente Butler Parker Staffel 2 – Kriminalroman


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innere Stimme, die ihn schon oft vor lebensgefährlichen Fallen gewarnt hatte, meldete sich zu Wort ...

      Als die Türklinke unter kaum hörbarem Knarren niedergedrückt wurde, standen Parker und seine Herrin schon rechts und links des Eingangs, um für einen gebührenden Empfang zu sorgen.

      Millimeter für Millimeter wurde die Tür aufgedrückt, bis im bleichen Mondlicht der Kopf eines Mannes sichtbar wurde, der argwöhnisch in den finsteren Raum spähte. Zögernd wagte der Eindringling den ersten Schritt in die Dunkelheit. Der langläufige Revolver in seiner Hand war trotz des schwachen Dämmerlichts nicht zu übersehen.

      Der bewaffnete Wächter dagegen sah nichts. Dieser Zustand änderte sich erst, als Lady Agatha mit freudigem Schwung ihren Glücksbringer auf den Nacken des Unbekannten setzte. Mit hingebungsvollem Stöhnen reagierte der Eindringling auf das grelle Feuerwerk bunt glitzernder Sterne, die plötzlich vor seinen Augen tanzten.

      Als wollte er das überraschende Schauspiel festhalten, griff der Mann mit den Händen in die Luft und ließ dabei die Waffe achtlos fallen. Röchelnd knickte er in den Knien ein und torkelte auf unsicheren Füßen ein paar Schritte in den finsteren Raum hinein.

      Nach einer mißglückten Pirouette ließ er sich ohne weiteren Kommentar auf ein Feldbett fallen. Das leichte Gestell war dieser Belastungsprobe nicht gewachsen und streckte unter häßlichen Geräuschen seine Aluminiumbeine von sich.

      Den Unbekannten schien das nicht zu stören. Mit einem erlösten Seufzer kuschelte er sich in die Wolldecken und bettete sein Haupt in einen noch halb gefüllten Pappteller mit Pommes frites und Mayonnaise.

      »So wird’s gemacht, Mister Parker«, prahlte die ältere Dame, doch der Butler fand keine Zeit, seiner Herrin das gewünschte Lob zu spenden. Ihm war nicht entgangen, daß der entwaffnete Schütze noch einen Begleiter mitgebracht hatte.

      Der Mann war draußen vor der Tür geblieben und versuchte irritiert, die Geräusche zu deuten, die an sein Ohr drangen. Vorsichtshalber wich er ein paar Schritte zurück und suchte hinter einem Mauervorsprung Deckung.

      Obwohl der Mann das schwarze Viereck der Türöffnung nicht aus den Augen ließ, übersah er doch, daß Parker in diesem Moment seine Melone vom Kopf nahm und an der Krempe faßte. Als die schwarze Halbkugel in der nächsten Sekunde mit leisem Sirren auf ihn zuglitt, war es zum Ausweichen zu spät. Mit unfehlbarer Sicherheit steuerte der als Frisbee-Scheibe wirkende Flugkörper den Landeplatz an, den Parker ihm zugedacht hatte.

      Der vorsichtige Angreifer stieß einen glucksenden Laut aus, als die stahlgefütterte Krempe nachdrücklich über seine Nasenwurzel strich. Vermutlich war es nicht allein der romantische Mondschein, der ihn zu einer Darbietung inspirierte, die nachdrücklich an orientalischen Bauchtanz erinnerte. Die schwere Waffe schien ihn bei den wellenförmigen Verrenkungen zu stören. Sie landete in hohem Bogen in einem Rosenbusch.

      Mit der Kondition des Tänzers war es nicht weit her. Schon bald japste er hörbar nach Luft und litt offensichtlich unter Gleichgewichtsstörungen. Taumelnd griff der Mann nach dem erstbesten Halt, der sich bot. Wie ein Ertrinkender, der sich an den sprichwörtlichen Strohhalm klammert, krallte er sich an dem Fallrohr fest, das neben ihm von der Dachrinne zum Boden führte.

      Zu seinem Leidwesen erwies sich dieser Halt jedoch als ausgesprochen trügerisch. Das Rohr aus dünnem Zinkblech war ebenso morsch und altersschwach wie die Haken, mit denen es an der Wand befestigt war.

      Knirschend gaben die Halterungen nach. Zementstaub und Putzbrocken rieselten herab. Quietschend und scheppernd rutschte das fast zehn Meter lange Rohr aus der Verankerung, löste sich in diverse Einzelteile auf und prasselte auf den Bedauernswerten nieder, der inzwischen auf dem Boden kniete und schützend die Hände über den Kopf hielt.

      Stöhnend raffte sich der Unbekannte auf, sobald der Blechschauer verebbt war, doch Sekunden später gab er seine Fluchtgedanken endgültig auf. Das Schicksal ereilte ihn in Gestalt der eigentlichen Dachrinne, die ebenfalls altersschwach war und dem Fallrohr mit ein paar Sekunden Verzögerung in die Tiefe folgte. Um das Maß vollzumachen, setzten sich auch noch einige Dachpfannen in Bewegung und schlugen polternd auf den Boden.

