Vom gleichen Autor sind erhältlich:
Buch 014 Wespennest
Buch 018 Böser Clown
E-book 057 Zucker im Tank
Erste Auflage 01.04.2020
© Saphir im Stahl
Verlag Erik Schreiber
An der Laut 14
64404 Bickenbach
Titelbild: Jessica Mohring
Lektorat: Anke Brandt
eISBN: 978-3-96286-022-6
Andreas Zwengel
Zucker im Tank
Inhalt
SAMSTAG
Kapitel Eins
Der Vormittag, an dem Hellmuth Ziegler zuerst seine Jungs, dann seinen Stolz und schließlich fast den Verstand verlor, begann mit einem Feueralarm. Er war im Grunde genommen nichts Ungewöhnliches nach dem heißen und trockenen Sommer, den die ganze Gegend durchlebt hatte. Ein winziger Funke hätte ausgereicht, um die ausgedörrten Felder und Wiesen der Umgebung in ein Flammenmeer zu verwandeln. Die Bauern patrouillierten unruhig um ihre Felder, warteten darauf, die Ernte einholen zu können, und verprügelten Jugendliche, die sie beim Grillen erwischten. Forstaufseher waren ständig im Einsatz und ermahnten Wanderer, die achtlos ihre Kippen wegwarfen. Die ganze Gegend war in Alarmbereitschaft gewesen, und die Gemüter der Menschen ebenso erhitzt wie das Getreide, das sich langsam zur Erde neigte.
Ziegler hatte die ganze Zeit über einen kühlen Kopf bewahrt und sich nicht von der allgemeinen Hysterie anstecken lassen. Er blieb wachsam, aber besonnen. Der Juli wechselte zum August und erst, als sich auch dieser dem Ende näherte, erlaubte er es sich, etwas zu entspannen.
Der Feueralarm an diesem Tag ließ alle Bewohner des Ortes zusammenzucken. Alle, außer Ziegler. Die Jahre bei der Betriebsfeuerwehr eines Chemiekonzerns und zwei gescheiterte Ehen hatten sein Blut gekühlt. Noch bevor die Sirene verhallt war, öffnete er das Garagentor der Feuerwache und traf erste Vorbereitungen. Kurz darauf rollten die Autos und Fahrräder auf den Hof. Unter seinen Anfeuerungsrufen stürzten die jungen Männer zum Einsatzwagen und legten ihre Ausrüstungen an. Ziegler konnte sich ein gewisses Hochgefühl nicht verkneifen, denn das waren seine Jungs. Er hatte sie zu dem gemacht, was sie heute waren: die Freiwillige Feuerwehr Ginsberg. Er kannte jeden einzelnen seiner Schützlinge von Geburt an und hatte ihnen alles beigebracht: von der Lösch-Theorie über Sicherheits-, Rettungs- und Schadensbegrenzungsmaßnahmen bis hin zu Erster Hilfe und Funkverkehr. Alles, was sie wissen mussten, um erstklassige Arbeit zu erledigen. Sie hantierten mit den Spritzen, Schläuchen und Ventilen, als hätten sie ihr ganzes Leben lang nichts anderes getan. Innerhalb kürzester Zeit war der Einsatzwagen abfahrbereit und Ziegler gab das Kommando zum Ausrücken.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite waren einige Leute stehen geblieben und sahen interessiert zu. Der Löschwagen rollte mit Blaulicht aus der Garage. Ziegler wartete, bis er sich auf seiner Höhe befand, dann sprang er auf das Trittbrett und schwang sich lässig auf den Beifahrersitz. Trotz seiner zweiundfünfzig Jahre befand er sich in bester körperlicher Verfassung und achtete peinlichst genau darauf, immer noch mit seinen Schützlingen mithalten zu können. So lange, bis der Beste unter ihnen bereit war, seinen Posten zu übernehmen.
Der Wagen bog auf die Hauptstraße und ließ seine Sirene heulen. Ältere Menschen nickten ihnen vertrauensvoll zu, die Kinder sahen mit großen Augen