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Plautus in der Frühen Neuzeit


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      Das im elegischen Distichon verfasste Epigramm mit dem Titel In Plautum wurde zum ersten Mal 1592 im Anhang der Lusus duo juveniles veröffentlicht. In dieser Sammlung vereinigte TaubmannTaubmann, Friedrich zwei im Jahr 1587 entstandene humoristische Kleinepen, die MartinaliaTaubmann, FriedrichMartinalia und die BacchanaliaTaubmann, FriedrichBacchanalia.10 Die zweite Ausgabe von 1593 verwendet dieselben Druckplatten wie ihre Vorgängerin, ist also identisch mit der ersten Auflage.11 Das Epigramm In PlautumTaubmann, FriedrichIn Plautum steht im Anhang nach zwei auf die BacchanaliaTaubmann, FriedrichBacchanalia folgenden Prosatexten, dem Nachwort und der Anrede an den Drucker, unter anderen zumeist kleineren Gedichten, die fast alle an einzelne Personen gerichtet sind.12 Das Gedicht ist also spätestens 1592 entstanden und damit zu einer Zeit, als TaubmannTaubmann, Friedrich die lutherische Fürstenschule in Heilsbronn besuchte (1582–1592).13 Der Entstehungskontext des Epigramms ist also der Schulbetrieb, was sich auch an der Anrede puer in v. 15 zeigt. In Plautum Taubmann, FriedrichIn Plautumwar ursprünglich dem Diakon Georg SpecknerSpeckner, Georg aus Creußen bei Bayreuth gewidmet.14 Diese Zueignung fehlt in der ersten Sammelausgabe von Taubmanns Taubmann, FriedrichGedichten, den Columbae PoeticaeTaubmann, FriedrichColumbae Poeticae von 1594, und sollte – seltsam genug – nie wieder restituiert werden.15 Doppelt so umfangreich wie die Columbae war die zweite Gesamtausgabe der TaubmannTaubmann, Friedrich’schen Carmina Neolatina, die 1597 erstmals erschienenen MelodaesiaTaubmann, FriedrichMelodaesia, die danach mehrfach wieder aufgelegt wurden. Dort steht das Plautus-Gedicht im vierten und damit letzten Epigrammbuch.16 Wir präsentieren das Gedicht hier in der ersten Textfassung der Lusus juveniles von 1592 bzw. 1593, da es sich hierbei um die umfangreichste Version handelt: Hier finden sich noch der Name des Adressaten und das ab 1597 fehlende Distichon v. 11–12.17

      In Plautum.18

      Ad

      GEORG(IVM) SPECNERVMSpeckner, Georg, Creusen(atem)19

      ET Venere et Charisin20 et Musis natus iniquis,21

      Cui genius Plauti non sapit ad genium.

      Ipsae adeò Musae Plauti sermone loquuntur.

      O Umbri umbellam sit mihi posse sequi!22

      Hic Veneres habet omneis.23 miscet hic utile dulci: 5

      Ausit et huic punctum quisque negare suum?

      Plautus Musarum decima: et flos Atticus: idem

      Sermonis Latii regula certa sui.

      Hunc penitis24 sollers adytis Sapientia clausum

      Distinet, atque animas huc vetat ire rudes. 10

      Scaligeris, LipsIs, Douzaeis25 atque Melißis

      Ad gustum hic aliquid pinsere Pistor habet.26

      Sat nobis hujus pulvisculus27 esse farinae

      Creditur et Latiae mica pusilla molae.

      O studiis damnate puer, ne scena TerentI 15

      Vilescat mundi simplicitate sui!

      Nî prius hic animum coluit; me judice, nusquam

      In Plauti orchestrâ jure sedere potes.

      COME, Venus, Charites, Musae; date lacteus imber

      Supra umbras Umbri depluat uvidulas!28 20

      Auf Plautus. An Georg SpecknerSpeckner, Georg aus Creußen

      Dem Menschen waren Venus, die Grazien und die Musen schon bei seiner Geburt feindselig gestimmt, dem der Geist des Plautus nicht nach seinem eigenen Geiste schmeckt. Die Musen selbst reden doch fürwahr29 plautinisch. O möge es mir doch gegeben sein, auch nur dem kleinen Schatten des Umbrers30 folgen zu können! (5) Er besitzt jeden nur erdenklichen Liebreiz, er verbindet das Angenehme mit dem Nützlichen. Würde irgendjemand31 es wagen, ihm seine Wählerstimme zu verweigern? Plautus ist die zehnte Muse, die herrlichste Blüte des Attischen und die unumstößliche Norm seiner lateinischen Sprache. Fern vom gemeinen Volk hält die kluge Weisheit ihn (10) im Innersten ihres Heiligtums umschlossen und verbietet unerfahrenen Seelen, hierher zu kommen. Für den Geschmack der Scaligeri, der Dousae, von Männern wie LipsiusLipsius, Justus und wie Melissus hat dieser Müller etwas zum Mahlen.32 Man glaubt, dass schon ein Staubkörnchen von dessen Mehl und ein winziger Krümel seines lateinischen Schrots uns genügen. (15) O Knabe, der du zu den gelehrten Studien verdammt bist, verachte nicht die Dramen des TerenzTerenz wegen der Schlichtheit ihres Schmucks! Wenn er nicht zuvor deinen Geist gebildet hat, hast du nach meinem Urteil kein Anrecht auf einen Platz in den vornehmeren Sitzreihen von Plautus’ Zuschauerraum. Gewährt freundlich, Venus, ihr Grazien und ihr Musen, dass sich milchiger Regen (20) ergießt über die feuchten Schatten des Umbrers!

