Regina Mars

Plötzlich Prinzgemahl


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zu heiraten. Er gab seinem Berater den Auftrag, sich darum zu kümmern, und Tudan … Der ließ die alte entweder vergiften und behauptete, sie sei an einer mysteriösen Krankheit gestorben. Oder er ließ sie wegen Hochverrats hinrichten.

      So war es Solans Mutter ergangen. Für einen Moment spürte er die Kälte des Windes auf der Haut, oben auf der Klippe. Es war eine Kälte, die man nie wieder ganz loswurde, wenn man einmal dort gestanden hatte. Er hörte den Schrei, wie den eines kleinen Vogels, als …

      Er schüttelte den Kopf.

      Vergessen, dachte er. Oder wenigstens verdrängen. Er konnte sich keine Schwäche leisten. Nach außen musste er der arrogante, nichtsnutzige Prinz sein, der absolut keine Gefahr darstellte.

      »Ich werde niemanden heiraten«, sagte er mit fester Stimme.

      Raga schüttelte den Kopf.

      »Das musst du.«

      »Ach ja. Wen denn?«

      »Ich habe schon ein paar Kandidatinnen im Auge.« Sie zog an ihrer grässlichen Pfeife und runzelte die Stirn, als sie merkte, dass die Glut darin erloschen war. »Du brauchst jemanden, den du lenken kannst. Jemanden, der mit den ganzen Intrigen am Hof nichts zu tun hat. Eine aus dem Landadel vielleicht. Ein unschuldiges Mädel, das auf dich hört.«

      »Auf gar keinen Fall heirate ich so eine Landpomeranze! Da könnte ich mich ja gleich mit einer Hühnerfarmerin vermählen!«

      »Eine gute Idee.« Raga funkelte ihn wütend an. »Die würde dir vielleicht deine Flausen austreiben.«

      »Was für Flausen? Ich bin der Kronprinz, verdammt!« Solan packte seinen federbesetzten Brokatumhang, riss ihn an sich und schritt zur Tür. »Wenn ich heirate, dann eine Frau, die angemessen schön, reich und adlig ist! Und jetzt entschuldige mich, ich habe einen Ball zu besuchen.«

      Mit diesen Worten trat er aus der Tür und ließ Raga hinter sich zurück.

      Er schäumte immer noch vor Wut, als er den Ahnengang entlanglief. Die rissigen Ölporträts seiner Vorfahren sahen auf ihn herab. Und die seiner toten Geschwister.

      3. Perfekt geplant ist halb versagt

      Der Pfeil traf das Pferd genau an der Schläfe.

      Es zuckte zusammen, sein Flügelschlag wurde eckiger … und sein Kopf sank. Der Pegasus erschlaffte im Geschirr. Selbst von hier aus sahen sie, dass die anderen drei Tiere Schwierigkeiten hatten, die Kutsche in der Luft zu halten. Langsam ging sie zu Boden. Durch die eiskalte Luft hörten sie den Kutscher fluchen.

      Nat stieß einen Jubelschrei aus. In Windeseile kletterte er vom Baum, Gwenna dicht hinter sich. Sie landeten neben der Zofe, die als Einzige stehengeblieben war. Robarth und Berh waren bereits losgelaufen, dahin, wo die Kutsche landen würde. Gerade brachen sie durch das Gebüsch, das den kleinen Teich umrandete.

      Nat beeilte sich, ihnen zu folgen. Klar, sie hatten sich für diesen Überfall zusammengeschlossen. Aber er traute Robarth durchaus zu, sich die Kutsche zu schnappen und abzuhauen, wenn er und Gwenna nicht schnell genug waren.

      »Ich fass es nicht, dass das geklappt hat«, keuchte Gwenna. »Dass auch nur einer von deinen bescheuerten Plänen funktioniert, ist ein Wunder …«

      »Hey«, Nat versuchte, ihr während des Rennens eine Kopfnuss zu geben. »Meine Pläne sind genial, ist das klar? In ein paar Minuten sind wir beide gekleidet wie feine Pinkel und auf dem Weg zum Palast …«

      Ein dumpfes Krachen. Irgendwo hinter dem Baumdickicht hatte die Kutsche aufgesetzt. Nat korrigierte seinen Kurs nach links, raste über eine klapprige Holzbrücke, rutschte fast im taufeuchten Gras aus, brach durch ein Gebüsch … und war da.

      Der Kutscher hatte es geschafft, sein Gespann bis auf eine Lichtung zu dirigieren. Eine beachtliche Leistung, da der vordere Pegasus schlaff im Gestänge hing. Die anderen drei Pferde waren schweißnass und zerrten nervös an ihren Leinen. Die beiden Damen, die auf wackeligen Beinen aus der Kutsche kletterten, wirkten noch viel nervöser …

      Nat bremste abrupt.