      Der in zielloser Panik hin und her torkelnde Mann hatte noch Glück im Unglück. Ein Ziegel sauste haarscharf an seinem Ohr vorbei und ersparte seiner Schädeldecke eine gefährliche Belastungsprobe. Dafür machte das Schlüsselbein des Unbekannten auf recht schmerzhafte Weise mit dem hartgebrannten Lehm Bekanntschaft.

      *

      »Vorwärts, Mister Parker!« verlangte Lady Agatha. »Ich werde das Haus durchkämmen, bis ich den Besitzer gefunden habe.«

      »Die Mühe können Sie sich sparen«, tönte eine dunkle Männerstimme mit fremdländischem Akzent. Im nächsten Moment flammte die Neonbeleuchtung an der Decke des Raumes auf.

      In der Tür an der Stirnwand, die als Verbindung zwischen Villa und Anbau diente, stand ein untersetzter, schwarzhaariger Mann, den Parker auf knapp fünfzig Jahre schätzte. Der elegant geschnittene Anzug aus feinstem Tuch, die goldgefaßten Brillengläser und das verbindliche Lächeln auf dem gebräunten Gesicht ließen an einen seriösen Geschäftsmann denken.

      Der matt schimmernde Stahl der Pistole und der stechende Blick der wachsamen, schwarzen Augen sprachen jedoch eine andere Sprache.

      »Ich habe schon auf Ihren Besuch gewartet«, fuhr der Unbekannte fort und deutete eine Verbeugung an, ohne die Waffe sinken zu lassen. »Mein Name ist übrigens Achmed Abdullah Hadsch Brahim. Darf ich Sie bitten, sich auch vorzustellen?«

      »Mylady ist etwas befremdet über die Art, wie Sie Besucher empfangen, Sir«, merkte Parker an, nachdem er den Namen seiner Herrin und seinen eigenen genannt hatte.

      »Die Art, wie Sie versucht haben, sich Zugang zu meinem Haus zu verschaffen, ist nicht minder befremdlich«, konterte der Hausherr. »Aber wir sollten unsere Zeit nicht mit fruchtlosen Diskussionen über Umgangsformen verschwenden. Kommen wir lieber zur Sache.«

      »Ein Vorschlag, den man nur begrüßen kann, Sir«, stimmte Parker zu. »Darf man sich in aller Bescheidenheit erkundigen, welche Sache Sie zu meinen belieben?«

      »Stellen Sie sich nicht dümmer, als Sie sind, Mister Parker«, brauste Hadsch Brahim auf, und seine Augen funkelten zornig. »Ich spreche von dem dreisten Überfall, den Sie gestern abend auf offener Straße verübten. Die junge Dame, die Sie mit brutaler Gewalt entführt haben, war auf dem Weg zu mir.«

      »Habe ich richtig gehört, Mister Parker?« vergewisserte sich Agatha Simpson. »Dieser Lümmel wagt es, in meiner Gegenwart die Wahrheit auf den Kopf zu stellen. Und er wird noch nicht mal rot dabei!«

      Hadsch Brahim setzte ein breites Grinsen auf und entblößte dabei eine ansehnliche Galerie goldfunkelnder Beißwerkzeuge.

      »Wenn Sie eine andere Version der Wahrheit bevorzugen, Mylady, ist das Ihre Privatsache«, stellte er mit herablassender Geste klar. »Für mich steht eindeutig fest, daß Sie das Mädchen entführt haben.«

      »In der Tat kommt man nicht an der Einsicht vorbei, daß Sie im Moment über das Argument mit der durchschlagendsten Überzeugungskraft verfügen, Mister Hadsch Brahim«, räumte Parker mit einem Blick auf die Pistole ein.

      »Sehen Sie, Mylady«, feixte der Bewaffnete. »Ihr Butler ist einsichtsvoller als Sie.«

      »Dennoch sollte man die Tatsache nicht unerwähnt lassen«, fuhr Parker fort, »daß die fragliche junge Dame vorher von Ihren Helfershelfern entführt wurde, Mister Hadsch Brahim.«

      »Erwähnen Sie, was Sie wollen«, wischte der Mann den Einwand unwirsch beiseite. »Mich interessiert nur eines: Wo halten Sie das Mädchen versteckt?«

      »Die junge Dame befindet sich inzwischen wieder in der Obhut ihrer Eltern«, teilte Parker durchaus wahrheitsgemäß mit, um dann – etwas weniger wahrheitsgetreu – fortzufahren: »Ein erneuter Entführungsversuch Ihrerseits dürfte aber nur geringe Aussicht auf Erfolg haben, da das Haus von der Polizei überwacht wird.«

      »Mich legen Sie nicht so schnell aufs Kreuz, Parker«, entgegnete Hadsch Brahim. »Sie haben