      Das Gedicht ist im ersten Teil ein geschickt arrangiertes Zitatenpastiche aus lobenden Urteilen bedeutender Gelehrter über Plautus. Diese unmarkierte Testimonienparade für den Kenner ist gewissermaßen das Präludium zu TaubmannsTaubmann, Friedrich Plautusausgabe, in der er unmittelbar nach der Vorrede an den Leser positive Bewertungen aus der Antike und der Neuzeit zitieren wird.33

      Das erste Distichon ist eine Anspielung auf Joseph Justus ScaligersScaliger, Joseph Justus Satz: quis adeo auersus a Musis, vt eorum [scil. Plauti et Laberii]34 lepore non tangatur? („wer stünde den Musen so fern, dass ihn der Zauber eines Plautus und eines Laberius nicht berühren könnte?“).35 Die Formulierung im zweiten Vers ist plautinisch: Sapis multum ad Genium sagt Saturio zu Toxilus im PersaPersa (v. 108).36 TaubmannTaubmann, Friedrich hat hier dem Ausdruck allerdings eine andere Wendung gegeben.37 Der dritte Vers spielt auf einen berühmten Ausspruch VarrosVarro an, der auf dessen Lehrer, den Philologen L. Aelius StiloStilo, L. Aelius, zurückzuführen ist: In comoedia maxime claudicamus. Licet VarroVarro Musas, Aeli Stilonis sententia, Plautino dicat sermone locuturas fuisse, si Latine loqui vellent („In der Komödie hinken wir den Griechen ganz besonders hinterher – mag auch Varro sagen, dass die Musen nach der Meinung des Aelius Stilo in plautinischem Stile reden würden, wenn sie Latein sprechen wollten“).38 Das (zugegebenermaßen naheliegende) Wortspiel in v. 4 mit Umberumbella ist wohl von Plautus inspiriert (vgl. auch v. 20): (Simo) Nec mihi umbra hic usquamst […] / (Tranio) Quid, Sarsinatis ecqua est? si Vmbram non habes – „Simo [über sein Haus]: Ich habe hier aber nirgends umbra (Schatten) […] Tranio: Wie? Hast du wenigstens eine Sarsinatin, wenn du schon keine Umbra (Umbrerin) hast?“ (MostellariaMostellaria 769–770). TaubmannsTaubmann, Friedrich Formulierung ist ein komisch-hyperbolischer Bescheidenheitstopos: Er fühlt sich so gering, dass er es noch nicht einmal wagt, Plautus’ Schatten zu folgen (geschweige denn Plautus selbst), sondern nur seinem kleinen Schatten.

      Der erste Satz in v. 5 ist von LipsiusLipsius, Justus inspiriert, der Plautus eine geradezu einzigartige Atticorum venus zugestand.39 Der zweite Teil von v. 5–6 ist wörtlich nach HorazHoraz gestaltet: Omne tulit punctum, qui miscuit utile dulci („Jede Stimme erhält, wer das Angenehme mit dem Nützlichen verbindet“, Ars poeticaHorazars 343). Da die Komödien des Plautus damals wegen ihrer laxen Moral umstritten waren, wird TaubmannTaubmann, Friedrich das utile wohl nicht im Inhalt, sondern (wie auch im Falle des dulce) im Bereich des Sprachlichen sehen: Plautus nützt durch die großen Qualitäten seiner Sprache und empfiehlt sich dadurch als stilistisches Modell.

      Das vierte Distichon vereinigt mehrere auctoritates: LipsiusLipsius, Justus hatte in einem Brief vom Oktober 1587 Plautus als zehnte Muse bezeichnet.40 TaubmannTaubmann, Friedrich führt diese Aussage des LipsiusLipsius, Justus häufiger an, so etwa auch in der Epistola dedicatoria der Dissertatio (1602, 8). Wenn Plautus hier als flos Atticus bezeichnet wird, so kombiniert TaubmannTaubmann, Friedrich wohl in dieser Formulierung zwei HieronymusHieronymus-Stellen miteinander:41 mira eloquentia et Attico flore variata und haec est Plautina eloquentia, hic lepos Atticus et Musarum, ut dicunt, eloquio comparandus!42 Mit dem „Attischen“ ist hier in übertragenem Sinn eine reine Sprache gemeint. Es scheint weniger um das Gegensatzpaar ‚Attizismus vs. Asianismus‘ zu gehen als vielmehr ganz generell um puritas