      Zwei Damen? Aber …

      »Pfoten in die Luft! Das ist ein Überfall«, schnarrte Robarth und zückte sein Schwert. Nat riss seins ebenfalls aus der Scheide, auch wenn sein Gehirn immer noch den fatalen Fehler in seinem Plan verarbeitete.

      Die Damen kreischten. Die drei Männer und Gwenna kamen auf sie zu, alle mit gezogenen Schwertern, die im Sternenlicht schimmerten. Der Kutscher griff an seine Hüfte, wo sein Schwert baumelte. Aber als Robarth auf ihn zusprang, riss er die Hände in die Höhe.

      »Schon gut«, krächzte das Männlein. »Ich ergebe mich.«

      »Gut.« Robarth hielt ihm seine Schwertspitze unter das Kinn. »Dann mal her mit deinem Zahnstocher.«

      »Meinem was?«

      »Deinem Schwert«, sagte Nat.

      Mit zitternden Händen öffnete der schmächtige Kutscher seinen Gurt und warf Robarth seine Waffe vor die Füße. Der hob sie in einer blitzschnellen Bewegung auf.

      »Meins«, sagte er grinsend.

      Der gierige Hund. Das Ding war mehr wert als ihre vier schartigen Klingen zusammen. Nat atmete tief ein. Egal. Wenn das funktionierte, würde er sich hundert solcher Schwerter leisten können.

      Robarth dirigierte den Kutscher zu den Damen hinüber, die sich wimmernd aneinander klammerten. Ihre Augen waren riesig. Schreckgeweitet. Für einen Moment hatte Nat ein schlechtes Gewissen.

      »Alles gut soweit.« Robarth grinste selbstgefällig. »Dann ziehen wir unser Plänchen mal durch, was?«

      »Äh.« Nat starrte ihn an. Er hörte Gwenna neben sich wütend stöhnen. »Da ist ein Problem.«

      »Was für ein Problem?«, fragte Robarth, im selben Moment, in dem Gwenna »Du Idiot, ich hab gewusst, dass das schiefläuft« sagte.

      »Es sind zwei Frauen.« Nat deutete auf die puderperückigen Damen. Beide jung, beide vermutlich hübsch, aber bis zur Unkenntlichkeit geschminkt. »Es sollte noch ein Mann dabei sein.«

      »Ja, und?« Robarths Stirnwulst verschob sich fragend. War er wirklich so blöd?

      »Wir brauchen ihre Klamotten«, flüsterte Gwenna ihm zu. »Um in den Palast einzudringen. Soll Nat sich etwa das Kleid von der da anziehen?« Sie deutete auf die größere der beiden Damen.

      »Ach, scheiße.« Robarth knurrte leise. Er drängte sich an den Frauen vorbei und spähte ins Innere der Kutsche. »Leer. Scheiße.«

      »Ja.« Gwenna fuhr sich durch die Haare. Sie schloss die Augen. Als sie Nat und Robarth wieder ansah, wirkte sie wie eine Todeskandidatin, die sich mit ihrem Schicksal abgefunden hatte. »Gut, dann … muss ich das alleine durchziehen.«

      »Was?« Nat schüttelte vehement den Kopf. »Auf gar keinen Fall! Das ist viel zu gefährlich.«

      »Was sollen wir denn sonst machen? Wir sind fest davon ausgegangen, dass wir ein Männer- und ein Frauenkostüm haben würden.«

      »Ja, aber …« Nat fuhr herum und wandte sich an das Dreiergrüppchen, das neben der Kutsche kauerte und sie ängstlich anstarrte. »He! Ihr! Warum habt ihr keinen Mann dabei? Ihr solltet doch euren Bruder Goran mitbringen, oder nicht?«

      »E-er ist krank geworden. Heuhusten.« Die Größere der beiden schob sich bebend vor ihre Schwester. Von ihrem Informanten wusste Nat, dass sie Doraliy von Dübelknecht war. Die Kleinere war demnach Coraliy. Die lugte hinter den Puffärmeln ihrer Schwester hervor und schob die hauchdünnen Augenbrauen zusammen.

      »Wir wollen auf den Frühlingsball«, zischte sie. »Ich war erst zweimal in der Hauptstadt und erst einmal im Blauen Schloss. Und ich muss den Prinzen heute treffen! Er wird sich in mich verlieben, auf den ersten Blick, und …«

      »Fresse!«, brüllte Robarth und sie verschwand hinter dem breiten Rücken ihrer Schwester.

      »Was